Feststellungen:
(a) Bei
Tieren ist im Rahmen der Abgrenzung „neu“/“neu hergestellt“
und „gebraucht“ im Sinne der §§ 474 Abs. 2 Satz 2, 309 Nr. 8 lit. b) ff)
BGB nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte
Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen (so bereits BGH vom 15.11.2006
– VIII ZR 3/06). Für die Frage, ab wann ein noch nicht genutztes Pferd nicht
mehr als „neu“ zu bewerten ist, lassen sich keine allgemein gültigen
zeitlichen Grenzen aufstellen. Jedenfalls – so der BGH – ist ein zum Zeitpunkt
des Verkaufs weder gerittener noch angerittener und auch im Übrigen keiner
sonstigen Verwendung (z.B. Nutzung zur Zucht) zugeführter knapp zweieinhalb
Jahre alter Hengst, der seit längerer Zeit von der Mutterstute getrennt ist,
infolgedessen über eine nicht unerhebliche Zeit eine eigenständige Entwicklung
vollzogen hat und seit längerem geschlechtsreif ist, als „gebraucht“
im Sinne von § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB beziehungsweise als nicht „neu
hergestellt“ im Sinne von § 309 Nr. 8 lit. b) ff) BGB anzusehen. (b) Eine
Klausel in den Bedingungen einer Auktion eines als Kommissionär für den
Eigentümer tätig werdenden Verkäufers eines „gebrauchten“ Pferdes, mit
der die gesetzliche Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers wegen eines
Sachmangels des im Rahmen einer Versteigerung nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB
verkauften Pferdes auf drei Monate nach Gefahrübergang abgekürzt wird, hierbei
indes die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 lit. a) und b) BGB beachtet, hält der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB stand.
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Feststellungen: Erhält der Käufer eines Pferdes nur eine Kopie der Eigentumsurkunde, die nur Angaben zum Züchter und zum Pferd enthält, nicht der zu Eigentümern oder Besitzern, handelt er nicht grob fahrlässig i. S. des § 932 Abs. 2 BGB (gutgläubiger Erwerb), sofern ihm nicht weitere Umstände Anlass zu Misstrauen geben müssen.
Aus
den Gründen
(Leseziffer 37 ff.): Die Beklagte hat das Eigentum am Pferd durch Einigung und
Übergabe gemäß § 929 S. 1 BGB erlangt. Ob derjenige, der das Pferd an sie
veräußert hat, zuvor Eigentum erlangt hatte, kann offen bleiben. Selbst wenn
Herr E oder Herr C2 infolge Kenntnis der Umstände nicht selbst das Eigentum am
Pferd erlangt hatten, konnte der Verkäufer der Beklagten dennoch Eigentum
verschaffen. Denn die Beklagte hätte in dem Falle gutgläubig von einem
Nichtberechtigten erworben. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den zwischen
dem Kläger und den Herren T und N vereinbarten Eigentumsvorbehalt kannte, sind
weder vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich. Der Pferdehändler E hat im
Strafverfahren als Zeuge nur bekundet, das Pferd sei nach C verkauft worden.
Die Beklagte wohnte ausweislich der Anmeldebescheinigung ab 1995 bis 2011 in C.
Insofern wäre ein Eigentumserwerb nur dann nicht erfolgt, wenn die Beklagte zum
Zeitpunkt des Kaufs bezüglich der Eigentümerstellung des Verkäufers oder dessen
Berechtigung zum Verkauf grob fahrlässig gehandelt hätte.
Einziger
Anknüpfungspunkt für grob fahrlässiges Handeln ist der Umstand, dass die
Beklagte zwar das Pferd und den Pferdepass erhielt, nicht aber die
Eigentumsurkunde im Original, sondern nur eine Kopie. Diesem Umstand käme aber
die den guten Glauben ausschließende Wirkung nur zu, wenn die Eigentumsurkunde,
ausgestellt vom Zuchtverband des Per Pferdes e.V., das Eigentum des Klägers
verbriefen würde. Dem ist aber nicht so. Denn die Eigentumsurkunde des
Verbandes (vgl. Anlage K 2, Bl. … d.A.) enthält nur Angaben zum Pferd, nicht
aber zum Eigentümer. Die Urkunde sieht vor, dass der Züchter eingetragen wird.
Wer vom Züchter erworben hat bzw. später vom Erwerber wird in der Urkunde nicht
eingetragen. Damit kommt der Eigentumsurkunde keine weitere Bedeutung zu als
dem Pferdepass, es wird Auskunft über das Tier gegeben, nicht aber über die
Eigentums- und Besitzverhältnisse. Insofern ist auch eine Analogie zu der
Handhabung des gutgläubigen Erwerbs beim Kraftfahrzeug nicht möglich. Hier
besteht weitgehend Einigkeit, dass dem Besitz der Zulassungsbescheinigung II
(früher Kfz-Brief) Indizwirkung zukommt. Zwar gibt auch die
Zulassungsbescheinigung nur Auskunft darüber, wer Halter ist. Halter- und
Eigentümereigenschaft können aber auseinander fallen. Dennoch wird dem Besitz
der Zulassungsbescheinigung indizielle Wirkung zugeschrieben, weil für An- und
Abmeldung eines Kraftfahrzeuges die Vorlage der Zulassungsbescheinigung II
Voraussetzung ist. Insofern lässt der Besitz an ihr mit dem Halternachweis den
Rückschluss zu, dass eine Verfügungsberechtigung über das Kraftfahrzeug besteht
(vgl. Münchener Kommentar/Oechsler, BGB-Kommentar, 6. Aufl. 2013, § 932 Rn:
53,).
Eine
derartige Wirkung kommt der „Eigentumsurkunde“ beim Pferdeerwerb
nicht zu. Es fehlt hier die Zuordnung der Sache zu einer Person.
Dem
Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Urkunde den Vermerk enthält „Die
Eigentumsurkunde steht demjenigen zu, der Eigentümer des Pferdes i.S. des BGB
ist. Sie ist daher bei Veräußerung des Pferdes zusammen mit dem ebenfalls zum
Pferd gehörigen Pferdepass dem neuen Eigentümer zu übergeben und bei Tod des
Tieres an den ausstellenden Verband zurückzugeben…“. Hieraus kann weder
geschlossen werden, dass ein Eigentumserwerb nur möglich ist, wenn die
Eigentumsurkunde mit übergeben wird, noch dass es grob fahrlässig ist, wenn
beim Verkauf nicht auf der Aushändigung des Erwerbs bestanden wird. Es handelt
sich letztlich hierbei nur um eine Vorgabe, die der Zuchtverband aufgestellt
hat.
Selbst
wenn man es anders sehen wollte, so kann hier nicht von grober Fahrlässigkeit
ausgegangen werden. Auch wenn die Beklagte hier nur eine Kopie der
Eigentumsurkunde erhalten hat und dies auch – was sie bestreitet – erkannt hat,
so trug diese Kopie einen Aufkleber mit Barcode. Derselbe Aufkleber befand sich
auf dem Pferdepass. Weitere Aufkleber war beifügt. Insofern hatten die
Unterlagen einen autorisierten Charakter. Auf die Fragen, ob die Beklagte
aufgrund ihres Alters (geb. 1990), ihre Wohnortes (C) oder ihrer Erfahrung mit
Sportpferden überhaupt hätte argwöhnisch sein müssen, kommt es danach nicht an.
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Feststellungen: Erwirb der Käufer eine tragende Stute, hat er einen Verschaffungsanspruch nicht nur hinsichtlich der Stute, sondern auch hinsichtlich des Fohlens. Eine lediglich beschränkte Übereignung nur der Stute würde insoweit keine vollständige Erfüllung des Kaufvertrages bedeuten. Verweigert der Verkäufer die Übergabe des Fohlens und damit die Erfüllung (ausdrücklich oder konkludent) endgültig, bedarf es keiner weiteren Formalien, insbesondere keiner weiteren Fristsetzung vor der Erklärung des Rücktritts (§ 281 Abs. 2 BGB).
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Feststellungen: (a) Beim Stückkauf ist eine Nachlieferung möglich, wenn die Kaufsache durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann. Dies ist der Fall, wenn nach dem Willen der Parteien bei Vertragsschluss die Kaufsache austauschbar ist. Beim Kauf gebrauchter Sachen entspricht die Austauschbarkeit generell nicht dem Willen der Parteien, weil die Auswahlentscheidung des Käufers auf einem Gesamtausdruck beruht, der gewöhnlich erst bei einer persönlichen Besichtigung gewonnen wird. Beim Kauf eines nach Besichtigung ausgewählten Tiers kommt die vor Vertragsschluss begründete emotionale Beziehung zwischen Käufer und Tier als Besonderheit hinzu. (b) Die Pflicht des Käufers zum Wertersatz nach Rücktritt vom Kaufvertrag entfällt nach § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. BGB, wenn der Verkäufer den Untergang der Kaufsache zu vertreten hat. Gleiches gilt nach der Risikoverteilung im Sinne des § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn der Verkäufer mit der Rücknahme der Kaufsache in Annahmeverzug ist.
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Feststellungen (Leseziffern 28-35): Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2006 den bloßen Zeitablauf als unerheblich angesehen, solange das Tier noch jung ist. Nach Auffassung des Senates ist der zum Zeitpunkt des Verkaufs zweieinhalb Jahre alte Hengst nicht mehr als jung und infolgedessen als „gebraucht“ im Sinne des Gesetzes anzusehen. Nach den Erfahrungen der Senatsmitglieder aus einer Reihe zivilrechtlicher und strafrechtlicher Verfahren, die unter anderem die Rückabwicklung von Pferdekäufen, die körperliche Entwicklung von Pferden und das Schmerzempfinden von Pferden im Rahmen der Turniersportausbildung zum Gegenstand hatten und jeweils sachverständig begleitet wurden, ist festzustellen, dass ein Hengst in diesem Alter schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt ist, infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen hat und bereits seit längerem geschlechtsreif ist. Die Geschlechtsreife, die bei einem Hengst spätestens mit Vollendung des zweiten Lebensjahres eintritt, erhöht nach Auffassung des Senates bereits allein durch die im Tier zu diesem Zeitpunkt eingetretenen biologischen Veränderungen das Mängelrisiko beträchtlich. Wenngleich beispielsweise ein ungewollter Deckakt durch die Stallhaltung des Hengstes und Separierung von Stuten vermieden werden kann, verändert sich das Verhalten eines Hengstes allein durch den Eintritt der Geschlechtsreife gegenüber einem nicht geschlechtsreifen Tier erheblich. Hierzu sei angemerkt, dass der streitgegenständliche Hengst nach den bindenden Feststellungen im angefochtenen Urteil im Januar 2015 kastriert wurde. Zu berücksichtigen ist bei einem Zeitablauf von zweieinhalb Jahren ab Geburt schließlich auch, dass die Möglichkeit von nachteiligen Veränderungen des Tieres durch eine beispielsweise unzureichende Stallhaltung/Weidehaltung, Fütterung und tierärztliche Versorgung gegenüber einem deutlich jüngeren Tier bereits nicht unerheblich gestiegen ist. […] Eine Abgrenzung, die auf den erstmaligen Einsatz des Pferdes als Reitpferd abstellt, ist dagegen ungeeignet, weil hierdurch der Erwerber des Tieres das Risiko nachteiliger Veränderungen einseitig auf den Verkäufer abwälzen könnte, indem das Tier erst in sehr vorgerücktem Alter einer Zweckbestimmung zugeführt wird, nämlich die Entscheidung getroffen wird, ob das Tier als Sportpferd (Dressur, Military oder Springreiten) oder als reines Freizeitpferd eingesetzt werden soll. Letztlich bliebe auch offen, wie zu urteilen ist, wenn sich der Erwerber entschließen sollte, das Pferd überhaupt nicht als Reitpferd einzusetzen. Letztlich kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob das Pferd zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits die anatomischen und physischen Voraussetzungen für den Einsatz als Reitpferd besaß. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Tier insgesamt über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko zum Verkaufszeitpunkt derart gestiegen war, dass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann.
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