Schlagwort-Archive: Beschaffenheit

Zur Haftung des Verkäufers für unzutreffende öffentliche Äußerungen i.S.d. § 434 I 3 BGB

BGH, Urt. v. 16.07.2021 – V ZR 119/20, BeckRS 2021, 27059

Praxisrelevanz: Auch wenn das Urteil des BGH zu einer Grundstückssache ergangen ist, hat es doch übertragbare Relevanz für den Pferdekauf. Denn, nicht selten werden Pferde auf Basis einer „werblichen Beschreibung“ (z.B. bei ehorses oder anderen Plattformen) erworben, die dann nachträglich zum Streit führt (z.B. betreffend die Angabe „anfängergeeignet“ o.ä.). Und ebenfalls nicht selten wird – besser würde man jetzt „wurde“ sagen – in solchen Fällen von Anwaltsseite vorgebracht, nicht „die Anzeige“, sondern allein die Besichtigung und das Probereiten sei relevant gewesen für die Kaufentscheidung.

Zu den Feststellungen des BGH im Einzelnen:

  • Nach § 434 Abs. 1 Satz 3 gehören zur Sollbeschaffenheit auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten darf, wozu auch Angaben in einem Exposé zählen (Bestätigung BGH BeckRS 2019, 29651).
  • Der Ausnahmefall des § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB, wonach der Verkäufer für seine unzutreffende öffentliche Äußerung über Eigenschaften der Kaufsache nicht haftet, wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, ist nur gegeben, wenn ein Einfluss der öffentlichen Äußerung auf die Kaufentscheidung nachweislich ausgeschlossen ist
  • Mit „Kaufentscheidung“ ist der Abschluss des Kaufvertrags gemeint. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine öffentliche Äußerung des Verkäufers über die Eigenschaft eines Grundstücks die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, ist entsprechend nicht der Zeitpunkt, zu dem sich der Käufer entschlossen hat, das Grundstück zu erwerben, sondern vielmehr der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags.
MPS Pferderecht - Zur Frage, wann Pferde "neu" oder "gebraucht" sind

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Aufklärungspflicht und Beratungspflicht des Verkäufers

BGH vom 16.06.2004, Az.: VIII ZR 303/03

Zum Umfang der Aufklärungspflicht und Beratungspflicht im Rahmen eines Kaufvertragsschlusses

Feststellungen: (a) Die Aufklärungspflicht und Beratungspflicht des Verkäufers beschränkt sich auch im Fachhandel auf diejenigen für den ihm bekannten Verwendungszweck bedeutsamen Eigenschaften des Kaufgegenstands, die er kennt oder kennen muss. (b) Eine Pflicht zur Erkundung beim Hersteller über die Eigenschaften des Kaufgegenstands trifft den Verkäufer nur dann, wenn er aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Eignung der Ware für die vom Käufer beabsichtigte Verwendung hat oder haben muss.

MPS Pferderecht - Aufklärungspflicht und Beratungspflicht im Rahmen eines Kaufvertragsschlusses

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Wann ist ein tierärztlicher Befund auch ein Mangel i.S.d. § 437 BGB?

BGH vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06

Zur Frage, wann ein tierärztlicher Befund (z.B. Kissing-Spines) auch als Mangel i.S.d. § 437 BGB anzusehen ist

Feststellungen: Nicht jeder tierärztlicher Befund (wie auch Kissing-Spines) ist nach Ansicht der Gerichte als Mangel einzustufen, sondern es muss eine tatsächliche Beeinträchtigung der Nutzbarkeit des Pferdes vorliegen. So entschied der BGH mit Urteil vom 07.02.2007 bei Vorliegen von Kissing-Spines, dass ein Pferd nicht als mangelhaft einzustufen ist, wenn bei einem röntgenologischen Befund aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Pferd zukünftig auch physische Symptome entwickelt, also Lahmheiten oder andere Beschwerden zeigt, die die Nutzbarkeit als Reitpferd einschränken, wenn das Pferd auch als Reitpferd (anders etwa, wenn es zur Zucht hätte verwendet werden sollen) verkauft wurde. Abweichungen eines verkauften Pferdes von der „physiologischen Norm“, die sich im Rahmen der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Pferde halten, sind nicht deswegen als Mangel einzustufen, weil „der Markt“ auf derartige Abweichungen mit Preisabschlägen reagiert. Preisabschläge beim Weiterverkauf, die darauf zurückzuführen sind, dass „der Markt“ bei der Preisfindung von einer besseren als der tatsächlich üblichen Beschaffenheit von Sachen gleicher Art ausgeht, begründen keinen Mangel.

MPS Pferderecht - Tierärztlicher Befund (z.B. Kissing-Spines) als Mangel

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Beweislastumkehr nach § 476 BGB bei Sommerekzem

BGH vom 05.02.2008, Az.: VII ZR 94/07

Zur Anwendbarkeit der Beweislastumkehr nach § 476 BGB bei Sommerekzem

Feststellungen: (a) Ob die vertragswidrige Beschaffenheit eines Pferdes mit einer hochgradigen Sensibilisierung (Sommerekzem) einen Sachmangel im Sinne des § 434 I1 und 2 BGB darstellt, hängt allein davon ab, ob diese bereits bei Gefahrübergang vorlag. Hierbei kommt die Vermutung des § 476 BGB zur Anwendung. (b) Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf eine solche hochgradige Sensibilisierung des Pferdes und kann der Käufer dieses beweisen, so genügt dieses hiernach für die Beweislastumkehr des § 476 BGB, ohne dass die eigentliche Allergie in diesem Zeitraum ausgebrochen sein muss. Hierdurch soll dem Käufer der Weg in die Geltendmachung der Mängelrechte erleichtert werden.

MPS Pferderecht - Beweislastumkehr bei Sommerekzem - § 476 BGB - Sommerekzem als Mangel
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