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Verkehrssicherungspflicht & Kaltstart in der Reithalle

OLG HAMM vom 25. 11.2015, Az: 12 U 62/14

Verkehrssicherungspflicht und Kaltstart in der Reithalle

Feststellungen: (a) Eine zur freien Bewegung von Pferden genutzte Reithalle mit einer Bande von 68 cm Höhe und einer Stangenumschließung von ca. 1,25 m Höhe bedeutet keine Verletzungsgefahr für Reiter oder Pferde und genügt damit der Verkehrssicherungspflicht. (b) Wird ein Pferd zum Freilaufen in einer Reithalle losgelassen, verbietet sich ein Kaltstart. Das Pferd muss zunächst ein paar Minuten geführt werden; es darf nicht sofort in hoher Gangart losgeschickt, nicht herumgejagt und nicht aus schneller Bewegung heraus plötzlich zu einem Handwechsel aufgefordert werden.

MPS Pferderecht - Verkehrssicherungspflicht und Kaltstart in der Reithalle

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Reittour vs. Verkehrssicherungspflicht

BGH vom 14.12.1999, Az.: X ZR 122/97

Reittour vs. Verkehrssicherungspflicht – Was haben Reiseveranstalter zu beachten?

Feststellungen: Ein Reiseveranstalter, der Reitmöglichkeiten anbietet, die betreffenden Dienstleistungen (z.B. Reittour) jedoch nicht selbst, sondern durch einen Dritten (z.B. ein Hotel) erbringt, muss sich darüber informieren, ob die eingesetzten Pferde die dafür erforderliche Eignung aufweisen. Er hat sich hierbei in angemessen Abständen bei dem jeweiligen Anbieter der Reitmöglichkeit über die Zuverlässigkeit der Pferde zu erkundigen und darf sich nicht darauf verlassen, dass ihm der Anbieter Vorfälle mitteilt, welche die Eignung der Pferde in Frage stellen.

MPS Pferderecht - Reittour - Verkehrssicherungspflicht

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Verkehrssicherungspflicht – Voraussetzungen und Umfang

BGH vom 06.02.2007, Az.: VI ZR 274/05

Zu Voraussetzungen und Umfang einer Verkehrssicherungspflicht – was bestimmt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 II BGB)

Feststellungen: (a) Derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (sog. Verkehrssicherungspflicht). (b) Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Sie kann sich auch auf Gefahren erstrecken, die erst durch den unerlaubten und schuldhaften Eingriff eines Dritten entstehen. (c) Zu berücksichtigen ist, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr daher erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. (d) Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 II BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind.

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Haftung im Aktivstall/Offenstall – Artgerechte Pferdehaltung vs. erhöhtes Haftungsrisiko

Haftung im Offenstall/Aktivstall

Artgerechte Pferdehaltung vs. erhöhtes Haftungsrisiko

Haltung von Pferden im Aktivstall/Offenstall – die Gruppenhaltung von Pferden gilt bekanntlich als besonders artgerecht. Wer aber zahlt, wenn über unvermeidbare kleinere Blessuren hinaus Tritte und Bisse zu Verletzungen führen, die eine zeit- und kostenintensive tierärztliche Behandlung notwendig machen?

Dass im Ernstfall niemand schuld und schon gar nicht Rechnungsempfänger sein möchte, dürfte bekannt sein. Es war daher letztlich nur eine Frage der Zeit, wann die Entscheidung des OLG Köln vom 10.12.13 (Az. 18 U 98/13) erstmals in anwaltlichen Schriftsätzen als Argumentationsgrundlage dafür herangezogen wird, dass Pferdebesitzer sich im Rahmen einer Offen-/Aktivstallhaltung nach dem Grundsatz „wir handeln bei dieser Einstallung auf eigene Gefahr“ per se nicht auf die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB berufen können.

Bleibt man bei Trittverletzungen in einer art- und verhaltensgerechte(re)n Gruppenhaltung im Offen- oder Aktivstall also künftig vollständig auf seinen Kosten sitzen?

Um die Antwort zur Beruhigung der Gemüter vorwegzunehmen: Nein! Wie die nachfolgenden Ausführungen nämlich aufzeigen, darf das vermeintliche „Schreckgespenst Az. 18 U 98/13“ meines Erachtens unter Einzelfallrechtsprechung verbucht werden. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass die Gerichte die zum Beschluss des OLG Köln führenden hippologischen und haltungsspezifischen Besonderheiten des Sachverhalts künftig auch ohne ausführliche und damit aufwändige schriftsätzliche Ausführungen richtig zu werten wissen.

Unabhängig davon sollte die Entscheidung jedenfalls einmal mehr all jenen als „Warnung“ dienen, die sich als Tierhalter noch immer nicht ausreichend mit dem Thema „Tierhalterhaftpflichtversicherung & Co.“ beschäftigt haben. Ob im Offenstall oder allgemein.

Was war eigentlich in dem der Kölner Entscheidung zugrundeliegenden Fall passiert?

Die Besitzerin eines 1990 geborenen Wallachs hatte diesen seit etwa 1,5 Jahren in einer offenen Stallanlage mit insgesamt vier Ständern, Liegebereich und einem ca. 250 qm großen Paddock zusammen mit drei weiteren Pferden untergebracht. Nach einem Huftritt einer der drei Artgenossen erlitt der Wallach Verletzungen am linken Vorderbein (u.a. eine Fissur im Bereich der Elle), welche kostenintensive Behandlungen zur Folge hatten.

Entgegen den uns Pferdebesitzern mitunter leidlich bekannten Grundsätzen der Tierhalterhaftung i.S.d. § 833 Satz 1 BGB, wonach derjenige, der ein Tier hält, grds. verschuldensunabhängig – ähnlich also wie bei der Betriebsgefahr beim Kraftfahrzeug – für ein von diesem verursachten Schaden einzustehen hat (sog. Gefährdungshaftung), sollte die Besitzerin des verletzten Wallachs nach Ansicht des OLG Köln jedoch „auf Ihren Kosten sitzen bleiben“.

Da sie – so die Begründung des 18. Zivilsenats – ihr Pferd im Offenstall in eine Gruppenhaltung begeben habe, sei dies als haftungsausschließendes Handeln auf eigene Gefahr anzusehen. Sämtlichen Pferdehaltern habe nämlich im konkreten Fall klar sein müssen, dass es unter Berücksichtigung der Größe der Stallanlage sowie der Anzahl der eingestellten Pferde dauerhaft zu Interaktionen und in gewissem Umfang auch zu Auseinandersetzungen kommen würde. Alle Pferdehalter hätten daher, als sie ihre Tiere in die Herde gegeben hätten, das Risiko von Verletzungen in Kauf genommen, die typischerweise Ausfluss gewöhnlicher Auseinandersetzungen um die Rangordnung in einer kleinen Herde auf begrenztem Raum sind. Wer als Pferdehalter sein Tier in eine Gruppenhaltung im Offenstall gebe, der wisse letztlich um das gewöhnliche, in gewissem Umfang mit dieser Haltungsform untrennbar verbundene Risiko körperlicher Auseinandersetzungen der Tiere (Drohgebärden, Bisse und eben Tritte) und damit die spezifische Verletzungsgefahr. Gebe dieser mit Rücksicht auf Fragen artgerechter Haltung dennoch sein Pferd in eine Gruppe, so käme damit zum Ausdruck, dass man das entsprechende Risiko im wohlverstandenen Interesse des Pferdes zurückstelle.

„Übersetzt“ bedeutet dies, dass es schlicht widersprüchlich wäre, wenn sich ein Geschädigter gerade die Kosten wiederholen könnte, die aus dem Schaden resultieren, für den er zuvor bewusst selbst das Risiko übernommen hat. Unabhängig von der Frage, welches Tier wie beteiligt war, soll daher nur er alleine im Rahmen dieses Risikos verantwortlich sein.

Wie ist die Entscheidung des OLG Köln nun rechtlich einzuordnen?

Aus Sicht des pferderechtsversierten Anwalts wirft der vom Gericht nach den Grundsätzen des Handelns auf eigene Gefahr angenommene Haftungsausschluss mehrere Fragen auf, nämlich zum einen, wie dieser mit dem vom OLG Koblenz in seinem Urteil vom 10.05.12 (Az. 2 U 573/09) zum Thema Weideunfall herausgearbeiteten Schutzzweck des § 833 Satz 1 BGB sowie der zu Fuchsjagten, Stafettenzeitspringen (vgl. BGH VI ZR 255/53 vom 24.11.54 oder VI ZR 69/91 vom 19.11.91) und Segelregatten bekannten Vergleichsrechtsprechung (hierbei OLG Karlsruhe vom 19.03.04 (Az. 23 U 6/03) und OLG Nürnberg vom 28.06.04 (Az. 8 U 202/03)) in Einklang zu bringen ist und zum anderen, wo denn für den Fall der Anwendbarkeit der vorbezeichneten Grundsätze in Bezug auf die Größe und Gestaltung eines Offen- bzw. Aktivstalls die maßgeblichen rechtlichen Grenzen zu ziehen sind.

Bis zu welcher Fläche bzw. Stallgröße bei wie vielen Pferden soll dann noch von einem „stillschweigenden Haftungsausschluss“ des jeweils einstallenden Tierhalters ausgegangen werden können? Genügt also im Umkehrschluss eine bestimmte Grundfläche, um nicht die zum Wohle des Pferdes bewusst gewählte art- und verhaltensgerechte Haltungsform der Gruppe im Ergebnis teuer mit einem Haftungsverzicht zu bezahlen? Oder genügt bereits die typische Gestaltung eines modernen Aktivstallkonzepts (Offenstall „à la HIT“) mit unterschiedlichen Bereichen (Rau-, Kraft und Mineralfutter, Ruhe- und Wälzbereich, ggf. Allwettergebäude) und zahlreichen Raumteilerelementen, um der angenommenen Haftungsfreistellung zu entgehen?

Die Grundsätze der Rechtsprechung des OLG Koblenz („Haftung nach Quote“)

In seiner Entscheidung vom 10.05.12 stellte das OLG Koblenz fest, dass der Schutzzweck des § 833 BGB gerade den Fall erfasse, dass sich ein Tier unerwartet anders verhält als normal und voraussehbar und hierdurch ein Schaden entstehe. Gerade dies sei – so die schlüssige Urteilsbegründung – der typische Fall des Gefährdungshaftungstatbestands, der folgerichtig auch das ureigene Herdenverhalten von Pferden umfassen müsse.

Das Gericht stellte weiter ausdrücklich fest, dass ein Berufen auf den Umstand einer fehlenden Aufklärbarkeit des genauen Hergangs eines schädigenden Ereignisses („ob“ und „wie“ der Mitwirkung einzelner Pferde an der Schädigung) nicht statthaft sein könne. Zugunsten des Geschädigten greife nämlich § 830 Absatz 1 Satz 2 BGB, dessen Schutzzweck einerseits die Gefährdungshaftung des Tierhalters nach § 833 Satz 1 BGB erfasse und dessen Zielsetzung eben gerade darin liege, Beweisschwierigkeiten zu überwinden und sicherzustellen, dass ein Ersatzanspruch nicht daran scheitert, dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, wer von mehreren beteiligten „Tätern“, deren Handlungen jede für sich geeignet war, den Schaden zu verursachen, der eigentliche Schädiger gewesen ist. Auch in den Fällen der Tierhalterhaftung sei es daher – so die Richter – gerechter, alle haften zu lassen, die sich an der gemeinsamen Gefährdung in einer ihre Haftung begründenden Weise beteiligt haben, als den Geschädigten leer ausgehen zu lassen. Nur im Ausnahmefall sollte daher der Schutzzweck der Norm als nicht eröffnet angesehen werden.

Fakt ist, Verletzungen, verursacht durch Artgenossen, die eine tierärztliche Behandlung nötig machen, kommen immer wieder mal vor. Wird der Vorfall dabei beobachtet und steht somit außer Frage, welches der Pferde den anderen Schaden zugefügt hat, kann der Halter des geschädigten Pferdes gegen den Halter des schädigenden Pferdes Schadensersatzansprüche aus der Tierhalterhaftung (§ 833 BGB), ggf. gemindert um eine Quote für die mitwirkende Tiergefahr des geschädigten Pferdes (§ 254 BGB), geltend machen.

Die „Kölner Entscheidung“ ist dennoch für den gegebenen Einzelfall nachvollziehbar

Auch wenn die Entscheidung des OLG Köln zunächst „große Augen verursacht“ und vermeintlich in Widerspruch zu den Grundsätzen des OLG Koblenz steht, so hat sie doch ihre Berechtigung und vor allem juristische Begründung. Die rechtliche Besonderheit des Falles lag nämlich in der individuellen Gestaltung des „Tatorts“.

Dass es bei in der Gruppe gehaltenen Pferden wesensbedingt immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt, ist gleichermaßen bekannt wie unvermeidlich. Rangkämpfe oder andere Zwistigkeiten treten dabei erfahrungsgemäß insbesondere dann vermehrt auf, wenn der für die Haltung zur Verfügung stehende Raum recht begrenzt ist und den Tieren nur wenig Ausweichmöglichkeiten bietet. Ob im Zuge konkreter Auseinandersetzungen oder allgemein in Zusammenhang mit dem gewöhnlichen Auslaufverhalten von Pferden, bei einem Paddock bzw. einer Gesamtfläche von ca. 250 qm ist das Verletzungsrisiko per se als erhöht anzusehen. Denn auf solch eng begrenztem Raum ist es den Tieren nur schwer möglich, bei rascher Bewegung nicht in den sog. Interaktionsbereich eines anderen Pferdes zu gelangen und in jeder Situation verletzungsträchtige Körperkontakte zu vermeiden.

Kann es nun richtig sein, dass sich jemand auf die allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung des OLG Koblenz berufen und die Halter der übrigen zur Gruppe im Offenstall gehörenden Pferde auch wegen einer Verletzung des eigenen Pferdes in Anspruch nehmen kann, die gerade auf unvermeidbaren Interaktionen und Auseinandersetzungen der Tiere oder auf einem als artgerecht grundsätzlich gewünschten Auslaufverhalten der Tiere beruht? Wohl kaum!

Dem OLG Köln ist zuzugeben, dass sich der geschädigte Tierhalter insbesondere dann mit der eigenen Entscheidung für eine Haltung des Pferdes in einer Gruppe von Tieren in Widerspruch setzt, wenn die Haltung in einer mit Rücksicht auf die Anzahl der zur Gruppe gehörenden Tiere räumlich eng begrenzten Anlage geschieht.

Wo ist die räumliche und damit rechtliche Grenze zwischen Haftung und Haftungsausschluss nach den Grundsätzen des Handelns auf eigene Gefahr zu ziehen?

Auch wenn die Entscheidung des OLG Köln wegen der räumlichen Besonderheiten nachvollziehbar ist, so sollte doch klar sein, dass eine Haftungsfreistellung nach den Grundsätzen des Handelns auf eigene Gefahr stets nur nach einer umfassenden Interessenabwägung und unter Berücksichtigung sämtlicher Einzelfallumstände (vgl. BGH vom 20.12.05 (Az. VI ZR 225/04) in eng gesteckten Grenzen greifen darf. Bestehen Zweifel, sollte es meines Erachtens daher sowohl juristisch dogmatisch mit Blick auf den Schutzzweck der Tierhalterhaftung als auch praktisch in Ansehung der Interessen der Einsteller begründet bei den allgemeinen Haftungsgrundsätzen und damit einer Anwendbarkeit des § 833 BGB verbleiben.

Bedauerlicherweise lassen sich der „Kölner Entscheidung“ für den Rechtsanwender keine allgemeinen Leitlinien zur Bestimmung der Grenze zwischen Haftung (im „normalen Stall“) und Haftungsausschluss (im „räumlich eng begrenzten Stall“) entnehmen. Ebenso wie im konkreten Fall bei einer Grundfläche von lediglich ca. 60 qm/Pferd und gänzlich fehlenden Ausweichmöglichkeiten wegen der obligatorischen permanenten Interaktionen die Annahme eines Ausnahmetatbestands nachvollziehbar und begründbar ist, sollten die Grund-sätze des Handelns auf eigene Gefahr jedenfalls dann nicht zur Anwendung gelangen können, wenn sich der „Unfall“ auf einer Anlage zuträgt, die der typischen Gestaltung eines modernen Aktivstallkonzepts mit separaten Bereichen (Rau-, Kraft- und Mineralfutter-, Ruhe- und Wälzbereich, ggf. Allwettergebäude) und Raumteilerelementen entspricht.

Fazit!

Az. 18 U 98/13 ist – insoweit zur Beruhigung eines jeden Anhängers des Konzepts Offenstall bzw. Aktivstall – kein Wandel der Rechtsprechung, sondern im Ergebnis lediglich eine stringente Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsregeln. Allerdings vermag auch diese Entscheidung die haftungsrechtlichen Sachverhalte nicht in „schwarz und weiß“ zu teilen, sodass es bei der bekanntermaßen breiten „Grauzone“ verbleibt, in der im Ergebnis stets nur eine individuelle tatrichterliche Einzelfallbetrachtung zielführend sein wird.

Lediglich in Fällen, in denen gerade ihr eigener Offenstall in Größe und Gestaltung dem der „Kölner Entscheidung“ entspricht oder zumindest ähnelt, sollten sie „hellhörig“ werden.

Im Übrigen gilt nach wie vor: Erst ausreichender Versicherungsschutz, dann Einstallung!!!

MPS Pferderecht - Haftung im Offenstall - Tierhalterhaftung - Mitverschulden

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Haftung bei Nageltritt in der Reitbahn

Haftung bei Nageltritt in der Reitbahn – Unglück vs. Unrecht

Schon schlimm genug, dass Sie plötzlich eine Lahmheit Ihres Pferdes feststellen müssen. Aber dann auch noch die Gewissheit über die Ursache: NAGELTRITT!!!

Selbstverständlich sollte hier zunächst die Gesundheit Ihres Vierbeiners und damit eine sofortige tierärztliche Behandlung im Vordergrund stehen. Nur allzu häufig treffen wir in der Praxis Fälle an, in denen ein Nageltritt, sei es, weil die Lahmheit vermeintlich nur leicht, oder weil die Einstichstelle aufgrund der Quellfähigkeit und Elastizität des weichen Horns von Strahl und Strahlfurchen nicht mehr sichtbar war, schlicht verschleppt wird. Ein Umstand, den es dringend zu vermeiden gilt.

Denn: auch ein noch so unscheinbarer Nageltritt sollte stets als Notfall behandelt werden!

Auch wenn der noch aus den „guten alten Zeiten der Arbeitspferde“ stammende Begriff „Nageltritt“ zumeist mit dem Eintreten eines (schlimmstenfalls rostigen) Nagels verbunden wird, kann es sich letztlich um jeden spitzen oder scharfen Gegenstand handeln, den sich ein Pferd in die Bodenfläche seines Hufs eintritt. Als Beispiele seien etwa Glas- oder Holzsplitter und starre Drähte genannt.

Fakt ist: in den Huf bzw. das Gewebe eindringende Fremdkörper können unterschiedliche Strukturen, wie den Hornstrahl und Hufknorpel, das Strahlpolster, die (tiefe) Beugesehne, die Schleimbeutel, das Hufgelenk, die Huflederhaut oder gar den Knochen des Hufbeins eines Pferdes schädigen. Zudem besteht das Risiko, dass zusammen mit dem Fremdkörper Bakterien in die Wunde eindringen, die bei ausbleibender oder verspäteter Behandlung Ursache folgenschwerer Infektionen sein können.

Da die erforderliche Behandlung des Pferdes nach einem Nageltritt mit Kosten verbunden ist, stellt sich abseits der Sorge um die Gesundheit für den Pferdebesitzer natürlich auch die Frage, wer denn nun für den Nagel verantwortlich ist und ob er an den Tierarztkosten „hängen bleibt“?!

Unglück vs. Unrecht – hinzunehmendes (Lebens-) Risiko oder Haftung des Hallenbetreibers?

Wie die Frage der Verantwortlichkeit nach einem Nageltritt rechtlich zu beantworten ist und welche (Beweis-) Probleme damit oftmals verbunden sind, soll nun im Überblick dargestellt werden.

Eine Empfehlung möchte ich aber gerne bereits vorab aussprechen, und zwar: halten Sie den Sachverhalt – soweit es nur eben möglich ist – fest! Machen Sie Fotos, rufen Sie einen objektiven Zeugen hinzu und protokollieren Sie den Ablauf des Geschehens. Dies ist zugegeben Aufwand und in einer solch aufgeregten Situation leicht zu vergessen, kann im Prozess aber Gold wert und für dessen Ausgang (mit-)entscheidend sein. Zum einen ermöglichen Sie dem Gericht auf diese Weise eine gute, weil reale Vorstellung von den Örtlichkeiten im Stall, zum anderen sichern die Fotos die Situation zum Schadenszeitpunkt. Ein Umstand, der kostbare Zeit und Nerven sparen kann, da er dabei hilft, die oftmals phantasievollen und sich typischerweise widersprechenden Geschichten rund um den Schadenshergang bereits von vorneherein einzuschränken. Vor Gericht sind der Phantasie ja bekanntermaßen oftmals keine Grenzen gesetzt. Kaum ein tatsächlicher und rechtlicher Einwand und kaum eine spontane Windung im Sachverhalt, den man noch nicht erleben durfte.

Auch wenn der vorliegende Beitrag sicher keine Schablone zur Beantwortung von Haftungsfragen rund um das Thema Nageltritt liefern kann, so ist es dennoch möglich, einige wesentliche Grundsätze herauszuarbeiten und sich der Haftungsfrage systematisch zu nähern.

Ob in unserem Ausgangsfall nun ein Anspruch auf Ersatz der zu verauslagenden Tierarztkosten für die Untersuchung und Behandlung der Wunde sowie im ungünstigsten Fall einen operativen Eingriff besteht, ist davon abhängig, ob eine Rechtsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch gegen den Reithallenbetreiber vorliegt.

Kernfrage: „Hat der Hallenbetreiber schuldhaft einen Fehler begangen und hat sich genau dieser in der Verletzung des Pferdes realisiert?“

Der Betreiber einer Reitanlage ist dafür verantwortlich, dass von dieser keine Gefahren für Mensch und Tier ausgehen. Er hat auf diese Weise grundsätzlich dafür zu sorgen, dass Anbindevorrichtungen sicher, Weidezäune nicht morsch, Boxen nicht wegen hervorstehenden, scharfen Kanten gefährlich sowie Hallenbanden stabil sind und eben keine Nägel auf dem Hof oder in der Reitbahn herumliegen.

Stichwort: „Verkehrssicherungspflichten des Stall- und Reithallenbetreibers“

Gehen wir im Falle des Nagels in unserer Reithalle zudem vom mietvertraglichen Charakter der Nutzungsüberlassung einer Halle an den Pferdebesitzer aus (hier gilt es auch zu bedenken, dass nicht jeder, der eine Reithalle nutzt, notwendigerweise auch Einsteller auf dem Hof ist), so gehört es gemäß § 535 BGB zu den Kernpflichten des Vermieters in Person des Stall- bzw. Reithallenbetreibers, dass er dem Mieter das Mietobjekt (also die Reitbahn) zum vertragsgemäßen Gebrauch überlässt und dieses während der Mietzeit auch in einem vertragsgemäßen Zustand erhält (§ 535 Satz 2 BGB). Zum vertragsgemäßen Zustand einer Reithalle gehört nun zweifelsohne auch, dass der Hallenboden so beschaffen ist, dass sich Pferd und Reiter nicht durch spitze oder scharfkantige Gegenstände verletzen können. Unterlässt der Vermieter daher ihm zumutbare Sicherungsmaßnahmen (ein Absuchen des Bodens nach jeder Hallennutzung ist i.d.R. nicht zumutbar), so handelt er pflichtwidrig, mit der Folge, dass er für dadurch herbeigeführte Verletzungen und Schäden grundsätzlich zu haften hat. Zumindest kurz erwähnt seien an dieser Stelle auch die mietvertraglichen Vorschriften der §§ 536 und 536a BGB. Diese sehen nämlich für den Fall, dass die Gebrauchstauglichkeit einer Mietsache während der Mietzeit wegfällt oder zumindest spürbar eingeschränkt ist (z.B. wegen aufgefundener Fremdkörper in der Tretschicht des Reitbodens), die Möglichkeit zur Minderung oder gar Aussetzung der Miete sowie der Geltendmachung von Schadens- und Aufwendungsersatz vor.

Letztendlich lässt sich auch mit Blick auf die vorstehend dargestellte vertragliche Haftung die Pflicht des Stallbetreibers so beschreiben, dass dieser durch den Betrieb seiner Anlage (und damit natürlich auch und gerade der Reitbahn als zentralem Ort der Sportausübung) mögliche Gefahrenquellen eröffnet, die er wiederum zu sichern und zu überwachen hat. Den Betreiber treffen sog. Verkehrssicherungspflichten, die mit (miet-) vertraglich begründeten Schutz- und Fürsorgepflichten identisch, aber auch selbständig neben diesen stehen können. Rechtssystematisch prüfen wir die Haftung wegen der Verletzung einer solchen Verkehrssicherungspflicht übrigens im objektiven Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB. Wir befinden uns also juristisch ebenso wie bei der Haftung des Tierhalters nach § 833 BGB im Bereich der sog. „Unerlaubten Handlungen“.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH v. 06.02.2007, Az.: VI ZR 274/05) ist „derjenige, der eine Gefahrenlage, gleich zu welcher Art, schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern“. Zwar ist weder eine vorbeugende Begegnung jeder abstrakten Gefahr möglich, noch besteht in Deutschland ein allgemeines Gebot, andere Personen vor einer Selbstgefährdung zu bewahren, oder das Verbot, diese zu gefährden oder zur Selbstgefährdung zu veranlassen (vgl. BGH VersR 2008, 3083). Derjenige, der sich selbst verletzt, kann denjenigen, der daran mitgewirkt hat, daher nur dann in Regress nehmen, wenn dieser einen zusätzlichen Gefahrenkreis für die Schädigung der betroffenen Person eröffnet hat. Ungeachtet dessen hat derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft, aber Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und infolgedessen die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um Beeinträchtigungen fremder Interessen zu vermeiden. Dass es nun sicher helfen würde, die Reitbahn ständig auf etwaige Fremdkörper abzusuchen, ist klar. Aber ist dies dem Reithallenbetreiber im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht auch (rechtlich) zuzumuten?

Kernfrage: Welche Sicherungsmaßnahmen sind zumutbar?

Feststeht, dass für eine geschaffene Gefahrenquelle eine Haftung erst dann begründet wird, wenn sich aus der zu verantwortenden Situation vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden können. Durfte der Betreiber als „umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch“ davon ausgehen, dass seine (Sicherungs-)Maßnahmen ausreichend und weitere Vorkehrungen nicht notwendig waren, so fällt eine dennoch eintretende Schädigung eines Dritten als nicht voraussehbares Unglück in dessen alleinigen Risikobereich (Stichwort: „Unrecht vs. Unglück“). Es genügt nach ständiger Rechtsprechung daher, dass ein Grad an Verkehrssicherheit erreicht ist, den die im jeweiligen Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich, aber auch ausreichend hält.

Um nun einen Eindruck zu vermitteln, wie Gerichte die Frage der „Zumutbarkeit“ beurteilen, sei nachfolgend auf einige Entscheidungen hingewiesen. Zwar sind auch diese selbstverständlich einzelfallbezogen und „nicht in Zement gegossen“. Es lassen sich aber dennoch wesentliche Grundsätze erkennen, die sich auf unseren Ausgangsfall des Nageltritts übertragen lassen.

  • AG KIEL vom 26.11.1993, Az.: 3 C 103/93: „Der Veranstalter eines Reitturniers genügt seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn er den Abreiteplatz jede Woche zwei bis dreimal mit einem speziell für diesen Zweck angeschafften eggeähnlichen Platzplaner abziehen lässt, um Fremdkörper zu entdecken und zu beseitigen.“
  • OLG KÖLN vom 05.09.1995, Az.: 22 U 23/95: „Auch bei der Teilnahme an einem Wettbewerb (im konkreten Fall einem ländlichen Reitturnier), der auf einer Auslobung beruht, kann der Teilnehmer erwarten, dass die Wettkampfanlagen keine Gefahren aufweisen, mit denen er nicht zu rechnen braucht. Gefahrenursachen, mit denen nach den Umständen zu rechnen ist, begründen keinen Anspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Ein Ersatzanspruch aus § 823 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht besteht ebenfalls nicht. Die Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Sportanlage beschränkt sich darauf, die Benutzer vor Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko der Anlagenbenutzung hinausgehen und nicht ohne weiteres erkennbar sind.“
  • BGH vom 24.01.2013, Az.: II ZR 98/12: „Einem Landwirt, der einen Unternehmer damit beauftragt, Lagerraps auf seinem 6,44 ha großen, frei zugänglichen Feld zu dreschen, ist es auch unter Berücksichtigung der werkvertraglichen Fürsorgepflicht i.d.R. nicht zumutbar, vor Ausführung der Arbeiten das Feld darauf hin zu untersuchen, ob Fremdkörper oder Werkzeuge (z.B. eine Kreuzhacke) aus dem Boden herausragen, die zu einer Schädigung des Mähdreschers führen können.“
  • OLG SAARBRÜCKEN vom 28.03.2013, Az.: 4 U 26/12: „Der Betreiber einer sog. Portalwaschanlage ist in Erfüllung der gebotenen Verkehrssicherung nicht gehalten, den Waschbetrieb durch Bereitstellung von Personal oder Videoüberwachung lückenlos zu überwachen. Vielmehr kann es im Einzelfall genügen, die Bürsten zu Beginn des Waschbetriebs sorgfältig nach Fremdkörpern abzusuchen.“

Wie man den gerichtlichen Feststellungen entnehmen kann, spielen die Größe der zu sichernden Gefahrenquelle und damit der mit der Verkehrssicherung verbundene zeitliche und wirtschaftliche Aufwand eine wesentliche Rolle. Während im Falle des „offenen“ Rapsfeldes ein systematisches Durchsuchen sicherlich einen mehrtätigen Aufwand bedeuten würde, ist eine – zumal in der Regel nur bestimmten Personen zugängliche – kleinere Abreite- oder Longierhalle mit deutlich geringerem Aufwand sicher zu gestalten und zu erhalten. Hier wird es dem Verantwortlichen wohl zugemutet werden können, den Hallenboden regelmäßig(er) auf Fremdkörper hin zu untersuchen.

Je größer die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung und je schwerer der drohende Schaden ist, desto höher ist das Maß des Erforderlichen und Zumutbaren. Vergessen wir auch nicht, dass wir hier nicht von einem Toaster, sondern eben von jenem „Tier als Mitgeschöpf“ sprechen, dessen Leben und Wohlbefinden wir gemäß § 1 TierSchG zu schützen haben. Im Ergebnis bleibt die Beantwortung der Haftungsfrage bei einem Nageltritt stets einer Gesamtabwägung aller Einzelfallgesichtspunkte vorbehalten. Auch für unseren Fall wäre daher entscheidend, wie und wo sich der Nageltritt konkret zugetragen hat und welche (Verkehrs-) Sicherungsmaßnahmen „im Prozess“ behauptet und letztlich auch zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden könnten. Kann der Hallenbetreiber beweisen, dass er den „Tatort“ mehrfach die Woche kontrolliert und der Nagel zwischenzeitlich unbemerkt in die Halle gelangt sein muss, so dürfte die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung aller Voraussucht nach scheitern (Stichwort: „Unglück“).

Aber Vorsicht: behaupten, was man alles getan hat genügt nicht! Hier kann sich der Betreiber nur dann ausreichend entschuldigen, wenn er seine Verkehrssicherungsmaßnahmen beweisen kann und das Gericht diese unter Abwägung der konkreten Einzelfallumstände für ausreichend erachtet. Würde dieses daher doch feststellen, dass die Gefahrenquelle täglich zu kontrollieren war, so wären wir wieder im Bereich einer Haftung und damit der Verpflichtung zur Übernahme der Tierarztkosten.

Auf zwei weitere Punkte sei noch ausdrücklich hingewiesen. Erstens begegnen wir in der pferderechtlichen Praxis gelegentlich dem Einwand des Eigentümers einer Reithalle, nicht er, sondern der Reitverein sei ja Betreiber der Anlage. Hier lässt sich kurz und knapp feststellen, dass der Eigentümer unter der Voraussetzung, dass er die Sicherung „seiner“ Gefahrenquelle zuverlässig garantieren kann, seine Verkehrssicherungspflicht zwar durchaus delegieren kann. Kontroll- und Überwachungspflichten, deren Verletzung (wie bei einem Nageltritt) wiederum zu einer Haftung führen kann, verbleiben aber auch in einen solchen Fall unausweichlich bei ihm. Zweitens kann eine an sich festzustellende Pflichtverletzung noch an der Gestaltung der der Reithallennutzung zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung (i.d.R. als mietvertragliches Element Teil des Einstellervertrags) scheitern. Ist in dieser nämlich eine rechtlich wirksame Beschränkung der Haftung auf Fälle grober Fahrlässigkeit (Vorsicht bei formularmäßigen Verträgen!) vorgesehen, so würde dies vermutlich einen „gehörigen Dämpfer“ für die eigenen Erfolgsaussichten darstellen. Der Nachweis grober Fahrlässigkeit ist nämlich deutlich schwerer zu erbringen, als derjenige lediglich einfach fahrlässiger Schadensverursachung.

Ungeachtet dessen dürfte klar sein: sobald Sie auf den Stallbetreiber mit Ihrer Forderung zugehen, die durch den Nageltritt verursachten Tierarztkosten zu übernehmen und damit quasi zuzugeben, dass er an der Verletzung Ihres Pferdes schuld ist, dürfte die „gute Laune im Stall“ dahin sein. Sofern es zu einem Rechtsstreit kommt, sollte zudem bedacht werden, dass ein solcher vor Gericht praktisch nur im seltensten Fall ohne Einholung eines zeit- und kostenintensiven Sachverständigengutachtens entschieden wird. Gutes Durchhaltevermögen und die Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung sollten daher bestenfalls ebenso als Handwerkszeug in einen solchen Prozess mit eingebracht werden, wie das Bewusstsein, dass auch der sorgfältigste und gewissenhafteste Betreiber nicht zu 100% ausschließen kann, dass es auf seiner Anlage zu Beeinträchtigungen kommt.

Fazit!

Ob „noch Unglück oder schon Unrecht“ hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalls, dem Nachweis der tatsächlich erbrachten Verkehrssicherung sowie der gerichtlichen Bewertung der Frage ab, ob dem Verantwortlichen weitere Sicherungsmaßnahmen zumutbar gewesen wären.

MPS Pferderecht - Verkehrssicherungspflicht - Haftung bei Nageltritt

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