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Zur Frage der Bemessung von Schmerzensgeld

OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2021 – 9 U 221/19, BeckRS 2021, 5414

Was macht die Entscheidung interessant? Das Urteil des OLG Hamm beinhaltet im Grunde nichts Neues, zeigt jedoch recht anschaulich, was Schmerzensgeld (z.B. als begehrter Anspruch nach einem Reitunfall) bedeutet und wie differenziert die Höhe im Einzelfall zu bemessen ist. Die Entscheidung kann also dazu dienen, zu Hause vorab einen Eindruck zu bekommen, wie hoch ein Schmerzensgeldanspruch im eigenen Fall ggf. sein könnte. Hier sind in der täglichen Kanzleipraxis doch zum Teil recht „ambitionierte“ Vorstellungen über die Höhe eines Anspruchs zu beobachten. Dies vor allem, weil in mutmaßlich einschlägigen Foren oder auf Internetseiten Entscheidungen gefunden werden, die „doch [vermeintlich] genau passen“.

Aus den Gründen: (Leseziffern 5 ff.) 2. Das Schmerzensgeld dient gem. § 253 BGB dem Ausgleich erlittener Schäden nicht vermögensrechtlicher Art. Die Entschädigung ist nach § 287 ZPO zu schätzen, wobei der Rechtsbegriff der billigen Entschädigung ausreichend eine angemessene Differenzierung in Bezug auf die stets maßgebenden Umstände des konkreten Einzelfalles zulässt. Der Tatrichter muss seine Ermessensentscheidung nach den §§ 253 Abs. 2 BGB, 287 ZPO begründen.

2.1 Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt nach gefestigter Rechtsprechung entscheidend von dem Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Lebensbeeinträchtigung des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten oder als künftige Schadensfolge erkennbar und objektiv vorhersehbar ist. Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Leiden sowie der verursachten Funktionsbeeinträchtigungen und verbleibender Entstellungen bestimmt. Im Sinne einer Objektivierung der Leiden wirken sich insbesondere die Art der Verletzungen, die Zahl der Operationen, die Dauer der stationären und ambulanten Behandlung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und das Ausmaß eines eingetretenen Dauerschadens bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes aus (vgl. OLG Hamm v. 11.09.2020 – I-9 U 96/20 – juris Rn. 3 – NJW-Spezial 2020, 715; OLG Celle v. 04.11.2020 – 14 U 81/20 – juris Rn. 12 und v.19.02.2020 – 14 U 69/19 – juris Rn. 53f mwN).

2.2 Der Maßstab für die billige Entschädigung i.S.v. § 253 BGB muss unter Berücksichtigung ihrer Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion für jeden einzelnen Fall durch Würdigung und Wägung aller ihn prägenden Umstände neu gewonnen werden.

2.3 Bei der Bezifferung des im Einzelfall jeweils angemessenen Schmerzensgeldes kann die Vergleichsrechtsprechung anderer Gerichte als Orientierungshilfe im Sinne einer Wahrung der rechtlichen Gleichbehandlung für eine vergleichende Betrachtung dahingehend dienen, wie sich der ausgeurteilte Betrag in das Gesamtsystem der von den Gerichten entwickelten Schmerzensgeldjudikatur einfügt, ob also die Größenordnung dem Betragsrahmen entspricht, der in der überwiegenden Spruchpraxis für vergleichbare Verletzungsgrade zuerkannt wird (vgl. Senat v. 27.05.2015 – 9 W 68/14 – juris Rn. 12 und v. 11.01.2019 – I-9 U 81/18 – juris Rn. 19 – RuS 2019, 220; OLG Nürnberg v. 20.08.2020 – 13 U 1187/20 – juris; OLG München v. 29.07.2020 – 10 U 2287/20 – juris). Dabei verbietet es sich allerdings, die dort ausgewiesenen Beträge schon wegen der meist nur begrenzt vergleichbaren Verletzungsbilder, abweichender haftungsbegründender Umstände und anderer für die Bemessung des zuerkannten Gesamtbetrages maßgeblichen Umstände schematisch zu übernehmen. Maßgeblich sind und bleiben daher – wie eingangs dargestellt – stets die besonderen Umstände des Einzelfalls, denen das Gericht mit entsprechender Begründung die ihnen gebührende Bedeutung beimessen kann und muss.

MPS Pferderecht - Zur Frage, wann Pferde "neu" oder "gebraucht" sind

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Haftung des Jagdveranstalters nach Reitunfall wegen Schüssen im Wald?

BGH vom 15.02.2011, Az.: VI ZR 176/10

Keine Haftung des Jagdveranstalters nach Reitunfall wegen Schussgeräuschen im Wald – Regelungsgehalt der Unfallverhütungsvorschriften (UVV) Jagd

Feststellungen: (a) Bei im Rahmen einer Jagd fallenden Schüssen handelt es sich um Lärmbeeinträchtigungen, mit denen allgemein in Waldgebieten gerechnet werden muss und die hinzunehmen sind. Wegen etwaiger im Rahmen eines Sturzes eines Reiters von einem wegen fallender Schüsse scheuenden Pferd erlittener Verletzungen ist der Veranstalter der Jagd daher nicht zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet. (b) Der Veranstalter einer Jagd ist nicht verpflichtet, um das Waldgebiet herum entsprechende Warnschilder aufzustellen. (c) Die Unfallverhütungsvorschriften Jagd (UVV Jagd) regeln die jagdlichen Verhaltenspflichten, die dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen und sind auch außerhalb ihres unmittelbaren Geltungsbereichs Maßstab für verkehrsgerechtes Verhalten. Allerdings enthalten Unfallverhütungsvorschriften ebenso wie DIN-Normen im Allgemeinen keine abschließenden Verhaltensanforderungen. Gebietet daher im Einzelfall die Verkehrssicherungspflicht den Schutz vor anderen Gefahren als denen, die Gegenstand der Unfallverhütungsvorschrift sind, so kann sich der Verkehrssicherungspflichtige nicht darauf berufen, in Ansehung dieser Gefahren seiner Verkehrssicherungspflicht dadurch genügt zu haben, dass er die Unfallverhütungsvorschrift eingehalten hat.

MPS Pferderecht - Haftung des Jagdveranstalter - Reitunfall - Jagd

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Schockschaden auch bei Verletzung oder Tötung von Tieren?

BGH vom 20.03.2012, Az.: VI ZR 114/11

Kein Ersatz sog. Schockschäden bei Verletzung oder Tötung von Tieren

Feststellungen: Die Rechtsprechung zu Schmerzensgeldansprüchen in Fällen psychisch vermittelter Gesundheitsbeeinträchtigungen mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen (sog. Schockschaden) ist nicht auf Fälle psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren zu erstrecken.

MPS Pferderecht - Schockschäden - Schadensersatz

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Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung – Schmerzensgeld abzugsfähig?

BFH vom 17.12.2015, Az.: VI R 7/14

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung – Schmerzensgeld abzugsfähig?

Feststellungen: Kosten im Zusammenhang mit einem Zivilprozess sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, soweit der Prozess die Geltendmachung von Schmerzensgeld betrifft. Die in einem Prozess geltend gemachten Ansprüche wegen immaterieller Schäden betreffen nämlich weder hinsichtlich der Zahlungs- noch der Feststellungsklage existentiell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens, weshalb diese nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein können.

MPS Pferderecht - Steuern - Schmerzensgeld als außergewöhnliche Belastung?

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