BGH vom 15.01.2014, Az.: VIII ZR 70/13
Zur Beweislastumkehr hinsichtlich eines latenten Mangels beim Verbrauchsgüterkauf („Vorgeschädigte Sehne“)
Feststellungen: (a) Tritt eine Beeinträchtigung (im konkreten Fall ein vorübergehendes Lahmen des Pferdes aufgrund einer Fesselträgerschenkelverletzung) unstreitig nach Gefahrübergang auf, kann diese gleichwohl (als „Weiterfresserschaden“) auf einer vertragswidrigen Ist-Beschaffenheit beruhen, die ihrerseits als Sachmangel („Grundmangel“) in Betracht kommt. Dies gilt etwa in dem Fall, in dem der Sachverständige feststellt, dass neben der Möglichkeit eines akuten Unfallgeschehens (nach Gefahrübergang) eine solche durch chronische Überbeanspruchung hervorgerufene, latente Vorschädigung (ggf. bereits vor Gefahrübergang) wahrscheinlich ist, die bereits bei gewöhnlicher Belastung des Pferdes zur akuten Verletzung des Pferdes geführt haben kann. (b) Der Käufer muss beim Verbrauchsgüterkauf beweisen, dass binnen sechs Monaten seit Gefahrenübergang ein Sachmangel aufgetreten ist. Gelingt ihm der Beweis, greift die Vermutung des § 476 BGB ein, dass dieser Mangel im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs bereits vorlag („Beweislastumkehr“). Beruft sich der Käufer in einem solchen Fall darauf, dass der nach Gefahrenübergang sichtbar gewordene Mangel auf einer Ursache beruht, die ihrerseits einen vertragswidrigen Zustand darstellt, so muss er dies beweisen. Kann der Käufer aber nun tatsächlich beweisen, dass der sichtbare Mangel („Weiterfresserschaden“) auf einem – latenten – Mangel („Grundmangel“) beruht, so greift zu seinen Gunsten auch insoweit die Vermutung (Beweislastumkehrregel) des § 476 BGB ein, dass dieser latente Mangel bereits bei Gefahrenübergang vorlag. (c) Der Gefahrübergang nach § 446 BGB tritt zwar grundsätzlich mit der Übergabe der Kaufsache an den Käufer ein. Dies erfordert aber nicht notwendig die Einräumung des unmittelbaren Besitzes. Eine Übergabe kann vielmehr auch dadurch erfolgen, dass dem Käufer auf Veranlassung des Verkäufers der mittelbare Besitz an dem Kaufgegenstand verschafft wird, sofern dies beim Kauf oder später (etwa durch schriftlichen oder konkludenten Ausbildungs- oder Einstellvertrag) vereinbart wird.
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