OLG FRANKFURT AM MAIN vom 16.01.2017, Az.: 13 SV 18/16
Feststellungen: (a) Nach einem Rücktritt des Käufers von einem beiderseits vollständig erfüllten Kaufvertrag sind sowohl der Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises als auch der Anspruch des Verkäufers auf Rückgewähr der Kaufsache dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Für eine auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage des Käufers ist deshalb gemäß § 29 Abs. 1 ZPO (auch) das Gericht dieses einheitlichen Erfüllungsortes zuständig. (b) Der vertragsgemäße Belegenheitsort der Kaufsache ist auch dann einheitlicher Erfüllungsort, wenn der Käufer nach einer Anfechtung (z.B. wegen arglistiger Täuschung) gestützt auf §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., 142 Abs. 1 BGB die Herausgabe des Kaufpreises verlangt und dem Verkäufer seinerseits die Kaufsache herausgeben muss.
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Was war passiert bzw. welcher Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde? Im streitgegenständlichen Fall hatte die Klägerin vom Beklagten ein Stutenfohlen gekauft und auch bezahlt. Nach dem Verbringen des Stutfohlens in den eigenen Stall stellte die Lägerin eine deutliche Lahmheit des Fohlens fest, woraufhin der von ihr hinzugezogene Tierarzt eine sog. Kronbein-Zyste diagnostizierte. Die Klägerin entschloss sich darauf hin, den Kaufpreis zu mindern, weil das Stutenfohlen nach ihrer Ansicht aufgrund der Erkrankung nur noch einen Wert von EUR 350,00 anstatt der bezahlten EUR 3.000,00 habe. Weil der Beklagte dies nicht akzeptierte, erhob die Käuferin eine Klage, die vor dem AG Brandenburg allerdings im Ergebnis erfolglos blieb.
Welche wesentlichen Feststellungen hat das Gericht getroffen? Das AG Brandenburg hat betreffend die Lahmheit des Stutfohlens im Wesentlichen das Folgende festgestellt: Bei Vorliegen einer Kronbein-Zyste bei einem Pferd ist nicht ohne weiteres von einem Sachmangel im Sinne von § 434 BGB auszugehen, wenn dieses Pferd nicht zugleich auch lahmt, weil die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt wird, dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass dieses Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.
Was macht das Urteil lesenswert? Das Urteil des AG Brandenburg stellt mit der herrschenden und zutreffenden Meinung nochmals ausdrücklich heraus, dass bloße Abweichungen von der physiologischen Norm per se, d.h. ohne klinische Symptome wie etwa eine Lahmheit, keinen zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten berechtigenden Anspruch begründen. So weit so gut. Wirklich bemerkenswert machen das Urteil jedoch die rund 150 Leseziffern, in denen sich das AG Brandenburg mit umfangreichsten Rechtsprechungsnachweisen u.a. mit folgenden Themen auseinandergesetzt hat:
Erfüllungsort beim Pferdekauf;
Anwendbarkeit und Auslegung des § 434 Abs. 1 BGB, insbesondere zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres;
Frage, wann Pferdekauf Verbrauchsgüterkauf ist.
Zum Urteil im Volltext (mit Leseziffern) im Einzelnen, wobei Text samt Verweisen („Links“) aus BeckRS 2020, 1988 entnommen sind:
Tatbestand:
1Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Minderung eines Tier-Kaufvertrages.
2Der Beklagte war Eigentümerin der hier streitbefangenen Stutenfohlen von K… mit einer Mutter aus C…-B… und der Lebensnummer DE…, geboren am 22.03.2017. Diese Stute verkaufte der Beklagte am 26.06.2017 an die Klägerin zu einem Kaufpreis in Höhe von 3.000,00 Euro. Dieser Kaufpreis wurde dem Beklagten dann auch unstreitig am 28.06.2017 auf sein Konto von der Klägerin überwiesen.
3Am 30.09.2017 holte die Klägerin dann dieses Pferd bei dem Beklagten mit einem Fahrzeug und einem Pferde-Anhänger ab und fuhr mit dieser Stute dann wieder zu sich nach B… Die Klägerin behauptet, dass das Fohlen bei dem Abtransport am 30.09.2017 sediert gewesen sei. Eine Lahmheit könne in diesem Zustand und insbesondere beim Verladen dann aber auch nicht festgestellt werden.
4Soweit der Beklagte insofern vortragen würde, dass Fohlen und Stute täglich auf der Weide waren, sei dieser Vortrag für den Anspruch nicht relevant.
5Nach ihrer Ankunft an ihrem Wohnort am Abend des 30.09.2017 sei es bereits dunkel gewesen, so dass das Fohlen über Nacht direkt in die Box verbracht worden sei. Als das Fohlen sodann bei Tageslicht das erste Mal die Box verlassen habe und im Schritt geführt worden sei, sei bei dem Fohlen aber eine deutliche Lahmheit zu erkennen gewesen.
6Der dann von ihr zur Untersuchung zugezogene Tierarzt Hans-Ulrich Seidel habe dann auch die Lahmheit der Stute bestätigte und Boxenruhe sowie medikamentöse Behandlung verordnete.
7Da jedoch keine Besserung eingetreten sei, habe der Tierarzt am 23.10.2017 Röntgenaufnahmen angefertigt, die den Befund einer Kronbein-Zyste distal medial hufgelenksnah ergeben habe. Der Tierarzt habe auch bestätigte, dass dieser Mangel schon bei Übergabe der Stute vorgelegen haben müsse, da sich eine solche Zyste nicht binnen weniger Wochen entwickeln würde.
8Dieser Befund stelle ihrer Ansicht nach aber einen derart erheblichen Mangel dar, dass das Fohlen aller Voraussicht nach als Reit- und Turnierpferd nicht brauchbar sein werde. Das Fohlen sei somit mangelhaft, da es eine Knochenzyste habe, die dazu führen würde, dass das Fohlen sowohl als Sportpferd zum Reiten als auch als Zuchtstute ungeeignet sei. Eine vollständige Heilung sei zudem hier auch nicht möglich.
9Das Fohlen sei daher nicht klinisch unauffällig. Es sei vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass das Fohlen aufgrund des Befundes lahm gehen würde.
10Somit würde es sich vorliegend ihrer Meinung nach bei dem Befund einer Knochenzyste auch um einen Sachmangel im rechtlichen Sinne handeln. Denn aufgrund des Befundes bestehe die sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Pferd für eine gewöhnliche Verwendung als Reit- oder Zuchtpferd nicht einsetzbar ist. Zudem sei derzeit eine insoweitige Verwendung ausgeschlossen. Auch würde sie darauf hinweisen, dass die Knochenzysten genetisch bedingt sein können und sich daher ein Pferd mit einer Knochenzyste nicht zur Zucht eignen würde.
11Die Sachverständige habe auch bestätigt, dass hier bei der Stute eine Kronbein-Zyste distal medial hufgelenksnah vorhanden sei und zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden war, da sie ausschließt, dass die Zyste sich erst im Zeitraum 30.09.2017 bis zum 02.10.2017 entwickelt habe. Auch habe die Sachverständige bestätigt, dass man eine Lahmheit beim Verladen nicht feststellen könne, sondern das Fohlen hierfür vielmehr frei traben müsse. Ihr Vortrag sei insoweit also voll bestätigt worden.
12Zur Frage, ob diese Zyste für die Lahmheit im Oktober 2017 verantwortlich war habe sich die Sachverständige zwar nicht festgelegt, jedoch habe sie dies auch nicht ausgeschlossen. Zur Wahrscheinlichkeit seien der Sachverständigen daher die Ergänzungsfrage gestellt worden.
13Die Sachverständige bestätige aber, dass die Zyste ein Lahmheitsrisiko darstelle und dass eine Erblichkeit der Veranlagung in der Wissenschaft vermutet werde. Dies zeige sich auch in ihrer Bewertung der Minderung, die sie immerhin mit 1.000,00 Euro angeben würde. Würde hier nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich der Befund jemals klinisch auswirken könne, käme somit wohl kaum eine Minderung von 1/3 in Betracht.
14Die Sachverständige komme zwar zu dem Ergebnis, dass eine Nutzung als Zuchtstute oder Sportpferd nicht ausgeschlossen sei, hierauf komme es aber nicht an. Vielmehr müsse sich das Pferd genauso für die gewöhnliche Verwendung eignen wie ein Pferd ohne Mangel.
15Im Übrigen sei es nicht zutreffend, dass der Zeuge K… bestätigt habe, dass das Fohlen von seiner Geburt an bis zur Abholung nicht lahmte. Vielmehr habe der Zeuge, der kein Tierarzt sei, die Aussage dahingehen eingeschränkt, dass das Fohlen „soweit er es immer gesehen hat“ nicht lahmte. Lahmheiten seien von Laien aber häufig nicht ohne weitere erkennbar.
16Zudem habe der Zeuge K… durch seine Aussage auch zu erkennen gegeben, dass er das Fohlen keineswegs durchgehend sah, sondern es vielmehr nur dann nicht lahmte, wenn er es gesehen hat. Dies bedeute somit nicht, dass es nie gelahmt habe. Soweit der Zeuge K… aussagte, dass er beim Holen von der Weide keine Lahmheit feststellen konnte, wäre eine solche Feststellung schon aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen, da Mutter und Fohlen beim Führen hinter der Person, die das Pferd führt, laufen und für das Erkennen einer Lahmheit es erforderlich sei, das Pferd über mehrere Tritte zu beobachten. Allein während des Führens eines Pferdes eine Lahmheit zu erkennen, sei nicht sicher möglich.
17Unrichtig sei auch, dass der Mangel von ihr allein aufgrund spekulativer Argumente angenommen werde. Tatsächlich liegt eine Knochen-Zyste vor. Aufgrund der Zyste liege auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine klinische Auffälligkeit vor. Weiter habe die Sachverständige bestätigt, dass eine selbständige Rückbildung dieser Zyste außerordentlich (!) unwahrscheinlich sei. Anders als in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs würde also hier ein Befund vorliegen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer klinischen Auffälligkeit führen werde und der sich nicht zurückbilden wird, sondern wahrscheinlich eher verschlimmert.
18Dass
dieser unter Umständen behandelbar sei, ändere an der Tatsache der
Mangelhaftigkeit nichts, da die Kosten für die Beseitigung des Mangels
jedenfalls höher seien als der geltend gemachte Betrag der Minderung und zudem
eine vollständige Mangelbeseitigung keinesfalls sicher möglich sei.
19Dieses
Fohlen habe wegen seiner Erkrankung somit lediglich einen geschätzten Wert in
Höhe von 350,00 Euro.
20Der
Beklagte sei dann auch über diesen Befund informiert worden. Auch seien ihm die
Röntgenaufnahmen übersandt worden.
21Dessen
ungeachtet habe der Beklagte die Mangelhaftigkeit des Fohlens bestritten.
22Aufgrund
der Tatsache, dass sie – die Klägerin – zwischenzeitlich eine emotionale
Bindung zu dem Fohlen aufgebaut habe, möchte sie jedoch am Vertrag festhalten
und den Kaufpreis aufgrund der Mangelhaftigkeit mindern.
23Mit dem
Klageantrag zu 1. mache sie ihre Erstattungsansprüche hinsichtlich des
Mehrbetrages des gezahlten Kaufpreises geltend. Der Minderungsbetrag belaufe
sich ihrer Meinung nach nämlich auf 2.650,00 Euro, da der Kauf des Fohlens mit
einer Kronbein-Zyste für sie – die Klägerin – mit erheblichen Tierarztkosten
und erheblicher Sorge um das Fohlen verbunden gewesen sei und das Fohlen zudem
nie im Sport eingesetzt werden könne, was aber aufgrund seiner Abstammung das
Ziel des Kaufs gewesen sei. Der wirtschaftliche Wert des Fohlens liege daher
lediglich bei höchstens 350,00 Euro.
24Mit
Schreiben vom 13.12.2017 habe sie bei dem Beklagen insofern auch angefragt, ob
eine einvernehmliche Lösung in Betracht kommen würde. Hierauf habe sich der
nunmehrige Rechtsanwalt des Beklagten gemeldet und einen tierärztlichen Bericht
angefordert.
25Mit
Schreiben vom 25.01.2018 habe sie dann zwar die geforderten Unterlagen
übersandt; eine Reaktion sei aber trotz mehrfacher Nachtfragen nicht mehr
erfolgt, so dass nunmehr Klage geboten sei.
26Insofern
habe sie nämlich einen Anspruch auf Erstattung des überzahlten Kaufpreises in
Höhe von 2.650,00 Euro gegenüber dem Beklagten. Sie hätte nämlich mit dem
Beklagten einen Kaufvertrag geschlossen; auch würde es sich um einen
Verbrauchsgüterkauf handeln. Der Beklagte sei als Züchter und Eigentümer einer
Reitanlage nämlich Unternehmer, sie hingegen Verbraucher.
27Die
Kronbein-Zyste sei bei Übergabe des Fohlens aber schon vorhanden gewesen. Dass
dieses Fohlen zum Zeitpunkt der Übergabe einen Sachmangel aufwies, sei auch
durch das tiermedizinische Sachverständigengutachten bestätigt worden.
28Ausdrücklich
bestreiten würde sie, dass die Lahmheit erst auf dem Transport vom 30.09.2017
zurückzuführen sei.
29Eine
Nacherfüllung scheide zudem aus, da die Kronbein-Zyste nicht heilbar sei.
30Ein
Austausch des Fohlens scheide aufgrund des Affektionsinteresses der Klägerin
ebenfalls hier aus. Eine Ersatzlieferung würde zudem von beiden Parteien
abgelehnt.
31Soweit
der Bundesgerichtshof in
einer Entscheidung vom 18.10.2017 erkannt habe, dass
allein das Vorliegen eines Röntgenbefundes noch keinen Sachmangel darstellen
würde, würde sie – die Klägerin – darauf hinweisen, dass im dortigen Fall der
Befund nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht klinisch relevant
gewesen sei. Dies sei vorliegend aber anders. Das Fohlen sei mit dem Befund
nämlich lahm gegangen und der Befund sei auch Ursache dieser Lahmheit.
32Der
Bundesgerichtshof habe seine Aussage in seiner Entscheidung dahingehend
eingeschränkt, dass ein Mangel dann schon vorliegt, wenn durch den Befund eine
Verwendungseignung in Frage steht und/oder eine hinreichende Wahrscheinlichkeit
besteht, dass das Pferd alsbald klinische Befunde aufweist. Im Fall des Bundesgerichtshofs
hatte der Sachverständige klinische Auswirkungen aber weder für den Zeitpunkt
des Gefahrübergangs noch zukünftig für hinreichend wahrscheinlich erachtet.
Dies sei im vorliegenden Fall anders. Die Sachverständige habe nämlich
ausgeführt, dass die Zyste bei sportlicher Belastung ein Lahmheitsrisiko
darstellen würde. Eine zukünftige Lahmheit sei daher hinreichend
wahrscheinlich, zumal die Stute bereits nach der Belastung durch den Transport
vom 30.09.2017 lahm gegangen sei.
33Da der
Beklagte trotz Fristsetzung und mehrfacher Nachfragen jegliche Haftung
abgelehnt habe sei eine Fristsetzung zur Nacherfüllung auch entbehrlich.
34Im
Übrigen würde sich der Anspruch auf Verzugszinsen aus dem Gesetz ergeben.
35Mit dem
Klageantrag zu 2. mache sie – die Klägerin – darüber hinaus vorgerichtliche
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 334,75 € geltend. Der Beklagte befand sich
nämlich ihrer Ansicht nach hier in Verzug, da er jegliche Haftung bereits
gegenüber der Klägerin ernsthaft und endgültig verweigert habe, so dass er aus
dem Gesichtspunkt des Verzuges auch zur Erstattung dieser Gebühren verpflichtet
sei.
36Die
Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie – die Klägerin – 2.650,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.01.2018 zu zahlen und
2.den Beklagten zu verurteilen, sie – die Klägerin – von den Anwaltskosten ihrer Prozessbevollmächtigten für deren vorgerichtliche Tätigkeit in dieser Sache in Höhe von 334,75 Euro netto freizustellen.
37Der
Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
38Der
Beklagte trägt vor, dass entgegen der Darstellung der Klägerin das Fohlen zum
Zeitpunkt der Übergabe keinen Sachmangel aufgewiesen habe. Das Fohlen sei auch
lahmfrei auf den Pferdeanhänger geführt worden. Es habe sich auch normal
verhalten. Fohlen nebst Stute seien im Übrigen vor dem Abtransport tagtäglich
auf die Weide geführt worden.
39Bezeichnend
sei auch, dass ausweislich des Attestes von Dr. S. vom 24.10.2017 das
Fohlen erstmals am 02.07.2017 zur Lahmheit vorgestellt worden sei, obwohl der
Transport am 30.09.2017 erfolgte.
40Insofern
würde er ausdrücklich bestreiten, dass das Fohlen im Zeitpunkt der Übergabe
lahmte.
41Zwar sei
es zutreffend, dass das Fohlen vor dem Abtransport sediert worden sei,
allerdings nicht auf seinen Wunsch hin; vielmehr sei die Sedierung durch die
Klägerin und auf deren Wunsch erfolgt.
42Unterstelle
man das Vorliegen einer Lahmheit, so sei dies seiner Ansicht nach somit hier
auf den Transport des Fohlens zurückzuführen, den die Klägerin jedoch selbst
vorgenommen habe; nicht jedoch auf eine diagnostizierte Kronbeinzyste distal
medial hufgelenksnah.
43Auch
würde er bestreiten, dass das Fohlen heute noch lahmt. Das Fohlen sei vielmehr
lahmfrei.
44Zwar
habe die Sachverständige bestätigt, dass das streitbefangene Fohlen vorne links
eine Kronbeinzyste aufweisen würde. Allein dieser röntgenologische Befund
stelle jedoch noch keinen Sachmangel dar, denn der röntgenologische Befund gehe
nicht einhergeht mit einem klinischen Befund.
45Insofern
sei entscheidend, dass das Pferd nach den Feststellungen der Sachverständigen
gerade nicht lahmt.
46Allein
der Röntgenbefund als solcher stelle aber nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs noch keinen Sachmangel dar.
47Wenn
kein Sachmangel vorliege, bestehe aber auch ein Wertminderungsanspruch der
Klägerin nicht.
48Preisabschläge
bei einem etwaigen Weiterverkauf, die darauf zurückzuführen seien, dass „der
Markt“ bei der Preisfindung von einer besseren als der tatsächlich üblichen
Beschaffenheit bei Tieren gleicher Art ausgehe, würden nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichthofs auch keinen Mangel begründen.
49Wenn
aber kein Mangel vorliege, könne es auch keinen Anspruch auf Preisminderung
geben.
50Unabhängig
davon weise die Sachverständige zutreffend darauf hin, dass Fohlen auch keiner
Standarduntersuchung unterzogen werden, weil deren Knochengerüst noch in der
Entwicklung sei und daher vielfältigen, komplexen Veränderungen unterliegen
würde.
51Hinzu
komme, dass Gelenkknorpel juveniler Tiere (Fohlen), noch heilungsfähig seien
und deshalb im Röntgenleitfaden ausdrücklich darauf verwiesen werde, dass eine
röntgenologische Untersuchung erst ab vollendeten 3. Lebensjahr sinnvoll sei.
52Die
Sachverständige habe darüber hinaus festgehalten, dass Aussagen bezüglich der
Wahrscheinlichkeit einer klinischen Auswirkung der Zyste nicht gemacht werden
könnten. „Röntgenbefunde bei Fohlen gestatten keinerlei Prognose im Hinblick
auf eine spätere Lahmheit“ (S. 17 des Gutachtens).
53Des
Weiteren weise die Sachverständige zutreffend darauf hin, dass, unterstellt
man, dass nach Übergabe des Fohlens zu Beginn eine Lahmheit vorhanden gewesen
war, die Ursache der Lahmheit völlig ungeklärt sei, da es an einer
entsprechenden Diagnostik gemangelt habe.
54Wenn die
Sachverständige schließlich trotz ihrer Feststellung, dass Pferde der hier in
Frage stehenden Art noch ständig wachstumsbedingten Veränderungen unterliegen
und aufgrund der röntgenologischen Befunde eine Wertminderung von 1.000,00 €
ansetzt, kann hierzu der Beklagte nur nochmals darauf hinweisen, dass ein
Anspruch auf Minderung mangels Vorliegens eines Sachmangels nicht besteht.
55Soweit
die Klägerin den wirtschaftlichen Wert des Fohlens derzeit sogar nur mit 350,00
€ beziffern würde, würde er dies im Übrigen ebenso bestreiten.
56Unterstellt,
dass das Fohlen nicht an einer Kronbeinzyste in Verbindung mit einer Lahmheit
leidet, sei das Fohlen mit der Abstammung – hochwertiges Springblut – von der
Klägerin im Übrigen zu einem Preis von 3.000,00 € sehr günstig erworben worden.
57Der
Zeuge K… habe im Übrigen zu Protokoll des Gerichts vom 18.12.2018 bekundet,
dass das streitige Fohlen von Geburt an bis zur Übergabe an die Klägerin nicht
gelahmt habe.
58Selbst
wenn man unterstellen würde, dass das Fohlen entsprechend der Behauptung der
Klägerin noch Tage nach der Abholung vorne gelahmt habe, so könne dies auch
darauf zurückzuführen sein, dass es sich auf dem Transport zu dem neuen Stall
vertreten habe.
59Selbst
wenn man im Übrigen unterstellen würde, dass das Fohlen ggf. in der Zukunft
lahmen könne, habe die Lahmheit dann ihre Ursache aber auch nicht in der von
der Klägerin behaupteten Zyste.
60Letztlich
könne es nach seinem Verständnis aber völlig dahingestellt bleiben, ob das
Pferd kurzfristig gelahmt hat oder nicht. Jedenfalls liege die
Lahmheits-Ursache nicht in seiner Sphäre.
61Die
Argumentation der Klägerin gehe insoweit dahin, dass ein Pferd ohne
entsprechende klinische Erscheinungen allein mit spekulativen Argumenten als
mangelhaft angesprochen werde. Dies stehe aber im krassen Widerspruch zu der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
62Das
Gericht hat nach Maßgabe der Beweisbeschlüsse vom 18.12.2018, vom 30.01.2019
und vom 17.12.2019 Beweis erhoben. Hinsichtlich der Vernehmung der Zeugen M…
J…, H…-U… S… und D… K… wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom
18.12.2018 verwiesen.
63Zudem
hat das Gericht ein schriftliches Gutachten der Sachverständigen Dr. med. vet.
A… R… vom 02.04.2019 (Blatt 89 bis 107 der Akte) sowie eine ergänzende
Stellungnahme der Sachverständigen vom 27.05.2019 (Blatt 130 bis 132 der Akte)
eingeholt und die Sachverständige zudem im Verhandlungstermin vom 17.12.2019
angehört.
64Wegen
der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird im Übrigen auf die unter
Angabe der Blattzahl der Akte angeführten Schriftstücke ergänzend Bezug
genommen. Zudem wird auf die zwischen den Prozessparteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes
wird darüber hinaus auch auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
65Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Amtsgerichts ergibt sich aus § 23 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 29 ZPO.
66Als
einheitlicher Erfüllungsort und damit besonderer Gerichtsstand im Sinne
von § 29 Abs. 1 ZPO ist hier der Ort
anzusehen, an dem sich die Kaufsache – d.h. das Pferd – zur Zeit vertragsgemäß
befindet (LG Frankenthal, Urteil
vom 05.12.2017, Az.: 7 O 385/15, u.a. in: „juris“; vgl.
auch: Reichsgericht, Urteil vom 16.06.1903, Az.: II 543/02, u.a. in: RGZ Band 55,
Seiten 105 ff.; BGH, Urteil
vom 09.03.1983, Az.: VIII ZR 11/82, u.a. in: NJW 1983,
Seiten 1479 ff.; OLG München,
Urteil vom 04.10.2018, Az.: 24 U 1279/18, u.a. in: „juris“; OLG Hamm, Beschluss vom 09.05.2017, Az.: I-32 SA 23/17, u.a.
in: „juris“; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 16.01.2017, Az.: 13 SV 18/16,
u.a. in: NZV 2017, Seite 386; KG Berlin, Beschluss
vom 21.03.2016, Az.: 2 AR 9/16, u.a. in: FD-ZVR 2016, Nr. 377529 = BeckRS
2016, Nr. 06514 = „juris“; OLG Stuttgart, Urteil vom 13.01.2016,
Az.: 9 U 183/15, u.a. in: NJOZ 2016, Seite 771 = „juris“; OLG Hamm, Urteil vom 20.10.2015, Az.: I-28 U 91/15, u.a. in: NJW-RR 2016,
Seiten 177 f.; OLG Düsseldorf,
Urteil vom 20.03.2015, Az.: I-22 U 151/14, u.a. in:
„juris“; OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 17.03.2014, Az.: I-5 Sa 7/14, u.a. in: MDR 2014, Seite 1047; OLG
München, Urteil vom 13.01.2014, Az.: 19 U 3721/13, u.a. in: MDR 2014,
Seiten 450 f.; OLG Bamberg, ZfSch 2013, Seiten 568 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom
17.07.2013, Az.: I-22 W 19/13, u.a. in: Verkehrsrecht
aktuell 2013, Seite 150; OLG Karlsruhe, MDR 2013, Seite 898; OLG
Schleswig, Urteil vom 04.09.2012, Az.: 3 U 99/11, u.a. in: SchlHA 2013,
Seiten 108 ff.; OLG Köln,
Beschluss vom 28.03.2011, Az.: I-3 U 174/10, u.a. in: DAR 2011,
Seiten 260 f.; OLG Bamberg, ZGS 2011, Seiten 140 ff.; OLG Hamm, Beschluss vom 16.03.2012, Az.: 16.03.2012, u.a. in:
„juris“; OLG Saarbrücken, NJW 2005, Seiten 906 ff.; BayObLG, MDR 2004, Seiten
646 f.; LG Dessau-Roßlau,
Urteil vom 15.04.2016, Az.: 4 O 590/12, u.a. in: MMR 2016, Seiten
744 f.; LG Amberg, Urteil vom
27.06.2012, Az.: 22 S 193/12, u.a. in: „juris“; LG Siegen, Urteil vom 10.06.2011, Az.: 2 O 107/09, u.a. in: „juris“; LG Freiburg, Urteil vom 07.11.2008, Az.: 8 O 98/08, u.a. in: juris; AG
Marbach, MDR 1988, Seite 1061), mithin hier in 14… B… Die
zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht gegenüber dem
Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.650,00 Euro nicht zu (§ 90a
Satz 3, § 433 Abs. 1, § 434, § 437 Nr. 2, § 441, § 474, § 476 a.F. [§ 477 n.F.]
BGB).
67Bei der
hier bestehenden Vertragsbeziehung handelt es sich um einen Kaufvertrag (AG
Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018,
Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“ = dejure.org = www.anwalt.de/rechtstipps/gewaehrleistungsansprueche).
Die von der Klägerin hier insofern gegenüber der Beklagten diesbezüglich
nunmehr verlangte Minderung des Kaufpreises in Höhe von 2.650,00 Euro steht der
Klägerin jedoch nicht zu.
68Gemäß § 434 Abs. 1 BGB – der nach § 90a BGB auf Tiere
entsprechend anzuwenden ist – ist ein Tier jedoch nur dann mangelfrei, wenn es
bei Gefahrübergang auch die vereinbarte bzw. übliche Beschaffenheit hat (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 29.04.2015, Az.: VIII ZR 180/14, u.a. in: NJW 2015,
Seiten 2106 ff.; BGH, Urteil
vom 11.07.2007, Az.: VIII ZR 110/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 2619 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; BGH, Urteil
vom 15.11.2006, Az.: VIII ZR 3/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 674 ff.; BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.; BGH, Urteil
vom 22.06.2005, Az.: VIII ZR 281/04, u.a. in: NJW 2005,
Seiten 2852 ff.; OLG Hamm,
Urteil vom 28.01.2019, Az.: 2 U 98/18, u.a. in: BeckRS 2019, Nr. 7050 = „juris“; OLG München, Urteil vom 26.01.2018, Az.: 3 U 3421/16, u.a. in: „juris“; OLG Köln, Urteil vom 25.08.2017, Az.: 6 U 188/16, u.a. in: BeckRS 2017, Nr. 145417 = „juris“; OLG Köln, Urteil vom 23.08.2017, Az.: I-16 U 68/17, u.a. in: NJW-RR 2018,
Seiten 436 ff.; OLG Hamm,
Urteil vom 20.07.2017, Az.: 2 U 40/16, u.a. in: BeckRS 2017, 147088 = „juris“; OLG Koblenz, Urteil vom 14.04.2016 Az.: 1 U 254/15, u.a. in: RdL 2016, Seiten
156 f.; OLG Koblenz, Urteil
vom 21.05.2015, Az.: 1 U 1382/14, u.a. in: NJW-RR 2015,
Seiten 1192 f.; OLG Oldenburg,
Urteil vom 04.03.2015, Az.: 5 U 159/14, u.a. in: VersR 2015,
Seiten 1435 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 05.02.2015, Az.: 14 U 29/12, u.a. in: RdL 2015, Seiten
178 f.; OLG Köln, Urteil vom
26.11.2014, Az.: I-11 U 46/14, u.a. in: MDR 2015,
Seiten 381 f.; OLG Hamm,
Urteil vom 09.09.2014, Az.: I-19 U 40/14, u.a. in: RdL 2015, Seite 49; OLG
Hamm, Urteil vom 20.06.2014, Az.: I-19 U 169/13, u.a. in: MDR 2014,
Seiten 1379 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.05.2014, Az.: I-13 U 116/13, u.a. in: BeckRS 2014, Nr. 123842 = „juris“; OLG Celle, Urteil vom 07.04.2014, Az.: 20 U 29/13, u.a. in: MDR 2014, Seiten
765 f.; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 27.08.2013,
Az.: 15 U 7/12, u.a. in:
AUR 2014, Seiten 108 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2011, Az.: 19 U 162/10, u.a. in: MDR 2011, Seite 1344; OLG
Hamm, Urteil vom 18.02.2011, Az.: I-19 U 164/10, u.a. in: BeckRS 2011,
Nr. 12186; OLG
Zweibrücken, Urteil vom 13.01.2011, Az.: 4 U 34/10, u.a. in: NJW-RR 2011, Seiten 1074
f.; OLG Hamm, Urteil
vom 25.04.2008, Az.: 11 U 138/06, u.a. in: BeckRS 2008, Nr. 12065; OLG
Köln, Urteil vom 12.12.2007, Az.: 27 U 20/07, u.a. in: BeckRS 2008, Nr. 04472; OLG
Celle, Urteil vom 13.09.2007, Az.: 8 U 116/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten 37
f.; OLG Köln, Urteil
vom 08.08.2007, Az.: 11 U 23/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten 68
ff.; OLG Saarbrücken,
Urteil vom 24.05.2007, Az.: 8 U 328/06-85, u.a. in: RdL 2008, Seiten 10
ff.; OLG Celle, Urteil
vom 31.05.2006, Az.: 7 U 252/05, u.a. in: RdL 2006, Seiten 209
f.; OLG Hamm, Urteil
vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten 156
ff.; OLG Düsseldorf, ZGS 2004, Seiten 271 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2003,
Az.: I-21 U 100/02, u.a. in: „juris“; LG Frankenthal, Urteil vom 05.12.2017,
Az.: 7 O 385/15, u.a. in: BeckRS 2017, Nr. 148882 = „juris“; LG Ingolstadt, Urteil vom 31.05.2017,
Az.: 33 O 109/15, teilw. in: „juris“; LG Essen, Urteil vom 26.07.2016, Az.: 19 O 90/15, u.a. in: BeckRS 2016, Nr. 128790 = „juris“; LG Göttingen, Urteil vom 19.02.2015,
Az.: 6 S 90/13, u.a. in: RdL 2015, Seiten 243
f.; LG Mainz, Urteil
vom 27.10.2014, Az.: 9 O 148/14, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 13713; LG
Mönchengladbach, Urteil vom 24.10.2013, Az.: 6 O 53/12, u.a. in: BeckRS 2013, Nr. 198617; LG
München II, Urteil vom 28.03.2014, Az.: 10 O 3932/11, u.a. in: BeckRS 2014, Nr. 122612 = „juris“; LG Gießen, Urteil vom 23.11.2012, Az.: 4 O 218/12, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 14196; LG
Stendal, Beschluss vom 18.05.2009, Az.: 22 S 148/08, u.a. in: BeckRS 2009, Nr. 21034 = „juris“; LG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2007,
Az.: 12 O 18/07, u.a. in: BeckRS 2008, Nr.: 19405
= „juris“; LG Mosbach,
Beschluss vom 30.08.2005, Az.: 1 C 94/04, u.a. in: BeckRS 2005, Nr.:
12241; LG Braunschweig,
Urteil vom 11.01.2005, Az.: 6 S 149/04, u.a. in: AUR 2005, Seite 379; LG
Oldenburg, Urteil vom 26.08.2004, Az.: 9 S 255/04, u.a. in: BeckRS 2009, Nr. 04446; LG
Kleve, Urteil vom 21.11.2003, Az.: 5 S 99/03, u.a. in: Jagdrechtliche
Entscheidungen XVIII Nr. 83 = „juris“; LG
Kleve, Urteil vom 29.05.2002, Az.: 2 O 323/01, u.a. in: „juris“; AG Brandenburg
an der Havel, Urteil vom 11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“; AG Halle/Saale, Urteil vom 25.10.2011, Az.: 95 C 881/11, u.a. in:
„juris“; AG Brandenburg an der Havel, Urteil
vom 26.04.2010, Az.: 34 C 139/09, u.a. in:
NJW-RR 2010, Seiten 1293 f.; AG Coesfeld, Urteil vom 02.03.2004, Az.: 4 C 584/03, u.a. in: „juris“).
69Zur
„üblichen“ Beschaffenheit eines Tieres gehört es jedoch nicht, dass dieses Tier
in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“
entspricht (BGH, Urteil vom
18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 05.02.2015, Az.: 14 U 29/12, u.a. in: RdL 2015, Seiten
178 f.; OLG Köln, Urteil vom
12.12.2007, Az.: 27 U 20/07, u.a. in: BeckRS 2008, Nr. 04472; OLG
Hamm, Urteil vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Mainz, Urteil vom
27.10.2014, Az.: 9 O 148/14, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 13713; LG
Gießen, Urteil vom 23.11.2012, Az.: 4 O 218/12, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 14196; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
70Diese
Wertung trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Tieren um Lebewesen
handelt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und die – anders als tote
Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich
daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 05.02.2015, Az.: 14 U 29/12, u.a. in: RdL 2015, Seiten
178 f.; OLG Köln, Urteil vom
12.12.2007, Az.: 27 U 20/07, u.a. in: BeckRS 2008, Nr. 04472; OLG
Hamm, Urteil vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Mainz, Urteil vom
27.10.2014, Az.: 9 O 148/14, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 13713; LG
Gießen, Urteil vom 23.11.2012, Az.: 4 O 218/12, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 14196; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257= „juris“).
71Der
Käufer eines Pferdes kann deshalb redlicher Weise auch nicht erwarten, dass er
auch ohne besondere (Beschaffenheits-)Vereinbarung ein Tier mit „idealen“
Anlagen erhält, sondern muss im Regelfall damit rechnen, dass das von ihm
erworbene Pferd in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen
vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 05.02.2015, Az.: 14 U 29/12, u.a. in: RdL 2015, Seiten
178 f.; OLG Köln, Urteil vom
12.12.2007, Az.: 27 U 20/07, u.a. in: BeckRS 2008, Nr. 04472; OLG
Hamm, Urteil vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Mainz, Urteil vom
27.10.2014, Az.: 9 O 148/14, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 13713; LG
Gießen, Urteil vom 23.11.2012, Az.: 4 O 218/12, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 14196; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
72Auch die
damit verbundenen Risiken für die spätere Entwicklung des Tieres sind für
Lebewesen typisch und stellen für sich genommen noch keinen vertragswidrigen
Zustand dar, denn der Verkäufer eines Tieres haftet nicht für den Fortbestand
des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustands (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 05.02.2015, Az.: 14 U 29/12, u.a. in: RdL 2015, Seiten
178 f.; OLG Köln, Urteil vom
12.12.2007, Az.: 27 U 20/07, u.a. in: BeckRS 2008, Nr. 04472; OLG
Hamm, Urteil vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Mainz, Urteil vom
27.10.2014, Az.: 9 O 148/14, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 13713; LG
Gießen, Urteil vom 23.11.2012, Az.: 4 O 218/12, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 14196; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257= „juris“).
73Der Kauf
der Stute war hier im Übrigen aber nach Überzeugung des erkennenden Gerichts
auch ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB. Die Klägerin ist
unstreitig Verbraucher nach § 13 BGB.
74Auch ist
der Beklagte unstreitig Unternehmer gemäß § 14 BGB. Unternehmer ist nach der
Legaldefinition des § 14 Abs. 1 BGB nämlich eine
natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft,
die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder
selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Demgegenüber ist nach § 13 BGB in der ab 13. Juni
2014 geltenden Fassung (BGBl. 2013 I S. 3643)
Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken
abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen
beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können. Sowohl die gewerbliche als auch
die selbständige berufliche Tätigkeit setzen – jedenfalls – ein selbständiges
und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen
am Markt voraus, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht jedoch nicht erforderlich
ist (BGH, Urteil vom 18.10.2017,
Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 271/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 146 ff.; BGH, Urteil
vom 13.03.2013, Az.: VIII ZR 186/12, u.a. in: NJW 2013,
Seiten 2107 f.; BGH, Urteil
vom 11.07.2007, Az.: VIII ZR 110/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 2619 ff.; BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.; OLG Köln,
Urteil vom 08.08.2007, Az.: 11 U 23/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten
68 ff.; OLG Hamm, Urteil vom
01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in:
„juris“; LG Göttingen, Urteil
vom 19.02.2015, Az.: 6 S 90/13, u.a. in: RdL 2015, Seiten
243 f.; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom
11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
75Für die
Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist dabei grundsätzlich
die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 271/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 146 ff.; BGH, Urteil
vom 15.11.2007, Az.: III ZR 295/06, u.a. in: NJW 2008,
Seiten 435 f.; BGH, Urteil
vom 11.07.2007, Az.: VIII ZR 110/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 2619 ff.; BGH,
Beschluss vom 24.02.2005, Az.: III ZB 36/04, u.a. in: NJW 2005,
Seiten 1273 ff.; OLG Köln,
Urteil vom 08.08.2007, Az.: 11 U 23/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten
68 ff.; OLG Hamm, Urteil vom
01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in:
„juris“; LG Göttingen, Urteil
vom 19.02.2015, Az.: 6 S 90/13, u.a. in: RdL 2015, Seiten
243 f.; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom
11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
76Dabei
kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, insbesondere
das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 271/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 146 ff.; BGH, Urteil
vom 11.07.2007, Az.: VIII ZR 110/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 2619 ff.; OLG Köln,
Urteil vom 08.08.2007, Az.: 11 U 23/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten
68 ff.; OLG Hamm, Urteil vom
01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in:
„juris“; LG Göttingen, Urteil
vom 19.02.2015, Az.: 6 S 90/13, u.a. in: RdL 2015, Seiten 243
f.; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom
11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
77Gemessen
an diesen Grundsätzen ist der hiesige Beklagte aber nach Überzeugung des
Gerichts als „Unternehmer“ anzusehen. So ist hier unstreitig, dass der Beklagte
bereits in der Vergangenheit Fohlen an dritte Personen verkauft hat. Auch
handelte der Beklagte bei Abschluss des Rechtsgeschäftes in Ausübung eines
Pferdezucht-Gewerbes. Sein Vorgehen ist somit aufgrund wiederholten,
planmäßigen und auf gewisse Dauer angelegten Anbietens entgeltlicher Leistungen
auch als gewerblich einzustufen (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 271/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 146 ff.; BGH, Urteil
vom 11.07.2007, Az.: VIII ZR 110/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 2619 ff.; OLG Köln,
Urteil vom 08.08.2007, Az.: 11 U 23/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten
68 ff.; OLG Hamm, Urteil vom
01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in:
„juris“; LG Göttingen, Urteil
vom 19.02.2015, Az.: 6 S 90/13, u.a. in: RdL 2015, Seiten
243 f.; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom
11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
78Von
maßgebender Bedeutung ist darüber hinaus auch, ob das veräußerte Fohlen zuvor
privat von dem Beklagten genutzt worden ist und aus welchem Anlass diese Stute
verkauft werden sollte (BGH,
Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 271/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 146 ff.; BGH, Urteil
vom 11.07.2007, Az.: VIII ZR 110/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 2619 ff.; OLG Köln,
Urteil vom 08.08.2007, Az.: 11 U 23/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten
68 ff.; OLG Hamm, Urteil vom
01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in:
„juris“; LG Göttingen, Urteil
vom 19.02.2015, Az.: 6 S 90/13, u.a. in: RdL 2015, Seiten
243 f.; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom
11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
79Die
Veräußerung eines vom Verkäufer privat genutzten Pferdes wäre zwar regelmäßig
nicht als Unternehmergeschäft zu qualifizieren. Insoweit ist vorliegend aber
sogar unstreitig, dass der Beklagte das streitgegenständliche Fohlen zu keinem
Zeitpunkt „zu eigenen Zwecken“ hat durch eine Stute werfen lassen, sondern
vielmehr, um das Fohlen an dritte Personen zu verkaufen.
80Bei
einem derartigen Verbrauchsgüterkauf wird aber – falls tatsächlich ein
Sachmangel innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang auftritt – grundsätzlich
vermutet, dass das Tier bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, da
mittlerweile allgemein anerkannt ist, dass die Bestimmung des § 476 a.F. BGB (§ 477 n.F.
BGB) auch auf den Verkauf von Tieren/Pferden anwendbar ist (BGH, Urteil vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.; OLG München,
Urteil vom 26.01.2018, Az.: 3 U 3421/16, u.a. in: „juris“; OLG Stuttgart, Urteil vom 08.11.2007,
Az.: 19 U 52/07, u.a. in: BeckRS 2012,
Nr.: 05403 = „juris“; OLG Hamm, Urteil vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in: „juris“; AG
Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018,
Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“) und dass die Vermutung
nach § 476 a.F. BGB (§ 477 n.F. BGB) vom
Verkäufer nicht nur erschüttert, sondern im Sinne von § 292 ZPO widerlegt werden muss,
wenn er die Rechtsfolgen des § 476 a.F. BGB (§ 477 n.F. BGB)
abwenden will (BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006, Seiten
2250 ff.; OLG München,
Urteil vom 26.01.2018, Az.: 3 U 3421/16, u.a. in: „juris“; OLG Stuttgart, Urteil vom 08.11.2007,
Az.: 19 U 52/07, u.a. in: BeckRS 2012, Nr.: 05403
= „juris“; OLG Hamm,
Urteil vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten 156
ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in: „juris“; AG
Brandenburg an der Havel, Urteil vom
11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
81Anderes
gilt jedoch dann, wenn die Vermutung des § 476 a.F. BGB (§ 477 n.F.
BGB) mit dem Mangel seiner Art nach unvereinbar ist (AG Brandenburg an der
Havel, Urteil vom 11.05.2018, Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
82Zeigt
sich somit innerhalb von 6 Monaten seit Besitz- und Gefahrübergang tatsächlich
ein Sachmangel, so kann grundsätzlich vermutet werden, dass das Pferd bereits
bei Besitz- und Gefahrübergang mangelhaft war (§ 476 a.F. BGB [§ 477 n.F.
BGB]; OLG Stuttgart, Urteil
vom 08.11.2007, Az.: 19 U 52/07, u.a. in: BeckRS 2012,
Nr.: 05403 = „juris“; OLG Hamm, Urteil vom 01.07.2005, Az.: 11 U 43/04, u.a. in: ZGS 2006, Seiten
156 ff.; LG Ingolstadt,
Urteil vom 31.05.2017, Az.: 33 O 109/15, teilw. in: „juris“; AG
Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018,
Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
83Mit
seiner Entscheidung vom 12.10.2016 (BGH, Urteil vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15, u.a. in: NJW 2017,
Seiten 1093 ff.) hat der Bundesgerichtshof im Übrigen die den Anwendungsbereich
des § 476 a.F. BGB (§ 476 n.F.
BGB) einschränkende frühere Auslegung – einer Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom
04.06.2015, Az.: C-497/13, u.a. in: NJW 2015, Seiten
2237 ff.) folgend – nunmehr aufgegeben und klargestellt, dass die Vermutung
des § 476 a.F. BGB (§ 476 n.F.
BGB) schon dann greift, wenn der mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon
bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Der Käufer muss insbesondere weder darlegen
noch beweisen, auf welcher Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist noch dass
diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (BGH, Urteil vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15, u.a. in: NJW 2017,
Seiten 1093 ff.; OLG München,
Urteil vom 26.01.2018, Az.: 3 U 3421/16, u.a. in: „juris“; AG
Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.05.2018,
Az.: 31 C 14/16, u.a.
in: NJOZ 2019, Seite 1224 = BeckRS 2018, Nr. 8257 = „juris“).
84Der
Käufer muss auch nicht nachweisen, dass ein nach Gefahrübergang eingetretener
akuter Mangels eine Ursache in einem latenten Mangel hat (BGH, Urteil vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15, u.a. in: NJW 2017,
Seiten 1093 ff.; OLG München,
Urteil vom 26.01.2018, Az.: 3 U 3421/16, u.a. in: „juris“).
85Insofern
war hier entscheidend, ob die streitbefangene Stute frei von Mängeln im Sinne
von § 434 BGB war oder nicht.
86Zwar hat
der Zeuge H…-U… S… als Tierarzt ausgesagt, dass er selbst gesehen habe, dass
das streitbefangene Pferd am 02.10.2017 – mithin 2 Tage nach dessen Überführung
im Pferdeanhänger – gelahmt habe, er sich aber durchaus auch vorstellen könne,
dass dieses Fohlen am 30.09.2017 – d.h. am Tag der Überführung – noch nicht
gelahmt habe. Er führte insofern auch aus, dass wenn ein Pferd auf einem
Pferdeanhänger über eine längere Zeit transportiert wird, dies eine deutliche
Belastung für dieses Pferd sei. Nach einer solchen Fahrt könne dann ein Pferd –
z.B. auf Grund einer Zyste – dann durchaus Lahm-Erscheinungen zeigen. Das
Fahren des Pferdes sei dann der physische Anlass für das Lahmen. Die Ursache
für die Lahmheit sei seiner Ansicht nach aber die Zyste. Es sei aber durchaus
auch eine andere Ursache möglich; auch wenn diese nicht sehr wahrscheinlich
sei, zumal andere klinisch erkennbare Ursachen für die Lahmheit dieses Pferdes
für ihn nicht zu erkennen waren.
87Im
Übrigen bekundete der Zeuge H…-U… S… als Tierarzt, dass auch noch am 23.10.2017
dieses Fohlen immer noch gelahmt habe. Jedoch musste er auch einräumen, dass es
durchaus auch Zysten gebe, die nicht zu einer Lahmheit von Pferden führen.
88Der
Zeuge M… J… hat im Übrigen ausgesagt, dass er an dem Tag, als er das Pferd
abgeholt hatte – mithin am 30.09.2017 – noch nicht mitbekommen habe, dass das
Fohlen lahmen würde. Dies habe er also gerade nicht gesehen. Auch als er dann
mit dem Fohlen knappe 5 Stunden nach B… gefahren sei und dann dieses Fohlen in
die Box eingesperrte hätte, habe er nicht sehen können, dass das Fohlen lahmte.
Erst am nächsten Tag – mithin am 01.10.2017 – habe er dann sehen können, dass
dieses Fohlen lahmte.
89Der
Zeuge D… K… hat hingegen ausgesagt, dass er mit dabei war, als das Fohlen von
der Klägerin und ihrem Lebensgefährten abgeholt wurde. Bevor das Pferd dann
abgeholt worden sei, habe es aber noch nicht gelahmt. Das Fohlen habe vorher
auf dem Weiler gespielt und habe nicht gelahmt. Auch sei er mit dabei gewesen,
als das Pferd auf den Pferdeanhänger geladen wurde. Von der Box, wo das Pferd
stand bis zu dem Anhänger, auf den es dann aufgeladen wurde, seien es zwar nur
ein paar Meter; aber auch als das Pferd diese paar Meter zum Pferdeanhänger
gegangen sei, habe er nicht gesehen, dass es gelahmt habe. Er habe – bevor das
Fohlen am 30.09.2017 abgeholt wurde – auch jeden Tag dieses Fohlen von der
Weide geholt. Dabei habe das Fohlen aber auch nie gelahmt.
90Die
Sachverständige Dr. med. vet. A… R… hat jedoch in ihrem schriftlichen Gutachten
vom 02. April 2019 (Blatt 89 bis 107 der Akte) fachkundig dargelegt, dass der
Begriff der „Lahmheit“ leider nicht einmal in der veterinärmedizinischen
Fachliteratur einheitlich definiert werde. Im deutschsprachigen Raum werde als
Lahmheit eine Störung im Bewegungsablauf einer Gliedmaße bezeichnet, zweier
diagonaler oder zweier hintereinander liegender Gliedmaßen. Der Begriff sei
also nicht angebracht bei Störungen im Bewegungsablauf vorne beidseits oder
hinten beidseits oder aller vier Gliedmaßen.
91Die
„Röntgenbefunde“ seien im Übrigen Momentaufnahmen und reflektierten in der
Vergangenheit abgelaufene Um- und Anbauprozesse knöcherner Strukturen.
Weichteile und Gelenkknorpel seien als solche jedoch nicht darstellbar.
92Ein
Pferd sei aber ein Lebewesen und unterliege als solchem ständigen
Veränderungen, auch knöcherner Strukturen. Dies gelte natürlich in besonderer
Weise in der Wachstums- und Entwicklungsphase. Aktuell und insbesondere
zukünftig ablaufende Veränderungen seien anhand von Röntgenaufnahmen somit
nicht vorhersehbar.
93Bei
tierärztlichen Untersuchungen im Rahmen einer Kaufuntersuchung – d.h. bei
klinisch gesunden Pferden – finde der sog. „Röntgenleitfaden“ zur Beurteilung
der Bedeutung und Risiken gelisteter, konkreter radiologischer Befunde Anwendung.
Dieser „Röntgenleitfaden“ sei eine Empfehlung der Bundestierärztekammer, in der
Fassung 2007 erarbeitet durch die dritte Röntgenkommission, zur Beurteilung der
gesundheitlichen Bedeutung röntgenologischer Befunde bei der Kaufuntersuchung.
Es würden hier Empfehlungen zur Technik der Standardaufnahmen, sowie der
erweiterten Röntgenuntersuchung gegeben. Der Umfang der Befundbeschreibung in
Röntgenskizzen und Worten werde erläutert. Für die Beurteilung der, in diesem
Röntgenleitfaden gelisteten Befunde würde zwar eine Einteilung in vier Klassen
(Klasse I: Röntgenologisch ohne besonderen Befund und Befunde, die als
anatomische Formvarianten eingestuft werden; Klasse II: Befunde, die gering vom
Idealzustand abweichen, bei denen das Auftreten von klinischen Erscheinungen in
unbestimmter Zeit mit einer Häufigkeit unter 3% geschätzt wird; Klasse III:
Befunde, die von der Norm abweichen, bei denen das Auftreten von klinischen
Erscheinungen in unbestimmter Zeit mit einer Häufigkeit von 5% bis 20%
geschätzt wird; Klasse IV: Befunde, die erheblich von der Norm abweichen, bei
denen klinische Erscheinungen wahrscheinlich [über 50%] sind) vorgenommen,
jedoch würde diese Einteilung in der seit 2018 vorliegenden, überarbeiteten
Fassung dieses Leitfadens jetzt nicht mehr empfohlen, da Grundlage dieser
Klassifizierung mit den dazu angegebenen Wahrscheinlichkeiten allein
tierärztliche Erfahrungen waren, ohne wissenschaftliche Grundlage und
tatsächlich belastbare, statistische Daten. Die 2018 überarbeitete Fassung des
Röntgenleitfadens verzichte daher nunmehr auf jegliche
Wahrscheinlichkeitsangabe zu einer späteren klinischen Symptomatik
(Lahmheitsrisiko) und auf verschiedene Röntgenklassen. Derartige Vorhersagen /
Risikobewertungen / Wahrscheinlichkeitsangaben hätten sich nämlich als
wissenschaftlich unseriös erwiesen. Explizit werde weiterhin darauf
hingewiesen, dass dieser „Röntgenleitfaden“ ausschließlich bei lahmfreien,
warmblütigen Reitpferden ab dem Alter von drei Jahren zur Anwendung komme und
nicht im Rahmen der Diagnostik bei Lahmheits-Untersuchungen, sowie nicht zum
Zwecke der Zuchtauswahl verwendet werden dürfe. Auf verschiedene Klassen der
Befundung werde nunmehr generell verzichtet und im Befundkatalog nur Befunde
aufgelistet, die von der normalen Röntgenanatomie abweichen und bei denen das
Risiko, eine Lahmheit zu verursachen, nicht zuverlässig eingeschätzt werden
könne. Für bestimmte Röntgenbefunde, die erfahrungsgemäß mit einem
Lahmheitsrisiko behaftet erscheinen, werde jetzt die Bewertung mit RISIKO ohne
jede Wahrscheinlichkeitsangabe empfohlen.
94Hinsichtlich
der Kronbeinzyste als subchondraler zystoider Defekt sei zwar bis 2018
empfohlen worden, dies mit der Klasse IV (Risikozustand, über 50%
Wahrscheinlichkeit klinischer Erscheinungen) zu bewerten. Im überarbeiteten
„Röntgenleitfaden“ 2018 werde aber nur die Bewertung Risiko empfohlen. Zu
beachten sei vorliegend auch, dass das streitgegenständliche Fohlen zum
Zeitpunkt der ersten Röntgenuntersuchung am 23.10.2017 erst sieben Monate alt
war und es sich zum Zeitpunkt der Untersuchung in der Pferdeklinik um eine
zweijährige Jungstute gehandelt habe. Das streitgegenständliche Pferd habe sich
somit zum Übergabezeitpunkt und auch derzeit noch in der Entwicklung befunden.
Es würde sich somit um ein juveniles Tier und nicht um ein klinisch gesundes
erwachsenes Pferd handeln, für das Bewertungen anhand des „Röntgenleitfadens“
in Betracht kämen.
95Die
Begriffe subchondrale Knochenzyste, zystoider Defekt, subchondrale zystische
Läsion und subchondrale Knochenläsion würden in der Literatur im Übrigen
synonym verwendet. Es würde sich um rund-ovale Aufhellungszonen im Röntgenbild
handeln, die von anderen anatomischen Gegebenheiten und Artefakten abzugrenzen
seien. In der Literatur würden unterschiedliche Altersangaben für überwiegend
betroffene Tiere angegeben. Die subchondralen Knochenzysten würden häufig mit
dem entsprechenden Gelenk über einen röntgenologisch darstellbaren Kanal in
Verbindung stehen.
96Über die
Ursache derartiger Defekte gebe es jedoch verschiedene Theorien, die unter
anderem von einer Störung der enchondralen Ossification, einer vaskulären
Störung, Knochenstoffwechselstörung und/oder entzündlichen Prozessen ausgehen
würden.
97Knochenzysten
könnten des Weiteren im gelenknahen Bereich verschiedener Gelenke auftreten und
seien – wie auch vorliegend – nicht zwangsläufig lahmheitsverursachend.
98Da auch
der Gelenkknorpel radiologisch nicht darstellbar sei, gebe die
Röntgenuntersuchung nur begrenzt und indirekt Auskunft über den Zustand des
Gelenkknorpels und die Prognose für das betroffene Pferd.
99Unter
Beachtung dessen hat die Sachverständige hier insofern zwar festgestellt, dass
das streitbefangene Stutfohlen von K… mit der Lebensnummer DE… sowohl im
Fohlenalter bei der Röntgenuntersuchung am 23.10.2017 als auch bei der
Röntgenuntersuchung der linken Vordergliedmaße der nunmehr zweijährigen,
streitgegenständlichen Stute am 15.03.2019 vorne links eine Kronbeinzyste
distal medial hufgelenksnah hatte, jedoch sei bei den tierärztlichen
Untersuchungen am 02.10.2017 sowie am 23.10.2017 die Lahmheits-Ursache nicht
diagnostiziert, der lahmheitsverursachende Schmerz nicht lokalisiert und auch
eine Leitungsanästhesie nicht durchgeführt worden.
100Warum
das Fohlen damals lahmte ist nach Ansicht der Sachverständigen daher unbekannt
und sei jetzt nachträglich auch nicht mehr aufzuklären.
101Bei der
tierärztlichen Untersuchung am 15.03.2019 in der Pferdeklinik sei die
streitgegenständliche, 2-jährige Jungstute bei ähnlichem Röntgenbefund aber
lahmfrei gewesen. Bereits daraus ergibt sich nach Einschätzung der
Sachverständigen, dass ein Zusammenhang zwischen Lahmheit und Röntgenbefund
hier gerade nicht zwingend sei. Dass der Befund der Kronbeinzyste die Ursache
für die Lahmheit des Fohlens sei, ergebe sich somit hier gerade nicht aus den
vorliegenden Unterlagen/Informationen. Auch aus der vorliegenden
Befunddokumentation ergebe sich, dass weitere Lahmheitsuntersuchungen oder
Lahmheitsbehandlungen nach dem 23.10.2017 nicht mehr erfolgt seien.
102Zudem
führte die Sachverständige auch fachkundig aus, dass vor dem Tag der Übergabe
des Fohlens klinische Auffälligkeiten bei diesem Fohlen auch nicht vorhanden
gewesen sein müssen, da eine Kronbeinzyste zwar eine Lahmheitsursache sein
könne, jedoch nicht müsse. Dies ergebe sich auch bereits daraus, dass die
Kronbeinzyste nach wie vor bei diesem Pferd vorliege, die Jungstute jedoch
lahmfrei sei.
103Für die
Lahmheit eines Fohlens, auch mit einem Röntgenbefund wie vorliegend, gebe es im
Übrigen eine Vielzahl möglicher, traumatischer Ursachen, die auch auf dem
Transport und/oder beim Auf- und Abladen entstanden sein können, z.B.
Verstauchungen, Zerrungen, Prellungen etc..
104Dass
aufgrund der Kronbeinzyste das Fohlen aller Voraussicht nach nicht als Reit-
und Turnierpferd und auch nicht als Zuchtstute brauchbar sei, könne nach
Ansicht der Sachverständigen hier auch so nicht prognostiziert werden, da
derartige Zysten zwar eine Lahmheit verursachen können, aber nicht müssen;
wobei wiederum unsicher sei welchen Grades, d.h. wie erheblich die Lahmheit
sein könne. Eine Zyste stelle zwar – besonders bei erheblicher sportlicher
Belastung – ein Lahmheitsrisiko dar. Ob sich dieses Risiko jedoch realisiert
und das Pferd tatsächlich jemals lahm gehen wird, sei nicht vorhersagbar. Schon
gar nicht der weitere Verlauf oder ggf. der Behandlungserfolg. Eine Erblichkeit
– jedoch allenfalls der Veranlagung zu derartigen Röntgenbefunden – werde zwar
vermutet, der Befund als solcher jedoch eher als umweltbedingter, enchondraler
Verknöcherungsdefekt, nicht als genetisch bedingt, angesehen. Der Befund einer
Knochenzyste schließe daher als solcher eine züchterische Nutzung klinisch
gesunder, auch geringgradig lahmer Stuten keinesfalls aus.
105Dies
ergebe sich auch bereits daraus, dass Zuchtstuten vor dem Zuchteinsatz i.d.R.
keiner röntgenologischen Untersuchung unterzogen werden. Hinzu komme, dass
viele der möglicherweise von derartigen Befunden (gelenknaher, zystoider
Defekt) betroffenen Gelenke auch bei den Standarduntersuchungen gar nicht
geröntgt bzw. nicht befundet werden.
106Jedoch
würde eine röntgenologisch bei Kaufuntersuchungen darstellbare Zyste auf Grund
der allseits bekannten Risiken in jedem Falle den Verkehrswert auch eines
lahmfreien, klinisch gesunden Reitpferdes nach Auffassung der Sachverständigen
mindern.
107Der
Befund als solcher schließe jedoch eine zukünftige Nutzung als Reit- und
Turnierpferd nicht aus. Niemand könne bei einer, vorliegend erst zweijährigen,
lahmfreien Stute insoweit Vorhersagen treffen. Es sei sogar möglich, dass
Pferde mit einem derartigen Befund auch unter sportlicher Belastung lahmfrei
bleiben und uneingeschränkt einsetzbar sei. Sichere Prognosen seien nicht
möglich. Hinzu komme, dass im Gegensatz zu dem Gelenkknorpel adulter Pferde
(>3 Jahre), der Gelenkknorpel juveniler Tiere (Fohlen) noch heilungsfähig
sei. Auch deshalb werde im „Röntgenleitfaden“ ausdrücklich darauf verwiesen,
dass eine Anwendung erst ab dem vollendeten dritten Lebensjahr sinnvoll sei.
Auch sei ein operativer Eingriff und weitere therapeutische Maßnahmen hier möglich,
auch wenn der Heilungserfolg nicht sicher vorherzusagen sei.
108Nach
Ansicht der Sachverständigen liege der wirtschaftliche Wert dieses Fohlens auch
nicht bei höchstens 350,00 Euro, da bei einem Fohlen – wie vorliegend zum
Übergabezeitpunkt 2017 – zu den späteren Einsatzmöglichkeiten im Sport eine
derartige Prognose nicht gestellt werden könne. Schon gar nicht auf Grund eines
Röntgenbefundes wie vorliegend. Bei Fohlen könne noch nicht einmal vorhergesagt
werden, ob ein derartiger Röntgenbefund bei dem ausgewachsenen Pferd (über drei
Jahre) überhaupt noch vorliegen werde, geschweige denn die Ausprägung einer
klinischen Symptomatik oder Sportuntauglichkeit prognostiziert werden.
109Im
Übrigen führte die Sachverständige auch fachkundig aus, dass ein aufgrund eines
zystoiden Defekts dauerhaft lahmes Fohlen bzw. Pferd als Reitpferd nicht zu
gebrauchen sei; weder als sogenanntes Freizeitpferd, schon gar nicht als
Sportpferd. Eine solche Prognose habe vorliegend jedoch von ihr hier nicht
gestellt werden können, da unbekannt sei und bleiben werde, ob das Fohlen
überhaupt wegen einer zystoiden Veränderung lahm war.
110Vorliegend
sei für das streitgegenständliche Absatzfohlen somit von einer
Marktwertminderung infolge des nunmehr bekannt gewordenen Röntgenbefundes auszugehen.
Unter der Voraussetzung, dass der Kaufpreis in Höhe von 3.000,00 EUR dem
Marktpreis des Fohlens mit unbekanntem Röntgenstatus entsprach, dürfte infolge
des festgestellten Röntgenbefundes somit hier ggf. von einer Marktwertminderung
zum Zeitpunkt der Übergabe um 1.000,00 EUR auszugehen sein, so dass der
Marktpreis des Fohlens zum Zeitpunkt der Übergabe 2017 daher von der
Sachverständigen auf 2.000,00 EUR geschätzt wird.
111Jedoch
führte die Sachverständige auch aus, dass niemand Prozentangaben zum Risiko
einer irgendwann, möglicherweise auftretenden Lahmheit dieses Pferdes hier
machen könne. Selbst die Risikoeinschätzungen des alten „Röntgenleitfadens“
2007, die zudem ausschließlich und ausdrücklich für ausgewachsene Pferde,
keinesfalls für Fohlen vorgesehen waren, seien vage und allgemein gehaltene
Erfahrungswerte gewesen, ohne wissenschaftliche Grundlage. Der überarbeitete
„Röntgenleitfaden“ (2018) verzichte daher auf jegliche
Wahrscheinlichkeitsangaben zu Risiken. Eine derartige Beurteilung/Risikoschätzung
sei somit seriös – selbst bei ausgewachsenen, klinisch gesunden Pferden –
tatsächlich nicht möglich. Schon gar nicht jedoch bei Fohlen. Röntgenbefunde
bei Fohlen würden keinerlei Prognose in Hinblick auf eine spätere Lahmheit
gestatten. Selbst bei röntgenologischen Untersuchungen ausgewachsener Pferde im
Rahmen von Kaufuntersuchungen sei nämlich eine Prognose hinsichtlich späterer
Lahmheit und sportlicher Nutzbarkeit nicht möglich.
112Insofern
hat die Sachverständige hier zwar festgestellt, dass die Kronbeinzyste als
subchondraler zystoider Defekt bei dem streitgegenständliche Fohlen bereits zum
Zeitpunkt der ersten Röntgenuntersuchung am 23.10.2017 vorlag, mithin 23 Tage
nach Übergabe dieses Fohlens durch den Beklagten an die Klägerin.
113Insofern
ist das erkennende Gericht vorliegend hier auch zu dem Schluss gelangt, dass
die streitgegenständlichen Kronbeinzyste schon bei Gefahrübergang bei dieser
Stute vorgelegen hat.
114Die
Ausführungen der Sachverständigen vermochten das Gericht insofern aber nicht
davon zu überzeugen, dass dies ein Mangel im Sinne des Gesetzes war.
115Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB muss ein Tier im
Sinne des § 90a BGB nämlich nur eine
Beschaffenheit aufweisen, die bei Tieren der gleichen Art üblich ist. Dieses
Erfordernis deckt sich teilweise, aber nicht vollständig mit dem Merkmal der
Eignung für die gewöhnliche Verwendung. Denn wenn das Tier nicht zur
gewöhnlichen Verwendung geeignet ist, weist es auch nicht die bei Tieren der
gleichen Art übliche Beschaffenheit auf. Andersherum vermag ein Tier durchaus
zur gewöhnlichen Verwendung geeignet sein, obwohl es die übliche Beschaffenheit
nicht aufweist.
116Vergleichsmaßstab
ist hierbei die übliche Beschaffenheit von Tieren gleicher Art, d.h. hier von
Stutenfohlen von K…, aber auch von anderen Züchtern (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.01.2013, Az.: 3 U 142/11, u.a. in:
BeckRS 2014, Nr.: 01863 = „juris“; OLG Köln, Urteil vom 27.04.2010, Az.: I-15 U 185/09, u.a. in: NJW-RR 2011, Seiten
61 ff.; OLG Düsseldorf,
Urteil vom 18.01.2008, Az.: I-17 U 2/07, u.a. in: NJW-RR 2008, Seiten
1230 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.06.2007, Az.: 9 U 239/06, u.a. in: NJW-RR 2008, Seiten 137
f.; OLG Stuttgart,
Urteil vom 08.11.2007, Az.: 19 U 52/07, u.a. in: BeckRS 2012, Nr.: 05403
= „juris“ OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2005, Az.: I-3 U 12/04, u.a. in: NJW 2005, Seiten 2235
f. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 14.02.2008,
Az.: 15 U 5/07, u.a. in:
ZGS 2008, Seiten 315 ff.; LG Hagen/Westfalen, Urteil
vom 18.09.2009, Az.: 8 O 344/08, u.a. in:
BeckRS 2009, Nr.: 27556 = „juris“).
117Welche
Beschaffenheit hinsichtlich des gekauften Tieres die Parteien vereinbart haben,
ergibt sich aus der Auslegung des Kaufvertrages. Zur vereinbarten
Beschaffenheit im Sinne des § 434 BGB gehören alle
Eigenschaften des Tieres, die nach der Vereinbarung der Parteien den
vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich
geschuldete Erfolg bestimmt sich aber auch danach, welche Funktion dieses Tier
nach dem Willen der Parteien erfüllen soll.
118Der
Bundesgerichtshof hat deshalb grundsätzlich bei Kaufverträgen eine Abweichung
von der üblichen bzw. vereinbarten Beschaffenheit und damit einen Fehler im
Sinne des § 434 BGB angenommen, wenn
die erworbene Sache (hier das Pferd) den mit dem Vertrag verfolgte Zweck nicht
erreichen kann und die Kaufsache ihre vereinbarte oder nach dem Vertrag
vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (BGH, Urteil vom 08.11.2007, Az.: VII ZR 183/05, u.a. in: NJW 2008,
Seiten 511 ff.; BGH,
Beschluss vom 25.01.2007, Az.: VII ZR 41/06, u.a. in: NZBau 2007, Seite 243; BGH, Urteil vom 15.10.2002, Az.: X ZR 69/01, u.a. in: BauR 2003,
Seiten 236 ff. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom
24.01.2013, Az.: 3 U 142/11, u.a. in:
BeckRS 2014, Nr.: 01863 = „juris“; OLG
Stuttgart, Urteil vom 08.11.2007, Az.: 19 U 52/07, u.a. in: BeckRS 2012, Nr.: 05403
= „juris“; OLG Köln,
Urteil vom 21.12.2005, Az.: 11 U 46/05, u.a. in: NJW-RR 2006, Seiten 677
f.).
119Das gilt
unabhängig davon, ob die Parteien ein bestimmtes Pferd (OLG
Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2003, Az.: I-21 U 100/02, u.a. in:
„juris“; OLG Celle, Urteil
vom 13.09.2007, Az.: 8 U 116/07, u.a. in: RdL 2008, Seiten
37 f.; OLG Saarbrücken,
Urteil vom 24.05.2007, Az.: 8 U 328/06-85, u.a. in: RdL 2008,
Seiten 10 ff.; AG Brandenburg an der Havel, Urteil
vom 26.04.2010, Az.: 34 C 139/09, u.a. in:
NJW-RR 2010, Seiten 1293 f.) oder eine bestimmte Linie oder Abstammung bzw.
irgendetwas anderes (zu „Kinderlieb“ vgl.: AG Halle/Saale, Urteil vom 25.10.2011 Az.: 95 C 881/11, u.a. in:
„juris“) vereinbart haben.
120Wenn –
wie hier – ein Formzwang bzgl. des Kaufvertrages nicht besteht, müssen (ggf.
auch konkludent getroffene) Beschaffenheitsvereinbarungen der Kaufsache auch
nicht in einer schriftlichen Vertragsurkunde selbst mit aufgenommen werden (OLG Koblenz, Urteil vom 01.04.2004, Az.: 5 U 1385/03, u.a. in: NJW 2004,
Seiten 1670 f.). In solchen Fällen ist somit eine Anwendung dieser Grundsätze
auch hier geboten.
121Gestützt
auf die Zeugenaussage und vor allem auch aufgrund des vorliegend eingeholten
Gutachtens der Sachverständigen ist hier aber nicht von einem Sachmangel
hinsichtlich der streitbefangenen Stute im Sinne von § 434 BGB auszugehen.
122Die
zeitweilige (d.h. ca. 3 Wochen) anhaltende Lahmheit des streitbefangenen
Pferdes nach dem Transport vom 30.09.2017 in einem Pferdeanhänger über eine
Fahrstrecke von ca. 350 km und über mehreren Stunden hinweg kann isoliert
betrachtet auch nicht als Mangel gewertet werden. Diese zeitweilige Lahmheit
kann nämlich – auch nach den Ausführungen der Sachverständigen – vielfache
Ursachen haben und war zudem auch nur vorübergehender Natur. Es kommt daher auf
die Ursache der Lahmheit an und darauf, ob dieser ein als Sachmangel
einzuordnender Krankheitswert zukommt (OLG Köln, Urteil vom 26.11.2014, Az.: I-11 U 46/14, u.a. in: MDR 2015,
Seiten 381 f.; OLG München,
Urteil vom 23.12.2009, Az.: 3 U 2181/08, u.a. in: RdL 2010,
Seiten 295 ff.).
123Der
Ursachenzusammenhang zwischen der Kronbeinzyste und Lahmheit ist vielmehr
entsprechend den Regeln des tierärztlichen Untersuchungsganges mittels der
entsprechenden Diagnostik zu beweisen (OLG München, Urteil vom 23.12.2009, Az.: 3 U 2181/08, u.a. in: RdL 2010,
Seiten 295 ff.).
124Entgegen
der Ansicht der Klägerseite ist bei Vorliegen einer Kronbeinzyste nämlich noch
nicht von einem Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auszugehen. Zwar wäre
das Pferd nach § 434 BGB mangelhaft, wenn es
sich mit Rücksicht auf die Kronbeinzyste für die gewöhnliche Verwendung, die
unter den hier gegebenen Umständen mit der im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB vertraglich
vorausgesetzten Verwendung als Reitpferd übereinstimmt (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 26.04.2017, Az.: VIII ZR 80/16, u.a. in: NJW 2017, Seite 2817), nicht eignen oder eine
Beschaffenheit nicht aufweisen würde, die bei Sachen der gleichen Art üblich
ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Insoweit hat die
Klägerseite jedoch die Anforderungen, die bei Fehlen einer gesonderten
Beschaffenheitsvereinbarung nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs an die körperliche Verfassung eines Tieres beziehungsweise
Reitpferdes zu stellen sind, hier verkannt.
125Der
Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende
Beschaffenheitsvereinbarung nicht gesondert getroffen wird, (lediglich) dafür
einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch
nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen
bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass
es alsbald erkranken wird (BGH,
Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018, Seiten
150 ff.; BGH, Urteil vom
29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.) und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich
vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre.
126Vor
diesem Hintergrund hat die herrschende Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.: OLG Hamm,
Urteil vom 28.01.2019, Az.: 2 U 98/18, u.a. in: BeckRS 2019, Nr. 7050 = „juris“; OLG Köln, Urteil vom 25.08.2017, Az.: 6 U 188/16, u.a. in: BeckRS 2017, Nr. 145417 = „juris“; OLG München, Urteil vom 23.12.2009, Az.: 3 U 2181/08, u.a. in: RdL 2010,
Seiten 295 ff.; LG Frankenthal, Urteil vom 05.12.2017, Az.: 7 O 385/15, u.a. in: „juris“) bereits
mehrfach ausgesprochen, dass die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes
für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als
Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt wird, dass aufgrund von
Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe
Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome
entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.
127Ebenso
wenig gehört es zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres, dass es in jeder
Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“ entspricht (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; OLG Köln,
Urteil vom 25.08.2017, Az.: 6 U 188/16, u.a. in: BeckRS 2017, Nr. 145417 = „juris“; LG Frankenthal, Urteil vom 05.12.2017,
Az.: 7 O 385/15, u.a. in: „juris“).
128Diese
Wertung trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Tieren um Lebewesen
handelt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und die – anders als
Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich
daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.).
129Die
röntgenologische Veränderung in Form eines Kronbeinzyste, die die sehr sorgfältig
und versiert arbeitende Sachverständige bei dem Pferd hier festgestellt hat,
begründeten isoliert betrachtet – d.h. also, dass ohne zugleich klinische
Erscheinungen wie Lahmheit auftreten – somit noch keinen Sachmangel im Sinne
des Gesetzes, auch wenn diese Kronbeinzyste schon während der Übergabe des
Pferdes am 30.09.2017 vorgelegen hat.
130Selbst
bei einem hochpreisigen Dressurpferd begründet das Vorhandensein eines
„Röntgenbefundes“, sofern die Kaufvertragsparteien keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung
geschlossen haben, für sich genommen nämlich grundsätzlich noch keinen
Sachmangel nach § 434 BGB (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.; OLG Hamm,
Urteil vom 28.01.2019, Az.: 2 U 98/18, u.a. in: BeckRS 2019, Nr. 7050 = „juris“; OLG Koblenz, Urteil vom 14.04.2016, Az.: 1 U 254/15, u.a. in: RdL 2016, Seiten
156 f.; OLG Koblenz, Urteil
vom 21.05.2015, Az.: 1 U 1382/14, u.a. in: NJW-RR 2015,
Seiten 1192 f.; OLG München,
Urteil vom 23.12.2009, Az.: 3 U 2181/08, u.a. in: RdL 2010,
Seiten 295 ff.; OLG Celle,
Urteil vom 31.05.2006, Az.: 7 U 252/05, u.a. in: RdL 2006, Seiten
209 f.; OLG Hamm, Urteil vom
05.07.2005, Az.: 26 U 2/05, u.a. in: NJOZ 2006, Seite 4207 = „juris“; LG Mainz, Urteil vom 27.10.2014, Az.: 9 O 148/14, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 13713).
131Eine
Krankheitsdisposition ist somit nur dann als Mangel zu qualifizieren, wenn sie
zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Erkrankung führt.
Röntgenbefunde ab Klasse II bei Reitpferden ohne klinischen Symptome werden
daher in der herrschenden Rechtsprechung für sich allein noch nicht als
Sachmangel eingeordnet (BGH,
Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.; OLG Hamm,
Urteil vom 28.01.2019, Az.: 2 U 98/18, u.a. in: BeckRS 2019, Nr. 7050 = „juris“; OLG Koblenz, Urteil vom 14.04.2016, Az.: 1 U 254/15, u.a. in: RdL 2016, Seiten
156 f.; OLG Koblenz, Urteil
vom 21.05.2015, Az.: 1 U 1382/14, u.a. in: NJW-RR 2015,
Seiten 1192 f.; OLG München,
Urteil vom 23.12.2009, Az.: 3 U 2181/08, u.a. in: RdL 2010, Seiten
295 ff.; OLG Celle, Urteil
vom 31.05.2006, Az.: 7 U 252/05, u.a. in: RdL 2006, Seiten
209 f.; OLG Hamm, Urteil vom
05.07.2005, Az.: 26 U 2/05, u.a. in: NJOZ 2006, Seite 4207 = „juris“; LG Mainz, Urteil vom 27.10.2014, Az.: 9 O 148/14, u.a. in: BeckRS 2015, Nr. 13713; LG
Stendal, Beschluss vom 18.05.2009, Az.: 22 S 148/08, u.a. in: BeckRS 2009, Nr. 21034 = „juris“).
132Auch die
Zuordnung der von dem Pferd angefertigten Röntgenbilder in die Röntgenklasse IV
führt hier somit noch nicht zur Annahme eines zur Minderung berechtigenden
Mangels im Sinne des Kaufvertragsrechts. Ein Mangel liegt nämlich nicht vor,
wenn die Röntgenklasse IV ohne jedwede Symptombildung gegeben ist. Liegen keine
klinischen Symptome wie Lahmheit u.a. vor, so liegt auch ein Mangel nicht
darin, dass mit einer gewissen (prozentualen) Wahrscheinlichkeit in Zukunft
Symptome bei dem jeweiligen Pferd mit der entsprechenden Röntgenklasse
auftreten könnten. Im vorliegenden Fall sind derartige Symptome bei dem Pferd
derzeitig weder dargetan noch sonst ersichtlich. Allein die Zuordnung eines Pferdes
in eine bestimmte (schlechte) Röntgenklasse rechtfertigt somit nicht das
Vorliegen eines Mangels, der zur Minderung des Kaufpreises berechtigen könnte (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; OLG Hamm,
Urteil vom 28.01.2019, Az.: 2 U 98/18, u.a. in: BeckRS 2019, Nr. 7050 = „juris“; OLG Koblenz, Urteil vom 14.04.2016, Az.: 1 U 254/15, u.a. in: RdL 2016, Seiten
156 f.; OLG Koblenz, Urteil
vom 21.05.2015, Az.: 1 U 1382/14, u.a. in: NJW-RR 2015,
Seiten 1192 f.; OLG München,
Urteil vom 23.12.2009, Az.: 3 U 2181/08, u.a. in: RdL 2010,
Seiten 295 ff.; LG Stendal,
Beschluss vom 18.05.2009, Az.: 22 S 148/08, u.a. in: BeckRS 2009, Nr. 21034 = „juris“). Hierbei kommt
es auch nicht entscheidend darauf an, wie häufig derartige Röntgenbefunde
vorkommen (BGH, Urteil vom
18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.).
133Die
Vertragsparteien haben vor Abschluss des Kaufvertrages zudem unstreitig auf
eine Röntgenuntersuchung verzichtet, so dass sich der Aussagegehalt der
Untersuchung des Pferdes auch nur auf das beziehen kann, was ohne Röntgenbilder
diagnostiziert werden konnte. Dies bedeutet nicht, dass die Klägerin etwa das
Risiko unentdeckter gesundheitlicher Mängel übernommen hätte, jedoch kann eine
Beschaffenheitsvereinbarung nur so weit gehen, wie Untersuchungen durchgeführt
worden sind. Sie kann sich also nicht auf nicht untersuchte Bereiche und
Krankheiten erstrecken (OLG Köln,
Urteil vom 25.08.2017, Az.: 6 U 188/16, u.a. in: BeckRS 2017, Nr. 145417 = „juris“; OLG Hamm, Urteil vom 24.02.2006, Az.: 19 U 116/05, u.a. in: BeckRS 2007, Nr. 675 = „juris“).
134Da
sofern die hiesigen Vertragsparteien keine anderslautende
Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen
haben, kann die Klägerin als Käuferin eines mit individuellen Anlagen
ausgestatteten Pferdes somit auch nicht erwarten, dass dieses Pferd dem
physiologischen oder biologischen Ideal entspricht. Ebenso wenig wird die
vertraglich vorausgesetzte Verwendung eines Reitpferdes dadurch beeinträchtigt,
dass aufgrund physiologischer Normabweichungen ein gewisses Risiko für die
Entwicklung klinischer Symptome besteht (OLG Hamm, Urteil vom 28.01.2019, Az.: 2 U 98/18, u.a. in: BeckRS 2019, Nr. 7050 = „juris“).
135Eine
andere Bewertung wäre erst dann geboten, wenn eine alsbaldige Erkrankung
bereits beim Gefahrübergang sehr wahrscheinlich war und das Risiko einer
Einbuße der Verwendungsmöglichkeit als Reitpferd deutlich über die für ein
Lebewesen typischen Entwicklungsunsicherheiten hinausging (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; OLG Hamm,
Urteil vom 28.01.2019, Az.: 2 U 98/18, u.a. in: BeckRS 2019, Nr. 7050 = „juris“).
136Im
Streitfall hatten die Parteien aber eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne
bestimmter röntgenologischer Anforderungen gerade nicht getroffen, die die
Stute erfüllen musste.
137Ferner
steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch immer noch nicht fest, dass das
Einsetzen einer Lahmheit bei dieser Stute überhaupt noch eintreten wird, da sie
schon ca. 2½ Jahre nicht mehr gelahmt hat, so dass eine eintretende Lahmheit
nach Ablauf dieser Zeit wohl auch nicht sehr wahrscheinlich ist. Zwar hat die
Sachverständige nachvollziehbar erläutert, dass eine Kronbeinzyste zu einer
Lahmheit führen kann. Eine hohe Wahrscheinlichkeit vermochte sie jedoch nicht
festzustellen.
138Denn der
Käufer eines lebenden Tieres kann, wie die Rechtsprechung ebenfalls
ausgesprochen hat, redlicher weise nicht erwarten, dass er auch ohne besondere
(Beschaffenheits-)Vereinbarung ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhält, sondern
muss im Regelfall damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier in der einen
oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist,
wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020, Seiten
389 ff.; BGH, Urteil vom
18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.).
139Auch die
damit verbundenen Risiken für die spätere Entwicklung des Tieres sind für
Lebewesen typisch und stellen für sich genommen noch keinen vertragswidrigen
Zustand dar, denn der Verkäufer eines Tieres haftet nicht für den Fortbestand
des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustands (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 18.10.2017, Az.: VIII ZR 32/16, u.a. in: NJW 2018,
Seiten 150 ff.; BGH, Urteil
vom 29.03.2006, Az.: VIII ZR 173/05, u.a. in: NJW 2006,
Seiten 2250 ff.).
140Im
Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme sind Anhaltspunkte dafür, dass
angesichts der bei dieser Stute vorhandenen Kronbeinzyste die Sicherheit oder
zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das von der Klägerin
erworbene Pferd als Reitpferd nicht mehr einsetzbar sein wird, jedoch nicht
festzustellen. Hierfür genügt die von der Sachverständigen bejahte etwaige
Möglichkeit, die sich später ggf. noch negativ auf die Gebrauchstauglichkeit
auswirken könnte, nämlich noch nicht. Denn ein solcher Verdacht bliebe hinter
dem nach der herrschenden Rechtsprechung anzulegenden Maßstab der Sicherheit
oder zumindest der hohen Wahrscheinlichkeit klinischer Auswirkungen zurück (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.).
141Nur wenn
sich der Röntgenbefund im hiesigen Fall klinisch insofern ausgewirkt hätte, als
dass das Pferd nach den Angaben der Sachverständigen mit hoher
Wahrscheinlichkeit nicht als Reitpferd eingesetzt werden könne, wäre dies ggf.
anders zu bewerten gewesen.
142Die
bloße Möglichkeit, dass irgendwann in der Zukunft sich eine Lahmheit manifest
und dadurch möglicherweise die Reiteigenschaft der Stute gemindert wird oder
gänzlich verloren geht, genügt aber nicht, um einen Mangel des Pferdes bei
Gefahrübergang bejahen zu können. Der Verkäufer eines Tieres haftet nämlich
nicht für den Fortbestand des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustandes
(BGH, Urteil vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.05.2014, Az.: I-13 U 116/13, u.a. in: BeckRS 2014, 123842 = „juris“).
143Auf
Grund der Beweisaufnahme steht hier aber gerade nicht zur Überzeugung des
Gerichts fest, dass die vorhandene Kronbeinzyste zumindest ein hohes Risiko
dahingehend begründet, dass das Pferd jeder Zeit aufgrund von Schmerzen nicht
geritten werden kann. Insofern liegt im vorliegenden Fall dann aber auch ein
Mangel im Sinne des § 434BGB nicht vor, selbst wenn
die Kronbeinzyste schon bei Übergabe des Pferdes an die Kläger vorhanden war.
144Auch die
Annahme der Klägerin und der Sachverständigen, dass derartige Kronbeinzysten
bei einem Pferd bei Kaufinteressenten gewisse Bedenken hervorrufen und insofern
dem vom Beklagten veräußerten Pferd einen preismindernden Makel einer
erheblichen Vorschädigung verleihen, rechtfertigt die Annahme eines Sachmangels
ebenfalls nicht, da auch die Ausführungen der Sachverständigen hierzu und zu der
Höhe der vermeintlichen Minderung bereits nicht erkennen lassen, auf welchen
tatsächlichen Feststellungen diese Beurteilung beruht.
145Überdies
hat die Klägerseite hier auch insoweit einen unzutreffenden Maßstab angelegt.
Die Klägerin hat nämlich verkannt, dass es nicht entscheidend darauf ankommt,
welche Beschaffenheit der Käufer (oder der Markt) tatsächlich erwartet und wie
er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert. Der § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB stellt vielmehr
darauf ab, welche Beschaffenheit der Käufer nach der Art der Sache erwarten
kann und erklärt damit die objektiv berechtigte Käufererwartung für maßgebend (BGH, Urteil vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.).
146Etwaige
Preisabschläge beim Weiterverkauf, die darauf zurückzuführen sind, dass „auf
dem Markt“ bei der Preisfindung von einer besseren als der üblichen
Beschaffenheit von Sachen der gleichen Art ausgegangen wird, vermögen einen
Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB jedoch nicht zu
begründen (BGH, Urteil vom
30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18, u.a. in: NJW 2020,
Seiten 389 ff.; BGH, Urteil
vom 07.02.2007, Az.: VIII ZR 266/06, u.a. in: NJW 2007,
Seiten 1351 ff.).
147Eine
Minderung des Kaufpreises ist damit aber gemäß § 437 und § 441 BGB hier nicht
gerechtfertigt.
148Aufgrund
dessen ist dann aber der Beklagte auch der Klägerin gegenüber hier nicht zur
Rückerstattung des anteiligen Kaufpreises in Höhe von 2.650,00 Euro
verpflichtet, da die Voraussetzungen dafür gemäß § 437 Nr. 2 und § 441 BGB nicht erfüllt sind,
weil die von dem Beklagten am 30.09.2017 der Klägerin übergebene Stute –
entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme – nicht mit gesundheitlichen Mängeln
behaftet war. Ein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises steht der Klägerin
danach hier gegenüber dem Beklagten nicht zu, so dass die Klage abzuweisen ist.
149Bei dem
hier durch die Klägerin u.a. noch geltend gemachten Zahlungsanspruch gegenüber
dem Beklagten bezüglich der vorprozessualen/außergerichtlichen
Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 334,75 Euro, die nach der
Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) nicht in voller Höhe auf
die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet werden, handelte
es sich im Übrigen um eine Nebenforderung im Sinne des § 4 ZPO, die bei der
Streitwertberechnung unberücksichtigt zu bleiben hat (BGH, FamRZ 2007, Seiten
808 f.; BGH, NJW 2006, Seiten 2560 f.; BGH, BB 2006, Seite 127; OLG Celle, AGS
2007, Seite 321; OLG Frankfurt/Main, RVGreport
2006, Seiten 156 f.; OLG Oldenburg, NdsRpfl. 2006, Seite 132; OLG Celle, OLG-Report
2006, Seite 630; OLG Köln, RVG-Report 2005, Seite
76; LG Berlin, JurBüro 2005, Seite 427; AG
Hamburg, Urteil vom 18.09.2006, Az.: 644 C 188/06; AG Brandenburg an der
Havel, NJOZ 2006, Heft 35, Seiten 3254 ff.).
150Anspruchsvoraussetzung
des materiell-rechtlichen Kostenersatzbegehrens ist jedoch das Bestehen einer
sachlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage, nämlich dass der Schuldner wegen einer
Vertragsverletzung, Verzugs oder sonstigen Rechtsverletzung für den adäquat
verursachten Schaden einzustehen hat. Wird der materiell-rechtliche
Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet,
geltend gemacht, ist er somit von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig, so
dass es sich bei den zur Durchsetzung eines Anspruchs vorprozessual
aufgewendeten und unter dem Gesichtspunkt des materiell-rechtlichen
Kostenerstattungsanspruch geltend gemachten Geschäftsgebühren um eine
Nebenforderung im Sinne von § 4 ZPO handelt, die nur dann
gerechtfertigt geltend gemacht wird, wenn der Kläger in der Hauptsache obsiegt.
Dies ist hier aber gerade nicht der Fall. Der insofern geltend gemachte Betrag
wirkt sich deshalb aber hier auch nicht werterhöhend aus. Durch das
Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes hat sich daran nichts
geändert, da die einschlägigen Wertvorschriften inhaltlich unverändert
geblieben sind. Insofern ist die Klage auch diesbezüglich hier abzuweisen
gewesen.
151Die
Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits stützt sich auf § 91 ZPO.
152Der
Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich der
Verurteilung der Klägerin im Kostenpunkt auf § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
153Der
Streitwert des Rechtsstreits ist hier zudem noch durch das Gericht festzusetzen
gewesen.
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Feststellung: Alter und Stammbaum sind wertbildende Faktoren bei einem Pferdekauf und damit verkehrswesentliche Eigenschaften im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB und können grundsätzlich zur Anfechtung berechtigen.
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Welche Feststellungen hat das Gericht getroffen? (a) Die Vereinbarung einer Reitbeteiligung zwischen Pferdehalterin und Reiterin, die es der Reiterin erlaubt, gegen Zahlung eines regelmäßigen Entgelts und Unterstützung im Stall an bestimmten Tagen selbstständige Ausritte mit dem Pferd machen zu dürfen, begründet keine Mithaltereigenschaft der Reiterin. (b) Eine solche Reitbeteiligung rechtfertigt auch dann nicht ohne weiteres die Annahme eines stillschweigend vereinbarten Haftungsausschlusses, wenn Unfälle im Rahmen einer Reitbeteiligung vom Versicherungsschutz der Pferdehalterin ausgenommen sind. (c) Stürzt die Reiterin bei einem selbstständigen Ausritt und kann diese sich nicht entlasten, ist bei der Prüfung der Ersatzansprüche gegen die Pferdehalterin ein vermutetes Mitverschulden der Reiterin als Tieraufseherin anspruchsmindernd zu berücksichtigen. (d) Bei Unaufklärbarkeit der näheren Umstände des Sturzes können die Haftungsanteile der Halterin und der Reiterin gleich hoch, also 50:50, zu bewerten sein.
Was war geschehen bzw. welcher Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde? Im streitgegenständlichen Fall wünschte die Klägerin als gesetzliche Krankenversicherung einer Reiterin vom Gericht die Feststellung des Bestehens von Schadensersatzansprüchen ihres Mitglieds aufgrund eines Reitunfalls. Zwischen der Reiterin und der beklagten Eigentümerin des Pferdes bestand dabei eine Vereinbarung dahingehend, dass die Reiterin das Pferd an 3 Tagen die Woche nach Belieben ausreiten durfte und hierfür monatlich EUR 100 zu zahlen hatte. Kurzum: es wurde eine Reitbeteiligung vereinbart. Sodann kam es zum worst case-Szenario: die Reitbeteiligung stürzte bei einem Ausritt auf der Koppel vom Pferd und erlitt eine Querschnittslähmung. Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 12.4.2013, Az.: 12 O 7714/12) hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung der klagenden Krankenversicherung dagegen hatte jedoch (zumindest) teilweise Erfolg.
Wie hat das Gericht seine Entscheidung begründet bzw. welche Feststellungen wurden im Einzelnen getroffen?
Aus den Gründen (m. Leseziffern; mitgeteilt von der 4. Zivilkammer des OLG Nürnberg; veröffentlicht in NJW-RR 2017, 1173):
„16 B. Die Bekl. hat der Kl. aus übergegangenem Recht 50 % des Schadens und Aufwands zu ersetzen, der in der Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Reitunfall vom 8.10.2009 der H entsteht und entstanden ist.
17 I. Die Feststellungsklage ist zulässig.
Prozessvoraussetzung einer Feststellungsklage ist neben den allgemeinen
Sachurteilsvoraussetzungen das schutzwürdige Interesse der Klagepartei an
alsbaldiger Feststellung des Bestehens des behaupteten Rechtsverhältnisses, §
256 ZPO. Im vorliegenden Fall hat die Kl. in der Vergangenheit für ihr bei dem
Reitunfall verletztes Mitglied H bereits Leistungen in einem Umfang erbracht,
den sie bis zur Klageeinreichung mit 129.177,83 Euro beziffert. Da die
Geschädigte bei dem Reitunfall eine Querschnittslähmung erlitten hat, ist auch
in Zukunft mit Leistungen der Kl. für die Geschädigte in erheblichem Umfang zu
rechnen. Es ist deshalb nicht möglich, den Schaden abschließend zu beziffern.
18 II. Die Bekl. hat als Halterin des Pferds S gem. § 833 S.
1 BGB den durch ihr Pferd verursachten Schaden zu ersetzen, der dadurch
entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Geschädigte am 8.10.2009 beim
Reiten verunfallt ist und hierbei eine Querschnittslähmung erlitten hat. Die
Haftung der Bekl. ist weder durch eine freiwillige Risikoübernahme der
Geschädigten noch durch einen ausdrücklichen oder konkludenten
Haftungsausschluss beschränkt oder ausgeschlossen. Der Umfang der Haftung ist
jedoch auf die Erstattung der Hälfte der berechtigten Ansprüche reduziert, da
es der Kl. nicht gelungen ist, die zulasten der Geschädigten als Tieraufseherin
gem. § 834 S. 1 BGB sprechende Vermutung einer Pflichtverletzung und ihrer
Ursächlichkeit für den Schaden zu entkräften. Die Abwägung der beiderseitigen
Haftungsanteile in entsprechender Anwendung des § 254 BGB führt hier dazu, dass
die Bekl. die Hälfte des Schadens zu tragen hat. Die in der Person der Geschädigten
entstandenen Ansprüche sind gem. § 116 I 1 SGB X auf die Kl. übergegangen.
19 1. Die Kl. ist für die Geltendmachung des
Feststellungsanspruchs aktivlegitimiert. Die Schadensersatzansprüche der
Geschädigten aus dem Reitunfall sind gem. § 116 I SGB X auf die Kl. als
gesetzliche Krankenversicherung übergegangen.
20 2. Die Bekl. war Halterin des Pferds S. Das Pferd war
nicht dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt der Bekl. zu dienen
bestimmt. Die Bekl. hat deshalb nach den Grundsätzen der Gefährdungshaftung
gem. § 833 S. 1 BGB für den Schaden einzustehen, der durch das Pferd verursacht
worden ist. Die Haftung des Pferdehalters aus § 833 I BGB gilt grundsätzlich
auch zugunsten des Reiters, der durch die Tiergefahr des Pferds verletzt wird (stRspr,
vgl. BGH, NJW 1977, 2158; NJW 1993, 2611; NJW 2013, 2661).
21 3. Die Geschädigte, die mit der Bekl. vereinbart hatte,
das Pferd an einzelnen Tagen gegen Zahlung von monatlich 100 Euro selbstständig
reiten zu dürfen, wurde hierdurch nicht zur (Mit-)Halterin des Pferds.
22 Die Vereinbarung einer derartigen „Reitbeteiligung“
ändert nichts an der Haltereigenschaft der Bekl. und begründet ebenso wie der
Reitvorgang als solcher keine (Mit-)Haltereigenschaft der Geschädigten (vgl.
OLG Schleswig, Urt. v. 21.6.2007 – 7 U 50/06, BeckRS 2008, 02817; OLG Frankfurt
a. M., NJW-RR 2009, 894). Auch unter Zugrundelegung der eigenen Angaben der
Bekl. zu den Einzelheiten der Vereinbarung, wonach die Geschädigte neben
Zahlung des Entgelts an den Reittagen das Pferd auch füttern und den Stall
ausmisten sollte, behielt die Bekl. auch an den Reittagen der Geschädigten das
Bestimmungsrecht über das Tier. Die Bekl. gab vor, auf welchen Flächen die
Geschädigte das Pferd reiten durfte und untersagte der Geschädigten, andere Personen
auf dem Pferd reiten zu lassen. Die Stallkosten, die Pacht für die Koppel sowie
die Kosten für Futter, Tierarzt und Versicherung wurden alleine von der Bekl.
getragen. Das von der Geschädigten an die Bekl. zu zahlende Entgelt deckte nur
einen geringen Teil der laufenden Kosten ab. An unvorhergesehenen Ausgaben,
etwa im Falle einer Verletzung oder Krankheit des Tiers, war die Geschädigte
ohnehin nicht beteiligt.
23 4. In dem Unfallgeschehen hat sich die spezifische
Tiergefahr des Pferds verwirklicht.
24 Aufgrund der glaubhaften Angaben der Geschädigten zum
Unfallhergang ist das Pferd beim Reiten auf der Koppel durchgegangen, nachdem
die Geschädigte bereits eine gewisse Zeit in den Gangarten Schritt, Trab und
Galopp geritten war. Aus der Lage der Zügel, die sich nach dem Sturz der
Geschädigten über dem Kopf des Pferds befanden, kann geschlossen werden, dass
die Geschädigte über den Kopf des Tiers gestürzt ist beziehungsweise abgeworfen
wurde. Eine genauere Aufklärung des Unfallhergangs ist nicht mehr möglich, da
die Geschädigte selbst nur noch lückenhafte Erinnerungen hat und weder der
Zeuge H noch die Bekl. den Sturz beobachtet haben. Es bleibt daher auch
unaufklärbar, aus welchem Grund das Pferd plötzlich losgerannt ist.
25 Der Grund für die strenge Tierhalterhaftung liegt jedoch
gerade in der typischen Tiergefahr, das heißt in dem der Natur des Tiers
entsprechenden unberechenbaren selbstständigen Verhalten und der dadurch hervorgerufenen
Gefährdung von Rechtsgütern Dritter (BGH, NJW 2014, 2434). Dadurch, dass das
Pferd aus Sicht der Geschädigten ohne erkennbaren Grund durchgegangen und
plötzlich losgerannt ist, entstand für die Geschädigte aus dem Verhalten des
Tiers eine schwer beherrschbare Gefahr, die sich schließlich in dem Sturz vom
Pferd verwirklichte. Dabei kann es letztlich dahinstehen, ob sich die
Geschädigte allein wegen des plötzlichen Loslaufens des Pferds nicht mehr im
Sattel halten konnte oder ob das Pferd zusätzlich abrupt gestoppt oder sogar
hinten hoch gegangen ist. Die typische Tiergefahr hat sich in jedem Fall
verwirklicht. Anhaltspunkte für den von der Bekl. für möglich gehaltenen
Unfallhergang, wonach das Pferd auf der Koppel stand, Gras fressen wollte und den
Kopf gesenkt hat und die Geschädigte dabei vom Pferd gefallen sei, sind in der
Beweisaufnahme nicht zutage getreten. Die Geschädigte als einzige Zeugin des
Unfalls konnte diesen Hergang ausschließen.
26 Selbst ein denkbarer Reitfehler der Geschädigten, der zu
dem plötzlichen Losrennen des Pferds oder zu dessen abruptem Stehenbleiben
geführt haben könnte, würde nichts an der Verwirklichung der spezifischen
Tiergefahr ändern und kann nur bei der Prüfung des Mitverschuldens des Reiters
zu berücksichtigen sein (BGH, NJW 1999, 3119).
27 5. Die Haftung der Bekl. ist weder durch eine freiwillige
Risikoübernahme der Geschädigten noch durch einen ausdrücklichen oder
konkludent vereinbarten Haftungsausschluss beschränkt oder ausgeschlossen.
28 a) Unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr
oder der freiwilligen Risikoübernahme kann die Haftung des Pferdehalters dann
entfallen, wenn sich der Geschädigte bewusst einer besonderen Gefahr aussetzt,
die über die normalerweise mit dem Reiten verbundene Gefahr hinausgeht (BGH,
NJW 1992, 2474; NJW-RR 2006, 813; NJW 2013, 2661; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 390).
Derartigen, über die gewöhnliche Reitgefahr hinausgehenden Risiken (zB beim
Zureiten, Dressur- oder Springreiten) hat sich die Geschädigte hier nicht
ausgesetzt. Dass das Pferd nach den Bekundungen der Zeugin bereits früher
einmal durchgegangen war, begründet kein besonderes, ungewöhnliches Risiko,
zumal es der Geschädigten damals gelungen war, gefahrlos mit der Situation
umzugehen. Eine besondere, über die gewöhnliche Tiergefahr eines Reitpferds
hinausgehende Gefährlichkeit des Pferds S wird auch von der Bekl. nicht
vorgetragen.
29 b) Die Bekl. hatte mit der Geschädigten keinen
Haftungsausschluss vereinbart. Die Vereinbarung eines ausdrücklichen
Haftungsausschlusses wird nicht behauptet. Auch die Annahme eines konkludenten
Haftungsausschlusses ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des
vorliegenden Falls und der Interessenlage der Bet. nicht gerechtfertigt.
30 Wegen der weitreichenden Konsequenzen kann von einem
stillschweigenden Haftungsausschluss zwischen Pferdehalter und Reiter nur im
Ausnahmefall ausgegangen werden. Die Qualifizierung der Überlassung des Pferds
zum selbstständigen Reiten als „Reitbeteiligung“ rechtfertigt für sich genommen
ebenso wenig die Annahme einer Haftungsfreistellung wie der Umstand, dass die
Überlassung auch Elemente einer Gefälligkeit aufwies.
31 Die Vereinbarung einer Reitbeteiligung oder die
Überlassung des Pferds gefälligkeitshalber rechtfertigt im Wege ergänzender
Vertragsauslegung auf der Grundlage von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann
eine Haftungsfreistellung des Tierhalters, wenn die Überlassung des Tiers im
besonderen Interesse des Geschädigten lag und dieser sich deshalb einem
ausdrücklichen Ansinnen eines Haftungsverzichts, wäre es an ihn gestellt
worden, billigerweise nicht hätte verschließen können (BGH, NJW 1992, 2474 mwN;
NJW-RR 2017, 272 = r + s 2016, 424; OLG Schleswig, Urt. v. 29.2.2012 – 7 U
115/11, BeckRS 2013, 02597). Bei den hierbei anzustellenden
Billigkeitserwägungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Pferdehalter gegen
Haftpflicht versichert ist, denn eine Haftungsbeschränkung, die nicht den
Schädiger, sondern den Haftpflichtversicherer entlastet, entspricht in der
Regel nicht dem Willen der Bet. (BGH, NJW-RR 2017, 272 = NZM 2017, 303 = r + s
2016, 424).
32 Aufgrund der Angaben der informatorisch angehörten Bekl.
und der als Zeugin vernommenen Geschädigten geht der Senat vorliegend davon
aus, dass die Bekl. als Halterin des Pferds S mit der Geschädigten vereinbart
hatte, dass diese jede Woche an einzelnen, jeweils zu vereinbarenden Tagen
selbstständig das Pferd reiten durfte und hierfür nach Angaben der Geschädigten
monatlich 100 Euro an die Bekl. bezahlen und bei Bedarf den Stall ausmisten
sollte. Nach ihren eigenen Angaben war es der Bekl., die sich selbst nicht
täglich um das Pferd kümmern konnte, vor allem wichtig, dass ihr Pferd an den
vereinbarten Tagen bewegt und versorgt wird. Die Reitbeteiligung bestand seit
Juli 2009, also seit circa dreieinhalb Monaten vor dem Unfall und kam dadurch
zustande, dass die Bekl. ein entsprechendes Inserat in der Zeitung aufgegeben
hatte. Die Bekl. hatte zur Deckung ihrer Haftpflicht als Pferdehalterin eine
Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Nach den dem Versicherungsvertrag
zugrundeliegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen war der
Versicherungsschutz jedoch für die entgeltliche Überlassung des Pferds im
Rahmen einer Reitbeteiligung ausgeschlossen. Über Versicherungsfragen wurde
zwischen der Bekl. und der Geschädigten vor dem Unfall nicht gesprochen. Die
Bekl. selbst ging auch nach dem Unfall davon aus, dass dieser von der
abgeschlossenen Haftpflichtversicherung umfasst sei. Tatsächlich hat jedoch die
Haftpflichtversicherung unter Berufung auf den vereinbarten Ausschluss für
entgeltliche Reitbeteiligungen die Erfüllung von Ansprüchen der Geschädigten
endgültig abgelehnt.
33 Anders als in der Fallgestaltung, die dem Urteil des OLG Nürnberg vom 27.6.2011 (MDR 2011, 1037 = BeckRS 2011, 19752) zugrunde lag, bestand vorliegend keine langjährige Reitbeteiligung im überwiegenden Interesse der Geschädigten mit untergeordneter Zahlungsverpflichtung der Geschädigten. Die Initiative für die Reitbeteiligung ging von der Bekl. aus, die sich selbst nicht ausreichend um ihr Pferd kümmern und dieses bewegen konnte und die sich hierfür die Unterstützung der Geschädigten versprach. Die Reitbeteiligung bestand vor dem Unfall erst seit circa dreieinhalb Monaten, das von der Geschädigten zu zahlende Entgelt von 100 Euro monatlich war nicht unbedeutend, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Geschädigte nach Angaben der Bekl. damals arbeitslos gewesen ist.
34 Wäre die Haftungsthematik zwischen den Bet. vor dem
Unfall ausdrücklich zur Sprache gekommen, kann nicht davon ausgegangen werden,
dass die Bekl., die ja selbst davon ausgegangen war, dass die von ihr
abgeschlossene Haftpflichtversicherung etwaige Reitunfälle der Geschädigten
umfassen würde, der Geschädigten einen Haftungsverzicht angesonnen hätte.
Umgekehrt hätte auch die Geschädigte in diesem Fall aller Voraussicht nach auf
einen Hinweis der Bekl. auf die bestehende Haftpflichtversicherung vertraut und
hätte keine Motivation für einen Haftungsverzicht gehabt.
35 Doch selbst dann, wenn die Bekl. vor Abschluss der
Vereinbarungen mit der Geschädigten zutreffend erkannt hätte, dass eine
entgeltliche Reitbeteiligung vom Versicherungsschutz ihrer
Haftpflichtversicherung nicht umfasst ist und sie dies der Geschädigten
offengelegt hätte, hätte die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses eher fern
gelegen. Näherliegender wäre es gewesen, den Versicherungsschutz um den
„Baustein Reitbeteiligung“ zu erweitern, was nach der Mitteilung der
Haftpflichtversicherung vom 27.10.2010 jederzeit möglich gewesen wäre. Der
Abschluss der Pferdehalterhaftpflichtversicherung zeigt ja gerade, dass die
Bekl. daran interessiert war, für die von ihrem Pferd verursachten Schäden
Versicherungsschutz zu erlangen. Anhaltspunkte dafür, dass sie bei zutreffender
rechtlicher Beurteilung gerade die Schäden ausnehmen hätte wollen, die der
Geschädigten bei dem (auch) im Interesse der Bekl. liegenden Umgang mit dem
Pferd entstehen könnten, sind nicht ersichtlich.
36 Noch weniger spricht für die Annahme, die Geschädigte,
die regelmäßige Entgeltzahlungen an die Bekl. leistete, hätte sich auf ein
derartiges Ansinnen eingelassen. Aus Billigkeitsgründen wäre sie dazu
jedenfalls nicht gehalten gewesen.
37 6. Der Bekl. kommt auch nicht das Haftungsprivileg des §
104 I SGB VII zugute. Der streitgegenständliche Reitunfall war kein
Arbeitsunfall iSv § 8 SGB VII. Die B-Unfallkasse hat als zuständige
Berufsgenossenschaft mit rechtskräftigem Bescheid vom 2.5.2016 festgestellt,
dass es sich bei der Geschädigten nicht um eine „Wie-Beschäftigte“ iSv § 2 II 1
SGB VII handelte und dass deshalb kein Arbeitsunfall vorlag. Der Bescheid wurde
gegenüber der Geschädigten, der Kl. und der Bekl. bestandskräftig. An diese
Entscheidung sind die Zivilgerichte gem. § 108 I SGB VII gebunden (vgl. auch
BGH, NJW 2013, 2031).
38 7. Die Haftung der Bekl. ist jedoch aufgrund eines
anrechenbaren Mitverschuldens der Geschädigten an dem Reitunfall auf 50 %
beschränkt, § 834 S. 1 BGB in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des
§ 254 I BGB.
39 a) Die Geschädigte war im Moment des Unfalls
Tieraufseherin iSd § 834 S. 1 BGB. An den vereinbarten Reittagen durfte die
Geschädigte selbstständig mit dem Pferd S auf der Koppel reiten. Sie kümmerte
sich an diesen Tagen auch sonst um das Pferd, gab ihm „Leckerli“ und mistete
bei Bedarf den Stall aus. An den Reittagen der Geschädigten war die
berufstätige Bekl. absprachegemäß nicht anwesend, hätte also dann, wenn es dem
Pferd beispielsweise gelungen wäre, aus der Koppel auszubrechen, keine
Möglichkeit gehabt, auf das Pferd einzuwirken. Wie die Bekl. glaubhaft angab,
bestand ihr Interesse an der Vereinbarung neben der Kostenbeteiligung der
Geschädigten vor allem auch darin, dass sich jemand an den betreffenden Tagen
um das Tier kümmert. Diese Aufgabe hat die Geschädigte übernommen und wurde dadurch
an ihren Reittagen zur Tieraufseherin (vgl. auch OLG Saarbrücken, NJW-RR 1988,
1492; OLG Schleswig, Urt. v. 21.6.2007 – 7 U 50/06, BeckRS 2008, 02817).
40 b) Als Tieraufseherin ist auch die Geschädigte gem. § 834
S. 1 BGB für den auf die Tiergefahr des Pferds zurückzuführenden Schaden
verantwortlich. Danach muss derjenige, der die Obhut über ein Tier übernommen
hat, die Vermutung gegen sich gelten lassen, dass ihn ein Sorgfaltsverstoß
trifft und dieser für den Schaden ursächlich geworden ist. Diese Beweislastregel
gilt zur Begrenzung der Tierhalterhaftung der Bekl. auch bei der Prüfung des
Mitverschuldens der Geschädigten als Reiterin (vgl. BGH, NJW 1992, 2474; NJW
1993, 2611; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2009, 453).
41 Im vorliegenden Fall ist es der Geschädigten nicht
gelungen, die gegen sie sprechende Vermutung zu widerlegen. Der genaue
Unfallhergang war nicht mehr aufzuklären. Die als Zeugin vernommene Geschädigte
konnte sich nur noch daran erinnern, dass das Pferd durchgegangen, also
plötzlich losgerannt ist und dass sie nach dem Sturz am Boden lag und die Zügel
über dem Kopf des Pferds hingen. Ursachen dafür, weshalb das Pferd plötzlich
losgerannt ist und weshalb es ihr – anders als bei einem wohl ähnlichen Vorfall
in der Vergangenheit – diesmal nicht gelungen ist, das Pferd zu zügeln und sich
im Sattel zu halten, vermochte auch die Geschädigte nicht zu nennen. Die
Unaufklärbarkeit des Reitunfalls führt gem. § 834 S. 1 BGB in Verbindung mit
einer entsprechenden Anwendung des § 254 I BGB hier dazu, dass das vermutete
(Mit-)Verschulden der Geschädigten anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist
(vgl. BGH, NJW 1992, 2474; NJW 2014, 2434 = VersR 2014, 640; OLG Hamm, VersR
1975, 865 = BeckRS 1974, 00536).
42 c) Der Senat erachtet die anrechenbaren (Mit-)Haftungsanteile
der Bekl. als Pferdehalterin und der Geschädigten als Reiterin und Aufseherin
des Pferds als gleich hoch. Die durchgeführte Beweisaufnahme zum Hergang des
Unfalls hat keine tatsächlichen Hinweise für ein subjektiv vorwerfbares
Fehlverhalten der Bekl. oder der Geschädigten zutage gebracht. Die
Eintrittspflicht der Bekl. resultiert somit einzig aus der gesetzlichen
Gefährdungshaftung als Tierhalterin gem. § 833 S. 1 BGB. Andererseits beruht
auch die Mithaftung der Geschädigten lediglich darauf, dass es ihr nicht
gelungen ist, die in § 834 S. 1 BGB normierte Vermutung einer Pflichtverletzung
und ihrer Kausalität für den Unfall zu widerlegen. Die in entsprechender
Anwendung des § 254 I BGB anzustellende Abwägung der Verursachungsanteile führt
hier dazu, dass die Haftung der Bekl. auf 50 % beschränkt ist (so in ähnlichen
Fällen auch OLG Frankfurt a. M., r + s 1996, 137 und LG Bonn, Anerkenntnisurt.
v. 21.10.2011 – 3 O 272/06, BeckRS 2013, 06187; vgl. auch BGH, NJW 1993, 2611).
43 Die Mithaftung der Geschädigten muss sich die Kl. im
Rahmen der auf sie gem. § 116 SGB X übergegangenen Ansprüche anspruchsmindernd
zurechnen lassen.
44 8. Eine darüber hinausgehende Mithaftung der Geschädigten
folgt nicht aus dem Umstand, dass sie zum Zeitpunkt des Unfalls keinen Rückenprotektor
getragen hat. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat davon
überzeugt, dass bei der Geschädigten eine „Glasknochenkrankheit“ oder eine
ähnliche (von der Bekl. vermutete) medizinische Vorbelastung nicht vorgelegen
hat. Die Geschädigte hat als Zeugin angegeben, definitiv weder damals noch
heute an der Glasknochenkrankheit gelitten zu haben oder zu leiden. Lediglich
bei ihrem Bruder sei eine leichte Form der Erkrankung festgestellt worden,
worüber sie sich damals mit der Bekl. unterhalten habe. Auch die im
beigezogenen Parallelverfahren (LG Nürnberg-Fürth, Az. 12 O 9015/11)
vorgelegten Arztbriefe zu den Unfallverletzungen der Geschädigten geben keinerlei
Hinweise auf eine bestehende Vorerkrankung. Dass die damals gesunde, 28-jährige
Geschädigte beim Reiten auf der Koppel keinen Rückenprotektor getragen hat, hat
somit keinen Einfluss auf die Haftungsquote.
45 Jedenfalls beim normalen Reiten auf der Koppel (anders mag es beispielsweise sein bei einer Fuchsjagd im Gelände oder Ähnliches) auf einem vertrauten Pferd besteht keine allgemeine Pflicht oder Obliegenheit, besondere Schutzkleidung, insbesondere einen Rückenprotektor, zu tragen. Spezielle Absprachen diesbezüglich werden auch von der Bekl. nicht behauptet.“
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Was war passiert? In der Aufwachphase nach einer Kastration (OP) eines Pferdes stürzte dieses und brach sich ein Bein. Der Eigentümer des Pferdes verklagte den Tierarzt auf Schadensersatz und warf diesem vor, ihn über das eingetretene Risiko nicht aufgeklärt zu haben.
Feststellungen: Die Grundsätze, die für die Aufklärungspflichten der Humanmediziner gegenüber ihren Patienten gelten, greifen nicht ein für den Tierarzt gegenüber seinem Auftraggeber. Denn Tiere sind Sachen. Art und Umfang der tierärztlichen Aufklärungspflichten bestimmen sich vielmehr im Einzelfall nach den dem Tierarzt erkennbaren Interessen seines Auftraggebers oder nach dessen besonderen Wünschen, die er äußert.
Was kann man aus der Entscheidung lernen? Man kann zunächst lernen, dass man Human- und Veterinärmediziner rechtlich nicht grundsätzlich gleich stellen kann. Eine generelle Pflicht des Tierarztes, über sämtliche Risiken ungefragt aufklären, gibt es nicht. Man kann aus der Entscheidung auch mitnehmen, dass man als Pferdebesitzer vor einer OP aktiv nach Risiken fragen sollte. Auf solche Fragen muss der Tierarzt dann nämlich richtige und vollständige Antworten geben. Sollte ein Zeuge mit vor Ort sein, schadet das aus Sicht des Pferdebesitzers ganz sicher nicht.
Zu den Entscheidungsgründen des Urteils (im Wortlaut):
II.
Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Vorfeld der Kastrationsoperation, die am 01.10.2013 in der von den Beklagten betriebenen Tierklinik am Pferd „R.“ durchgeführt wurde (1. und 2.). Der Kläger hat auch keine Behandlungsfehler während oder nach der Operation seines Pferdes nachweisen können (3.). Schließlich ist er aufgrund des mit den Beklagten bestehenden Behandlungsvertrages verpflichtet, die mit der Widerklage geltend gemachten Behandlungskosten für die durchgeführte Kastrationsoperation zu tragen (4.).
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadenersatz wegen Verletzung von vertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen tierärztlichen Behandlungsvertrag gem. §§ 611, 280 Abs. 1, 249 BGB zu.
Nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen schuldet der Tierarzt seinem Auftraggeber orientiert an dessen wirtschaftlichen Interessen, einem ideellen Wert des Tieres und den Geboten des Tierschutzes vertraglich eine Beratung, zu der die Art und Weise des geplanten Eingriffs in groben Zügen, dessen Erfolgsaussichten und Risiken sowie vorhandene Alternativen gehören. Auf der Grundlage einer solchen Beratung kann der Auftraggeber dann abwägen, welche der vorgeschlagenen Behandlungsmaßnahmen für ihn aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen wünschenswert sind und in welche Eingriffe des Tierarztes er demgemäß einwilligen will. Die Grundsätze über Art und Umfang der humanärztlichen Aufklärungspflicht können dabei nicht ohne weiteres auf den tiermedizinischen Bereich übertragen werden, da das Selbstbestimmungsrecht des Patienten in der Tiermedizin keine Rolle spielt. Zudem unterscheidet sich die wirtschaftliche und rechtliche Zweckrichtung in der Tiermedizin maßgeblich von der im Bereich der Humanmedizin, da sie sich nach wirtschaftlichen Erwägungen richten muss, die in der Humanmedizin im Rahmen des Möglichen zurückzustellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2016 – VI ZR 247/15 -, juris). (BGH, Urteile vom 10. Mai 2016 – VI ZR 247/15 -, Rn. 15 – VI ZR 39/79, Rdn. 10 f, und vom 19.1.1982 – VI ZR 281/79, Rdn. 9; sämtl. zit, nach juris). An diesem Ausgangspunkt hat sich durch das Patientenrechtegesetz vom 20.2.2013 nichts geändert, da die § 630a BGB ff. nur für die medizinische Behandlung von Patienten, das heißt von natürlichen Personen, gelten (OLG Köln, Beschluss vom 04. Juli 2018 – 5 U 26/18 -, Rn. 8, juris). Auch die Neuregelung des § 90a BGB im Jahr 2002 kann sich in diesem Zusammenhang nicht entscheidend auf Bestehen und Inhalt von tierärztlichen Aufklärungspflichten auswirken, da die Vorschrift zwar den Tierschutz stärken soll, sie aber Tieren nicht den Status von Rechtsubjekten verleiht und somit für die gegenüber dem Tierhalter und Auftraggeber bestehenden vertraglichen Pflichten keine Rolle spielt. (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2016, a.a.O.; Staudinger/Stieper (2017) BGB § 90a, Rn. 4). Auch das OLG München, auf dessen Entscheidung vom 21.12.2016 (3 U 2405/16) sich der Kläger beruft, hat aus § 90 a BGB lediglich abgeleitet, dass der ideelle Wert des Tieres den Umfang der Aufklärung beeinflussen kann, wenn ein besonderes ideelles Interesse des Auftraggebers für den Tierarzt erkenntlich wird. Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich. Haftungsgrundlage bleibt somit eine Eigentumsverletzung, dabei wird das Integritätsinteresse geschützt. Es kann daher – entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung – nicht auf Aufklärungspflichten zum Schutz des Leistungs- oder Äquivalenzinteresses abgestellt werden, wie sie bei der Aufklärung über Kapitalanlageprodukte bestehen. Das Handeln im Rahmen des vom Tiereigentümer erteilten Auftrages genügt aus diesem Grund regelmäßig unabhängig von einer Risikoaufklärung zur Rechtfertigung des tierärztlichen Eingriffs (vgl. KG, Urteil vom 24. Februar 2005 – 20 U 31/04 -, Rn. 4 – 6, juris m.w.N.).
Die Voraussetzungen eines aus dem Behandlungsverhältnis folgenden, vertraglichen Schadenersatzanspruchs hat der Kläger hinsichtlich einer Aufklärungspflichtverletzung nicht beweisen können. Da die Grundsätze der Einwilligungsaufklärung nicht gelten, ist es – wie auch sonst – Sache des Klägers, die Vertragspflichtverletzung sowie deren Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2016, a.a.O.).
Der Kläger wurde durch das ihm im Vorfeld der Operation übergebene Informationsblatt „Aufklärung über Narkose- und Operationsrisiken“ (vgl. vom Kläger übergebene Anlagen 2 v 10 – 5 v 10) entsprechend den oben dargestellten, von der Rechtsprechung für den tierärztlichen Bereich entwickelten Anforderungen hinreichend aufgeklärt.
Entgegen seiner Behauptung, das Informationsblatt nicht erhalten zu haben, hat er den Erhalt und die Kenntnisnahme auf dem Vertragsformular mittels Unterschrift bestätigt. Der Kläger ist daher verpflichtet, eine fehlende Aufklärung zu beweisen. Die Beweislast für eine nicht erfolgte Aufklärung dem Kläger aufzuerlegen, entspricht auch den oben dargestellten allgemeinen Grundsätzen zur Beweislastverteilung. Diesen Beweis hat er nicht durchgeführt.
In dem Formular wird zwar nur allgemein auf die bei dem Eingriff bestehenden Narkose- und Operationsrisiken bzw. auf das Risiko eines Zwischenfalls hingewiesen; dieser Hinweis reicht jedoch aus. Zum einen gehört die Aufwachphase auch zur Narkose und stellen sich die hier auftretenden Risiken dem Sachverständigen zufolge noch als allgemeine Narkoserisiken dar, die sich beim Pferd als Fluchttier in dieser Phase häufiger verwirklichen als bei anderen Tieren. Selbst wenn das pferdespezifische Risiko, in der Aufwachphase eine Fraktur zu erleiden, nicht als allgemeines Narkoserisiko anzusehen wäre, hätten die Beklagten aber keine weitergehende Aufklärung geschuldet. Denn bei Abwägung der für die Beklagten erkennbaren wirtschaftlichen und sonstigen Interessen und Erfahrungen des Klägers bei Durchführung der Operation und der sonstigen Umstände wie dem Wert des Pferdes und den Risiken der konkreten Operation waren weder allgemein gesteigerte Anforderungen an die Beratung des Klägers zu stellen noch war eine gesonderte Aufklärung über das Frakturrisiko geschuldet. Es handelte sich um eine Routineoperation, die angesichts des Gesundheitszustandes des Pferdes keine besonderen Risiken aufwies, und es standen auch keine besonders hohen finanziellen oder gerade auf das Pferd „R.“ bezogenen ideellen Interessen des Klägers auf dem Spiel.
Der erstinstanzlich tätige Sachverständige hat unter Bezugnahme auf die zum Behandlungszeitpunkt heranzuziehenden Leitlinien der Bundestierärztekammer und der Gesellschaft für Pferdemedizin zudem eingeschätzt, dass Pferdehaltern üblicherweise ein solches Narkoserisiko bekannt ist (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 18.03.1980, a.a.O.). Auch nach seinen eigenen Erfahrungen gehe er von einer in der Regel bestehenden Kenntnis aus, da Pferdehalter auf die Mitteilung eines Narkoserisikos in der Regel zurückhaltend reagieren würden. Es liegt auch für den Senat auf der Hand und muss daher auch jedem Pferdeeigentümer klar sein, dass es bei einem so schweren Tier wie einem Pferd in der Phase zwischen Aufwachen und Stabilisierung zu Stürzen kommen kann, bei denen erhebliche Kräfte freigesetzt werden und daher auch die Gefahr von Brüchen besteht (so OLG Oldenburg, Beschluss vom 08.01.2013 – 6 U 193/12 -, Rn. 15 – juris). Hinzu kommt, dass beim Pferd „R.“ nach den Ausführungen des Sachverständigen auch keine besonderen, über das übliche Maß hinaus gesteigerte Risiken bei der Narkose bestanden. Eine ausführliche Risikoaufklärung war daher im vorliegenden Fall nicht geschuldet, denn von einem Tierarzt kann nicht erwartet werden, dass er ohne konkreten Anlass über alle möglichen peri- und postoperativen Risiken aufklären und ungefragt Angaben über den Ablauf und die Überwachung der Aufwachphase zu machen hat. Eine besondere Aufklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines für die Beklagten erkennbaren Informationsgefälles geschuldet. Der Kläger war langjähriger Halter von weiteren Pferden und hatte als erfahrener Reiter erfolgreich an Wettbewerben teilgenommen. Dass er über keinerlei Kenntnisse von Narkoserisiken beim Pferd einschließlich des in der Aufwachphase bestehenden Frakturrisikos verfügte, war für die Beklagten nicht erkennbar, zumal er sich auch ohne weiteres aus anderen, jedem zugänglichen Quellen über die narkoseimmanenten Risiken hätte informiert haben können. Obwohl der Kläger das Pferd am Morgen der Operation selbst in die Tierklinik verbracht und den Behandlungsvertrag unterschrieben hat, hat er gegenüber den Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass er hinsichtlich der Operation noch eine Beratung oder weitere Aufklärung wünschte oder für erforderlich hielt. Ein solcher Hinweis wäre ihm aber auch oder gerade wegen des erkennbar hohen Zeitdrucks am Tag der Operation und zumindest während des zuvor geführten Telefonats mit den Beklagten möglich gewesen.
Schließlich war eine Aufklärung über das Frakturrisiko in der Aufwachphase auch deshalb nicht geschuldet, weil es nach dem Sachverständigengutachten ohnehin sehr gering war. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten angegeben, dass die perioperative Todesrate bei Routineoperationen des Pferdes ausweislich einer Studie bei 0,9 % liegt. In lediglich 23 % dieser Fälle (= 0,207 %) habe sich das Pferd eine Fraktur in der Aufwachphase zugezogen. Es erscheint daher aus Sicht der Beklagten auch wenig plausibel, dass dieses Risiko bei der Entscheidung des Klägers eine ausschlaggebende Rolle gespielt hätte, zumal der Kläger für die Beklagten erkennbar ein Interesse an der Durchführung der Kastration des Hengstes hatte. Angesichts dieser Umstände bestand für die Beklagten kein Anlass, neben dem Hinweis auf die Tatsache, dass eine Narkose grundsätzlich Risiken birgt, zusätzlich die einzelnen Narkoserisiken und ihre Wahrscheinlichkeit im Einzelnen aufzuschlüsseln. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich in der Tierklinik der Beklagten innerhalb eines Jahres ein weiterer Fall einer Fraktur in der Aufwachphase ereignet hat. Gesteigerte Sorgfaltspflichten der Beklagten folgen aus dieser zufälligen Häufung nicht.
2. Auch über den postoperativen Ablauf und insbesondere die Unterlassung der Verwendung von Aufstehhilfen musste der Kläger nicht aufgeklärt werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die verschiedenen Arten von Aufstehhilfen ihrerseits Gefahren bergen und keinesfalls als Garantie für ein gefahrloses Aufstehen angesehen werden können. So werden Aufstehhilfen zum Teil von den Tieren nicht toleriert und können dann zu erheblichen Verletzungen beitragen. Die Nutzung von Aufstehhilfen ist daher nicht in jedem Falle als vorzugswürdig einzuordnen. Die Entscheidung für oder gegen ihren Einsatz hat vielmehr einzelfallbezogen zu erfolgen. Die Sachverständige hat im Rahmen ihrer Anhörung hierzu ausgeführt, dass es nicht einmal sicher sei, dass im vorliegenden Falle eine Aufstehhilfe das Verletzungsrisiko verringert hätte. Auch der Einsatz eines Kopfschutzes hätte die Verletzung am Sprunggelenk nicht verhindern können.
Zudem ist dem Kläger der Nachweis nicht gelungen, er hätte in Kenntnis gerade der sehr geringen Risiken in der Aufstehphase von einer Operation Abstand genommen. Die Rechtsprechung zum Entscheidungskonflikt bei unterlassener Eingriffsaufklärung in der Humanmedizin ist nicht anwendbar. Bei der Prüfung des hypothetischen Kausalverlaufs ist vielmehr auf die Entscheidung eines „vernünftigen“ Pferdebesitzers abzustellen (vgl. OLG Oldenburg, a.a.O., OLG München, VersR 2005, 1546 f.). Es versteht sich von selbst, dass Operation und Narkose eines Pferdes stets mit Risiken behaftet sind. Für die Kastration hat sich der Kläger nach seinem eigenen Bekunden entschieden, damit er den Hengst nicht lebenslang in „Einzelhaft“, sondern zusammen mit anderen Pferden auf einer Weide oder auch im Stall halten kann. Ein vernünftig abwägender Pferdebesitzer – wäre er über das bei der Kastration bestehende sehr geringe Frakturrisiko von 0,207 % informiert worden – hätte sich bei dieser Interessenlage aber ohnehin für die Operation und gegen eine lebenslange Einzelhaltung des Hengstes entschieden. Der Kläger hat auch keine Umstände aufgezeigt, die ex ante dafür gesprochen hätten, trotz dieses statistisch nur sehr geringen Frakturrisikos von der Kastration abzusehen. Die Behauptung des Klägers, er hätte in einer solchen Situation gleichwohl von der Operation Abstand genommen, erscheint dem Senat nicht plausibel und dürfte der Kenntnis der später eingetretenen Komplikationen geschuldet sein.
3. Eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten bei Vornahme der Operation ist nicht feststellbar. Die Operation wurde nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten ordnungsgemäß durchgeführt. Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist auch nicht darin zu sehen, dass sie das Pferd nach der Operation ohne assistierte Aufstehhilfen aufstehen ließen. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass es nicht zum tiermedizinischen Standard gehöre, Pferde nach einer Anästhesie mit Aufstehhilfen zu unterstützen. Im vorliegenden Fall seien auch die wichtigsten Voraussetzungen zur Minimierung des Risikos von Verletzungen in der Aufwachphase gegeben gewesen, zu denen eine kurze Narkosedauer, ein unkomplizierter Narkoseverlauf und ein einfacher, elektiver Eingriff bei einem gesunden Pferd zählten. Auch sei eine Nachsedation beim Verbringen in die Aufwachbox erfolgt, um ein verfrühtes Aufstehen zu verhindern. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem aufgrund des Charakters des Tieres und der Art der Operation keine besonderen Komplikationen zu erwarten gewesen seien, hätten die Beklagten keinen Anlass gehabt, von dem Grundsatz abzuweichen, dass Aufstehhilfen kein notwendiger Teil einer standardgerechten Behandlung seien. Diese Einschätzung deckt sich mit den maßgeblichen Leitlinien, die selbst in der aktuellsten Version die Verwendung von Aufstehhilfen als möglich bezeichnen, zugleich aber darauf verweisen, dass es keine Studien zu den Vorzügen und zur Effizienz dieser Methoden im Vergleich untereinander oder im Vergleich zum Vorgehen ohne Aufstehhilfen gibt.
Nach den Ausführungen der Sachverständigen war auch die Organisation der Überwachung während der Aufstehphase sachgerecht. Der Beklagte hat sich an das in einer Tierarztpraxis übliche Prozedere gehalten und eine intermittierende Überwachung des Hengstes in der Aufwachbox sichergestellt. Eine ununterbrochene Beobachtung war – da dies nicht üblich ist – nicht geschuldet. Es ist darüber hinaus auch nicht ersichtlich, dass eine ununterbrochene Beobachtung und ein möglicherweise früheres Einschreiten die Verletzung hätte verhindern können. Nach den Ausführungen der Sachverständigen war mit hoher Wahrscheinlichkeit gleich der erste Aufstehversuch für die Verletzung verantwortlich.
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