Zum Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften Pferdes

BGH vom 30.10.2019, Az.: VIII ZR 69/18

Feststellungen: (a) Eine folgenlos überstandene Rippenverletzung eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes stellt keinen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar. (b) Es kommt nicht darauf an, ob eine etwaig vorliegende Verletzung, die bereits vollständig ausgeheilt ist, auf einem „traumatischen Ereignis“ beruht. Auch kann – so der 8. Senat – die Verletzung eines Tieres nicht per se einem Schaden an einer Sache, wie einem Kfz, gleichgestellt werden. (c) Wurde keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen, hat der Verkäufer eines Pferdes nur dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem anderweitig vertragswidrigen Zustand befindet. Denn der Käufer eines lebenden Tieres kann redlicherweise nicht erwarten, dass er auch ohne besondere (Beschaffenheits-)Vereinbarung ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhält. Vielmehr muss dieser – so die bestätigende höchstrichterliche Rechtsprechung – im Regelfall sogar damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen gerade nicht ungewöhnlich sind. (d) Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen muss die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist deshalb nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung, der in Ermangelung abweichender Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. EuGH, NJW 2019, 2007 Rn. 45, 55 – „Fülla“) letztlich an dem Ort anzusiedeln ist, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat (§ 269 Abs. 2 BGB; Senatsurteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 29), die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung gegeben hat (Senatsurteile vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448, Rn. 13; vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 24; vom 01.07.2015 – VIII ZR 226/14, NJW 2015, 3455 Rn. 30; vom 19.07.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 27).

Urteilszusammenfassung des BGH

a) Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird (Bestätigung von BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 26 mwN) und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre.

b) Demgemäß wird die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen (Bestätigung von BGH, Ur-teile vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351 Rn. 14; vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, aaO Rn. 24).

c) Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für folgenlos überstandene Krankheiten und Verletzungen, wie ausgeheilte Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig ist. Weder kommt es insoweit darauf an, ob die vollständig ausgeheilten Rippenfrakturen auf einem „traumatischen Ereignis“ beruhen, noch kann die Verletzung eines Tieres in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden.

Aus den Entscheidungsgründen des Urteils (im Wortlaut)

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung des Pferdes gemäß § 346 Abs. 1 BGB – unter Abzug von Wertersatz für gezogene Nutzungen – in dem zuerkannten Umfang zu. Dementsprechend habe sie auch Anspruch auf Ersatz notwendiger Verwendungen und vergeblicher Aufwendungen sowie auf die begehrten Feststellungen.
Die Klägerin habe mit Anwaltsschreiben vom 17. August 2016 wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Die aufgrund der Rippenfrakturen fehlen-de Freiheit des Pferdes von erheblichen (Vor-)Verletzungen sei ein Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.
Solange die am 26. März 2014 tierärztlich diagnostizierten Rippenfrakturen nicht ausgeheilt seien, sei das Pferd nicht für die gewöhnliche Verwendung (Reiten) geeignet. Indes bedürfe es keiner Aufklärung, ob die Rippenfrakturen tatsächlich ausgeheilt seien, was insbesondere bei einem verschobenen Rippenbruch fraglich sei. Unabhängig von der Frage der vollständigen Heilung der Frakturen bis zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung weise das von der Klägerin erworbene Tier nicht die bei einem Reitpferd übliche Beschaffenheit auf, die der Käufer erwarten könne.
Ob die Verletzung folgenlos ausgeheilt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Allein der Umstand, dass das verkaufte Pferd eine erhebliche Verletzung erlitten habe, stelle einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar. Auch der Käufer eines – wie hier – achteinhalbjährigen Pferdes dürfe erwarten, dass es kein Trauma erlitten habe, bei dem es zu mehr als geringfügigen Verletzungen wie etwa Hautabschürfungen, gekommen sei.
Nach dieser Maßgabe liege im Streitfall ein nicht unerheblicher Mangel vor. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. könnten Rippenbrüche, die bei Pferden äußerst selten seien, nur durch heftige traumatische Ereignisse bewirkt werden. Das Berufungsgericht halte es für ausgeschlossen, dass die Vorverletzungen des Pferdes aus objektiver Sicht eines Käufers für die Kaufentscheidung keine Rolle spielten, und zwar auch für den Fall, dass die Frakturen vollständig ausgeheilt seien. Denn angesichts des zu den Rippenbrüchen führenden traumatischen Ereignisses bestehe der naheliegende Verdacht bislang unentdeckter weiterer (auch psychischer) Unfallfolgen, die sich später noch negativ auf die Gebrauchstauglichkeit des Pferdes auswirken könnten. Die Tatsache eines schweren traumatischen (Unfall-)Ereignisses, das zu Knochenfrakturen geführt habe, verleihe dem Tier auf dem Markt den preismindernden Makel eines erheblich vorgeschädigten Pferdes. Die (unterstellte) vollständige Ausheilung der Rippenfrakturen und die – nach dem Befund des Sachverständigen Dr. P. – damit einhergehende volle Gebrauchstauglichkeit änderten daran nichts.
Dem stehe das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Februar 2007 (VIII ZR 266/06) nicht entgegen. Danach seien Abweichungen eines verkauften Pferdes von der „physiologischen Norm“, die sich im Rahmen der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Pferde hielten, zwar nicht als Mangel einzustufen. Darum gehe es im Streitfall jedoch nicht. Bei einem Reitpferd liege eine erhebliche Unfallverletzung mit Knochenbrüchen gerade nicht im Rahmen der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Pferde. Rippenbrüche seien äußerst selten und riefen bei einem potentiellen Käufer Bedenken über Art und Ausmaß des zugrunde liegenden Ereignisses hervor.
Der Beklagte habe den ihm – in Anbetracht des hier gegebenen Verbrauchsgüterkaufs – gemäß § 476 BGB aF obliegenden Beweis nicht erbracht, dass das Pferd zur Zeit der am 23. November 2013 erfolgten Übergabe die fraglichen Rippenbrüche noch nicht aufgewiesen habe. Der Sachverständige Prof. Dr. R. habe dazu ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die am 26. März 2014 diagnostizierten Frakturen erst nach Übergabe des Pferdes am 23. November 2013 entstanden seien. Zwar habe das Pferd bei der Palpation anlässlich der Ankaufsuntersuchung am 20. November 2013 keine Auffälligkeiten gezeigt. Daraus lasse sich jedoch nicht zuverlässig schließen, dass Rippenbrüche damals nicht vorgelegen hätten. Zudem halte es der Sachverständige durchaus für möglich, dass die Rippenfrakturen teilweise abgeheilt gewesen seien, dann aber beim Hochsteigen im Paddock „reaktiviert“ worden seien.
Allerdings habe der mit Anwaltsschreiben vom 6. Mai 2014 erklärte Rücktritt nicht zur Umgestaltung des Vertragsverhältnisses in ein Rückabwicklungsverhältnis geführt. Das mit Schreiben vom 9. April 2014 geäußerte Mängelbeseitigungsverlangen sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet gewesen, denn der in der fehlenden Freiheit des Tieres von schweren (Vor-)Verletzungen zu erblickende Sachmangel sei nicht behebbar.
Jedoch habe die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 17. August 2016 wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Zwar sei der Rücktritt bei einer unerheblichen Pflichtverletzung des Verkäufers ausgeschlossen (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Dies sei hier jedoch selbst dann nicht anzunehmen, wenn man zugunsten des Beklagten unterstelle, dass sich der Mangel im Zeitpunkt des Rücktritts nur noch in einem merkantilen Minderwert des Pferdes ausgewirkt habe. Denn das Berufungsgericht halte es für ausgeschlossen, dass dieser weniger als ein Prozent des Kaufpreises betrage.
Der am 17. August 2016 erklärte Rücktritt sei nicht gemäß § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Anspruch auf Nachlieferung eines Ersatzpferdes sei nicht verjährt, weil die aufgrund der Klageerhebung im Juni 2014 eingetretene Verjährungshemmung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) auch den Anspruch auf die Lieferung eines Ersatzpferdes erfasse (§ 213 BGB).

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können Ansprüche der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 90a Satz 3, § 323 Abs. 1, §§ 346, 348 BGB sowie auf Erstattung notwendiger Verwendungen und vergeblicher Aufwendungen ebenso wenig bejaht werden wie die mit der Rückabwicklung des Kaufvertrags zusammenhängenden Feststellungsbegehren. Die Ansicht des Berufungsgerichts, vollständig ausgeheilte Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften Pferdes seien auch ohne eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich geeignet, einen Sachmangel zu begründen, beruht auf revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern. Der von der Klägerin in zweiter Instanz erklärte Rücktritt vom 17. August 2016 rechtfertigt das Klagebegehren nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Denn das Berufungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, dass die Rippenfrakturen des Tieres zu diesem Zeit-punkt vollständig ausgeheilt waren und das Tier uneingeschränkt als Reitpferd belastet werden konnte. Unter diesen Umständen lag aber, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, im Zeitpunkt des Rücktritts ein etwa zuvor vorhandener Sachmangel nicht mehr vor.
a) Noch rechtsfehlerfrei – und insoweit nicht angegriffen – hat das Berufungsgericht allerdings festgestellt, dass die Parteien eine auch die Freiheit von (ausgeheilten) Vorverletzungen betreffende Beschaffenheit des Pferdes (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht vereinbart haben.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist in einer fehlenden „Freiheit von Vorverletzungen“ auch ein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht zu sehen. Zwar wäre das Pferd nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, wenn es sich mit Rücksicht auf die Vorverletzungen für die gewöhnliche Verwendung, die unter den hier gegebenen Umständen mit der im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB vertraglich vorausgesetzten Verwendung als Reitpferd übereinstimmt (vgl. Senatsurteile vom 20. März 2019 – VIII ZR 213/18, NJW 2019, 1937 Rn. 25 ff.; vom 6. Dezember 2017 – VIII ZR 219/16, NJW-RR 2018, 822 Rn. 33 ff.; vom 26. April 2017 – VIII ZR 80/16, NJW 2017, 2817 Rn. 16), nicht eignen oder eine Beschaffenheit nicht aufweisen würde, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Insoweit hat das Berufungsgericht jedoch die Anforderungen, die bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung nach der ständigen Rechtsprechung des Senats an die körperliche Verfassung eines Tieres beziehungsweise Reitpferdes zu stellen sind, verkannt.
aa) Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (eben-falls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird (Senatsurteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 26; siehe bereits Senatsurteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 Rn. 37) und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich voraus-gesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre.
Vor diesem Hintergrund hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt wird, dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen (Senatsurteile vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351 Rn. 14; vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, aaO Rn. 24). Ebenso wenig gehört es zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres, dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“ entspricht (Senatsurteile vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06, aaO Rn. 19; vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, aaO). Diese Wertung trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und die – anders als Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind (Senatsurteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, aaO). Denn der Käufer eines lebenden Tieres kann, wie der Senat ebenfalls ausgesprochen hat, redlicherweise nicht erwarten, dass er auch ohne besondere (Beschaffenheits-)Vereinbarung ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhält, sondern muss im Regelfall damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind (vgl. Senatsurteile vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06, aaO; vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, aaO Rn. 25). Auch die damit verbundenen Risiken für die spätere Ent-wicklung des Tieres sind für Lebewesen typisch und stellen für sich genommen noch keinen vertragswidrigen Zustand dar, denn der Verkäufer eines Tieres haftet nicht für den Fortbestand des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustands (vgl. Senatsurteile vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, aaO; vom 29. März 2006 – VIII ZR 173/05, aaO).
bb) Die vorgenannten Grundsätze gelten – was das Berufungsgericht verkannt hat – in gleicher Weise für folgenlos überstandene Krankheiten und Verletzungen, wie hier die ausgeheilten Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es unerheblich, dass die vollständig ausgeheilten Rippenfrakturen auf einem „traumatischen Ereignis“ beruhten.
(1) Das Berufungsgericht hat bei seiner gegenteiligen Auffassung – auch ohne dies ausdrücklich auszusprechen – ein Tier mit einer ausgeheilten Fraktur letztlich wie ein als unfallfrei verkauftes Kraftfahrzeug mit einem vollständig und fachgerecht reparierten Unfallschaden (vgl. dazu Senatsurteile vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 17; vom 12. März 2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 21) behandelt. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob an der genannten Rechtsprechung des Senats uneingeschränkt festzuhalten ist. Denn für eine Übertragung dieser Rechtsprechung zur Unfallwageneigenschaft von Kraftfahrzeugen auf Tiere besteht kein Anlass. Die Verletzung eines Tieres kann jedenfalls nicht in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden (vgl. bereits BT-Drucks. 11/5463, S. 5).
Das Berufungsgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der (von ihm unterstellten) vollständigen Ausheilung der Rippenfrakturen – zur Zeit der Rücktrittserklärung am 17. August 2016 – die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das von der Klägerin erworbene Pferd als Reitpferd nicht mehr einsetzbar sein wird, nicht festgestellt. Hierfür genügt der vom Berufungsgericht bejahte „nahe liegende Verdacht“ bislang unentdeckter (auch psychischer) Unfallfolgen, die sich später noch negativ auf die Gebrauchstauglichkeit auswirken könnten, nicht. Denn ein solcher Verdacht bliebe hinter dem nach der Rechtsprechung des Senats anzulegenden Maßstab der Sicherheit oder zumindest der hohen Wahrscheinlichkeit klinischer Auswirkungen zurück. Im Übrigen lässt das Berufungsurteil auch nicht erkennen, auf welcher Tatsachengrundlage diese tatrichterliche Beurteilung beruht.
(2) Die Annahme des Berufungsgerichts, auch ausgeheilte Rippenfrakturen eines Pferdes riefen bei Kaufinteressenten Bedenken über die Art und das Ausmaß des vorangegangenen traumatischen Ereignisses hervor und verliehen dem vom Beklagten veräußerten Pferd den preismindernden Makel einer erheblichen Vorschädigung, rechtfertigt die Annahme eines Sachmangels eben-falls nicht. Das angefochtene Urteil lässt auch hier bereits nicht erkennen, auf welchen tatsächlichen Feststellungen die tatrichterliche Beurteilung beruht. Vielmehr übergeht das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, den gegenteiligen Befund des Sachverständigen Dr. P. . Dieser hat bei seiner Anhörung in erster Instanz ausgeführt, dass eine (etwa ohne Bildung einer Arthrose) vollständig ausgeheilte Rippenfraktur aus sachverständiger Sicht allenfalls einen kaum sichtbaren „Schönheitsfehler“ darstelle und sich nicht wertmindernd auswirke.
Überdies hat das Berufungsgericht auch insoweit einen unzutreffenden Maßstab angelegt. Es hat verkannt, dass es nicht entscheidend darauf an-kommt, welche Beschaffenheit der Käufer (oder der Markt) tatsächlich erwartet und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB stellt vielmehr darauf ab, welche Beschaffenheit der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann und erklärt damit die objektiv berechtigte Käufererwartung für maßgebend (Senatsurteile vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06, aaO Rn. 21; vom 4. März 2009 – VIII ZR 160/08, NJW 2009, 2056 Rn. 11; vom 20. Mai 2009 – VIII ZR 191/07, NJW 2009, 2807 Rn. 14; vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 12; vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 42). Etwaige Preisabschläge beim Weiterverkauf, die darauf zurückzuführen sind, dass „auf dem Markt“ bei der Preisfindung von einer besseren als der üblichen Beschaffenheit von Sachen der gleichen Art ausgegangen wird, vermögen einen Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB jedoch nicht zu begründen (Senatsurteil vom 7. Febru-ar 2007 – VIII ZR 266/06, aaO; siehe auch Senatsurteile vom 20. Mai 2009 – VIII ZR 191/07, aaO; vom 15. September 2010 – VIII ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 20; vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, aaO).
(4) Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht daraus, dass Rippenfrakturen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei Pferden äußerst selten sind. Denn unter Berücksichtigung der zuvor genannten Grundsätze betreffend die beim Kauf eines Tieres hinzunehmenden Abweichungen von der „Idealnorm“ kann es für die Frage, ob der Befund einer (ausgeheilten) Rippenfraktur negativ von der Beschaffenheit abweicht, die bei Pferden überhaupt oder jedenfalls bei Pferden der betreffenden Altersgruppe und Preiskategorie üblich ist und die der Käufer erwarten darf (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), nicht entscheidend darauf ankommen, wie häufig derartige Verletzungen bei Pferden auftreten (siehe Senatsurteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, aaO Rn. 28).
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob das Klagebegehren auf die von der Klägerin am 6. Mai 2014 abgegebene Rücktrittserklärung gestützt werden kann.
a) Das Berufungsgericht hat sich den Blick auf diese Rücktrittserklärung verstellt, weil es mit rechtsfehlerhafter Begründung angenommen hat, die von der Klägerin am 9. April 2014 verlangte Mängelbeseitigung sei unmöglich. Das Berufungsgericht hat auch hier zugrunde gelegt, dass das der Klägerin veräußerte Pferd schon deshalb mangelhaft sei, weil es nicht frei von schweren Vorverletzungen und dieser Zustand nicht behebbar sei. Diese Sichtweise ist, wie ausgeführt, von Rechtsfehlern beeinflusst. Die Wirksamkeit des am 6. Mai 2014 erklärten Rücktritts kann deshalb nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden, das dem Rücktritt vom 6. Mai 2014 vorangegangene Nachbesserungsbegehren sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet und deshalb unwirksam.
b) Zu den weiteren Fragen, von denen die Wirksamkeit des am 6. Mai 2014 erklärten Rücktritts abhängt, hat das Berufungsgericht – angesichts seiner Rechtsauffassung konsequent – bisher keine Feststellungen getroffen. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob bei Gefahrübergang am 23. November 2013 bei dem Pferd ein Zustand von nicht vollständig ausgeheilten Rippenfrakturen vorhanden war und dieser noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung fortbestand (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl. Senatsurteil vom 5. November 2008 – VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 Rn. 17). Insoweit wird unter anderem der – wenige Wochen vor der Rücktrittserklärung vom 6. Mai 2014 erhobene – tierärztliche Befund vom 26. März 2014 zu berücksichtigen sein, wonach die Frakturen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgeheilt gewesen seien.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat im Hinblick auf die Rücktrittserklärungen vom 6. Mai 2014 sowie vom 17. August 2016 darauf hin, dass ein taugliches Nacherfüllungsverlangen die Bereitschaft des Käufers umfassen muss, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Ver-käufer ist deshalb nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung, der in Ermangelung abweichender Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. EuGH, NJW 2019, 2007 Rn. 45, 55 – Fülla) letztlich an dem Ort anzusiedeln ist, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat (§ 269 Abs. 2 BGB; Senatsurteil vom 13. April 2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 29), die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung gegeben hat (Senatsurteile vom 10. März 2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448, Rn. 13; vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 24; vom 1. Juli 2015 – VIII ZR 226/14, NJW 2015, 3455 Rn. 30; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 27). Hinreichende Feststellungen, ob die Klägerin dem Beklagten eine solche Untersuchungsmöglichkeit eingeräumt hat, sind – anders als die Revision in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat – in den Vorinstanzen nicht getroffen worden. Dies wird erforderlichenfalls vom Berufungsgericht nachzuholen sein.

Vorinstanzen

LG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.10.2015, Az.: 4 O 271/14
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.02.2018 – 8 U 168/15 –

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Zur Anrechnung ersparter Aufwendungen und Anwendung des §309 Nr. 9 auf den Einstellervertrag

LG SAARBRÜCKEN vom 30.04.2015, Az. 13 S 181/14

Wozu enthält das Urteil Feststellungen:

  • u.a. dazu, dass § 309 Nr. 9 lit. c), wonach zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer in formularmäßigen Verträgen unzulässig ist, bei Pferdeeinstallungsverträgen zur Unwirksamkeit der Kündigungsklausel führen kann.
  • auch dazu, dass Dienstberechtigte – wie der Pensionsbetreiber – sich grundsätzlich (vgl. § 615 Satz 2 BGB) den Wert desjenigen anrechnen lassen muss, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung – so z.B. nach Kündigung respektive Herausnahme des Pferdes aus der Einstallung – erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Im Einzelnen aus dem Wortlaut des Urteils:

[II. 3. c) bb)] Von der Regelung des § 309 Nr. 9 c BGB werden auch Kündigungsbestimmungen wie die vorliegende [im konkreten Fall war im Einstallungsvertrag folgende Klausel aufgenommen: „Eine ordentliche Kündigung ist im ersten Einstelljahr ausgeschlossen. Ab dem zweiten Einstelljahr ist eine Kündigung mit einer Frist von drei Monaten nur bis zum 31.03. möglich.“), bei der zwar eine Kündigungsfrist von 3 Monaten beachtet, die Kündigung aber nur für einen Termin im Jahr zugelassen wird (hier 31.03.; vgl. KG, MDR 2009, 677; LG Potsdam, VuR 1997, 182.; AG Hamburg-Altona, MDR 1982, 55; AG Hamburg, NJW-RR 1998, 1593 mit zust. Anm. Basedow, VuR 1998, 275; MünchKomm-BGB/Wurmnest, BGB, 6. Aufl., § 309 Rn. 19; Palandt/Grüneberg aaO § 309 Rn. 93; Erman/Roloff, BGB, 14. Aufl., § 309 Rn. 130). Der Grund hierfür liegt darin, dass sich bei diesen Vertragsgestaltungen genau das von § 309 Nr. 9 c BGB ins Auge gefasste Risiko verwirklicht, dass sich der Vertrag bei Versäumung der Kündigung um einen Zeitraum verlängert, welcher erheblich über den Umfang des Versäumnisses hinausgeht (KG aaO m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass es sich hier um ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis handelt. Obwohl die Regelung des § 309 Nr. 9 c BGB im unmittelbaren Anwendungsbereich keine unbefristeten Verträge erfasst, gelten die vorstehenden Überlegungen hier entsprechend. Insoweit ist anerkannt, dass § 309 Nr. 9 c BGB in unbefristeten Verträgen entsprechende Anwendung findet, wenn – wie hier – die Klausel eine bestimmte Kündigungsfrist mit bestimmten Kündigungsterminen kombiniert (vgl. KG aaO; AG Hamburg aaO; Wolf/Lindacher/Dammann, AGB-Recht, 5. Aufl, § 309 Rn. 9 Rn. 75). Ohne dass es einer abschließenden Entscheidung bedarf, wie der zwischen den Parteien abgeschlossene Pferdeeinstellvertrag zu typisieren ist, begegnet es auch keinen Bedenken, auf diesen Vertrag die Regelung des § 309 Nr. 9 c BGB anzuwenden (zur vertraglichen Typisierung von Pferdeeinstellverträgen als entgeltlicher Verwahrungsvertrag OLG Schleswig, OLG-Report 2000, 248; OLG Oldenburg, MDR 2011, 473; OLG Brandenburg, OLG-Report 2007, 85; LG Ulm, NJW-RR 2004, 854; AG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2004 – 27 C 9755/03, juris; AG Menden, NJOZ 2010, 717; AG Lehrte, Urteil vom 11.05.2010 – 9 C 857/09, juris; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearbeitung 2006, Vorbem. zu §§ 688 Rn. 27; MünchKomm-BGB/Henssler, BGB, 6. Aufl., § 688 Rn. 57; Barnert, Agrar- und Umweltrecht 2009, 349, 350; a.A. AG Osnabrück, RdL 2009, 209; AG Grünstadt, Urteil vom 22.07.2010 – 3 C 116/10, juris; Häublein, NJW 2009, 2982, 2983 f. [typengemischter Vertrag]). Die Regelung des § 309 Nr. 9 BGB will verhindern, dass die Vertragsdauer als das für die ständige Neuentstehung gegenseitiger Vertragspflichten im Dauerschuldverhältnis maßgebende Kriterium vom Verwender unangemessen lang festgesetzt und mittels seiner AGB dem Vertrag zugrunde gelegt wird (Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 23 Rn. 47 zu dem inhaltsgleichen § 11 Nr. 12 AGBG a.F.; vgl. auch die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 7/3919, S. 37; BT-Drs. 40/6040, S. 160; Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 309 Rn. 1; Staudinger/Coster-Waltjen BGB, Neubearbeitung 2013, § 309 Rn. 1). Dieser Schutz des Kunden ist insbesondere bei der regelmäßigen Erbringung von Dienstleistungen erforderlich, um die automatische bzw. stillschweigende Verlängerung des Vertrages zu verhindern und den Kunden nicht zu verpflichten, länger als drei Monate vor Ablauf der Vertragszeit an eine Beendigung denken zu müssen (vgl. jurisPK-BGB/Lapp/Salamon, 7. Aufl., § 309 Rn. 181). Geht man davon aus, dass der Begriff der Dienstleistung im Sinne des § 309 Nr. 9 c BGB weit zu verstehen ist (vgl. Staudinger/Coester-Waltjen aaO § 309 Rn. 13; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 309 Rn. 11), ist dieser Zweck durch die vorliegende Vertragsgestaltung unmittelbar betroffen. Nach dem Vertrag trifft den Beklagten insbesondere die wiederkehrende Pflicht, die tägliche Versorgung des in Obhut genommenen Pferdes sicher zu stellen und morgens zum Weidegang bzw. abends zum Unterstellplatz zu führen (§ 2 des Vertrages). Damit enthält der Vertrag aber die Pflicht zur Erbringung von regelmäßigen Leistungen mit Dienstcharakter (vgl. auch Saarländisches Oberlandesgericht, OLG-Report 2007, 796), die eine (zumindest entsprechende) Anwendung des § 309 Nr. 9 c BGB rechtfertigen.

[II. 3. d)] Anders als die Berufung meint, muss sich der Kläger keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen. Zwar begegnet es im Hinblick auf die Heranziehung der dienstvertraglichen Regelungen des § 621 BGB keinen Bedenken, auf die vorliegende Fallgestaltung auch die Vorschrift des § 615 Satz 2 BGB anzuwenden, wonach der Dienstberechtigte sich den Wert desjenigen anrechnen lassen muss, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Allerdings geht die Kammer im Rahmen ihres Schätzungsermessens nach § 287 ZPO davon aus, dass der Kläger keine Aufwendungen erspart hat (zur Anwendung des § 287 ZPO bei § 615 Satz 2 BGB vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2014 – III ZR 187/13, NJW 2014, 1955; BAG, Urteil vom 15.09.2011 – 8 AZR 846/09, AP Nr. 10 zu § 280 BGB; OLG Celle, NJW-RR 1995, 165). Dabei berücksichtigt die Kammer zum einen, dass es wegen der zwischen den Parteien vereinbarten Offenstallhaltung mit Weidegang im fraglichen Zeitraum (Juli 2010) zu keinen nennenswerten Ersparnissen des Klägers hinsichtlich der Versorgung des Pferdes gekommen ist. Zum anderen kann dem Kläger angesichts des weniger als 1 Monat betragenden Zeitraums zwischen der Herausnahme des Pferdes bzw. dem Zugang der Kündigungserklärung und dem Vertragsende nicht vorgehalten werden, dass er seine Dienste nicht anderweitig gewinnbringend eingesetzt hat. Liegt danach schon substantiell keine Ersparnis im Sinne des § 615 Satz 2 BGB vor, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob der zwischen den Parteien vereinbarte formularmäßige Ausschluss des Ersatzes ersparter Aufwendungen zulässig ist (zu den Grenzen der formularmäßigen Abbedingung von § 615 Satz 2 BGB vgl. Erman/Belling, BGB, 14. Aufl., § 615 Rn. 49 m.w.N.).

Lesenswert zum Abzug ersparter Aufwendungen des Pensionsbetreibers für Einstreu, Futter & Co. auch AG Grünstadt vom 22.07.2010 (Az.: 3 C 116/10) mit folgenden Feststellungen:

  • Bei Nichtinanspruchnahme vertraglicher Leistungen (im konkreten Fall wegen fristloser Kündigung des Einstallungsvertrags) hat sich der Pensionsbetreiber bei unstreitiger Abwesenheit des Pferdes seine ersparten Aufwendungen für Einstreu, Wasser und Futtermittel grundsätzlich in Abzug bringen zu lassen.
  • Die Höhe ersparter Aufwendungen unterliegt grundsätzlich der gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO, wobei stets substantiiert darzulegen ist, wofür diese in Ansatz zu bringen sind.
  • Der Ansatz eines pauschalen Abzugs von 33,33% für ersparte Aufwendungen erscheint in jedem Fall angemessen.
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Zur Rechtsnatur und kündigungsfrist eines Einstallungsvertrags

BGH vom 02.10.2019, Az.: VIII ZR 8/19

Kernfeststellung: In einem sog. Pferdepensionsvertrag hält eine vorformulierte Vertragsbestimmung, die eine beiderseitige Kündigungsfrist von acht (8) Wochen zum Monatsende vorsieht, grundsätzlich der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB stand.

Im Einzelnen aus dem Wortlaut des Urteils (m. Leseziff.):

– 11 –

a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach ein Pferdepensionsvertrag grundsätzlich als typengemischter Vertrag anzusehen ist. Dies wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

– 12 –

aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet ein gemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass etwa auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Dienstvertragsanteil Dienstvertragsrecht und auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt. Eine solche rechtliche Einordnung schließt es freilich nicht aus, auch Bestimmungen des Vertragsrechts heranzuziehen, bei dem der Schwerpunkt des Vertrags nicht liegt, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrags richtig gewürdigt werden kann (BGH Urteile vom 12. Januar 2017 – III ZR 4/16 – NJW-RR 2017, 622 Rn. 10 mwN und vom 21. April 2005 – III ZR 293/04 – FamRZ 2005, 1076, 1078).

– 13 –

bb) Für einen Pferdepensionsvertrag, der neben der Unterstellung des Tieres in einer Pferdebox auch seine Fütterung und Pflege umfasst, hatte der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 1990 ohne nähere Begründung die rechtliche Einordnung als Dienstvertrag gebilligt (vgl. BGH Urteil vom 12. Juni 1990 – IX ZR 151/89 – juris Rn. 6). Auch in einer jüngeren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof den rechtlichen Schwerpunkt eines Vertrags über die Einstellung von Pferden in einer Reitanlage im Dienstvertragsrecht verortet, wobei der dort zur Beurteilung stehende Fall allerdings durch die Besonderheit gekennzeichnet war, dass der Beritt und die Dressurausbildung des Pferdes deutlich im Vordergrund standen (vgl. BGH Urteil vom 12. Januar 2017 – III ZR 4/16 – NJW-RR 2017, 622 Rn. 12).

– 14 –

cc) Demgegenüber neigen die Obergerichte dazu, auf einen Pferdepensionsvertrag die Vorschriften des Verwahrungsvertrags (§ 688 BGB) anzuwenden, wenn von dem Betreiber des Reitstalls nicht nur die Überlassung einer konkreten Pferdebox, sondern auch die Fürsorge und Obhut über das Pferd geschuldet ist (vgl. OLG Oldenburg MDR 2011, 473 f.; OLG Brandenburg NJWRR 2006, 1558; OLG Schleswig OLGR 2000, 248; OLG Karlsruhe VersR 1994, 801; OLG Hamburg VersR 1988, 1241; vgl. auch OGH Wien Beschluss vom 25. Mai 2016 – 9 Ob 47/15z – veröffentlicht auf www.ris.bka.gv.at zu § 957 des österreichischen ABGB). Umstritten ist in der Rechtsprechung der Instanzengerichte allerdings, ob das Verwahrungsrecht im Hinblick auf die Eigenarten eines Pferdepensionsvertrags interessengerechte Regelungen zur Vertragsbeendigung enthält. Dies wird mit dem Berufungsgericht teilweise bejaht (vgl. AG Menden NJOZ 2010, 717, 718; AG Lehrte Urteil vom 11. Mai 2010 – 9 C 857/09 – juris Rn. 7 f.; AG Düsseldorf Urteil vom 19. Februar 2004 – 27 C 9755/03 – juris Rn. 12; wohl auch LG Ulm NJW-RR 2004, 854), teilweise wird demgegenüber die Auffassung vertreten, dass für das Kündigungsregime die maßgeblichen Bestimmungen des Mietrechts bzw. des Dienstvertragsrechts heranzuziehen seien (vgl. LG Saarbrücken Urteil vom 30. April 2015 – 13 S 181/14 – juris Rn. 26; LG Wuppertal Urteil vom 23. Mai 2017 – 16 S 63/16 – juris Rn. 18 f.; AG Grünstadt Urteil vom 22. Juli 2010 – 3 C 116/10 – juris Rn. 64 ff.; AG Osnabrück RdL 2009, 209 f.; vgl. auch Häublein NJW 2009, 2982, 2984).

– 15 –

b) Dies bedarf unter den hier obwaltenden Umständen aber keiner näheren Erörterung. Denn selbst wenn man der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts folgen wollte und die hier streitgegenständlichen Pferdepensionsverträge der Parteien auch bezüglich der Modalitäten der Vertragsbeendigung dem Verwahrungsrecht unterstellte, steht dies der wirksamen Vereinbarung einer Kündigungsfrist von acht Wochen zum Monatsende nicht entgegen. Die entsprechenden Formularklauseln in den Verträgen des Klägers, bei denen es sich unstreitig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, halten einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB stand.

– 16 –

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Im Zweifel ist eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

– 17 –

bb) Die beanstandeten Kündigungsklauseln sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit § 695 Satz 1 BGB als einem wesentlichen Grundgedanken des Verwahrungsrechts unvereinbar. Dies gilt unabhängig da von, ob dieser Vorschrift, nach der die hinterlegte Sache von dem Hinterleger jederzeit zurückgefordert werden kann, auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist, tatsächlich die vom Berufungsgericht zuerkannte Leitbildfunktion für den Verwahrungsvertrag zukommt.

– 18 –

(1) Im Anschluss an eine in den Motiven zum Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthaltenen Bemerkung, wonach es „dem Wesen des Hinterlegungsvertrages“ entspreche, die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern zu können (Mot. II S. 582 f.), ist es im Schrifttum seit jeher umstritten, ob das jederzeitige Rückforderungsrecht des Hinterlegers für den Typus des Verwahrungsvertrags zwingend ist. Teilweise wird eine abweichende Abrede der Parteien als nichtig, teilweise wird sie als wirksam, aber die Rechtsnatur als Verwahrungsvertrag beseitigend angesehen. Nach weiterer Ansicht soll ein zeitweiliger Ausschluss des Rückforderungsrechts nur bei Entgeltlichkeit zulässig und dann mit dem Wesen des Verwahrungsvertrags vereinbar sein; eine andere Meinung sieht ihn generell als möglich an und verneint jede Auswirkung auf die Rechtsnatur des Vertrags (vgl. MünchKommBGB/Henssler 7. Aufl. § 695 Rn. 2; Staudinger/Reuter BGB [2015] vor §§ 688 ff. Rn. 7, jeweils mit zahlreichen Nachweisen zum Streitstand; vgl. eingehend bereits Mayer Der Verwahrungsvertrag [1933], S. 149 ff.).

– 19 –

Der dargestellte Streit um die Leitbildfunktion des § 695 Satz 1 BGB entzündet sich an der Frage, ob es mit dem Wesen des Verwahrungsvertrags vereinbar ist, wenn der Verwahrer die Rückgabe der hinterlegten Sache abredegemäß allein mit der Begründung verweigern könnte, dass eine für die Verwahrung bestimmte Zeit noch nicht abgelaufen sei. Im Einzelfall kann der Verwahrer – beispielsweise, weil er die hinterlegte Sache für eigene Zwecke benutzen darf – ein dem Dispositionsinteresse des Hinterlegers widerstreitendes eigenes Interesse daran haben, die Sache bis Ablauf der vereinbarten Aufbewahrungsfrist in seinem Besitz behalten zu dürfen. Darum geht es bei der Beurteilung von Kündigungsklauseln in Pferdepensionsverträgen aber regelmäßig nicht. Wie in § 2 der streitgegenständlichen Formularverträge ausdrücklich klargestellt ist, berührt die Vereinbarung zu den Kündigungsfristen nicht das Recht der Beklagten, ihre eingestellten Pferde jederzeit – auch vor Ablauf der Vertragslaufzeit – wieder an sich nehmen zu können. Das Rückforderungsrecht des Einstellers ist deshalb durch die streitgegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch nicht zeitweilig abbedungen worden, so dass sich die Frage nach der Abweichung von einem auf § 695 Satz 1 BGB beruhenden Leitbild des Verwahrungsvertrags hier nicht unmittelbar stellt.

– 20 –

(2) Eine davon zu unterscheidende Frage ist es, ob solche Abreden mit dem Wesen des Verwahrungsrechts vereinbar sind, mit denen sich der Hinterleger dazu verpflichtet, das vereinbarte Entgelt auch nach der Rücknahme der hinterlegten Sache aus der Verwahrung noch für einen gewissen Zeitraum bis zur Vertragsbeendigung fortzuzahlen. In dieser Hinsicht verdeutlicht aber schon die Vorschrift des § 699 Abs. 2 BGB, dass das Verwahrungsrecht für derartige Vergütungsabreden grundsätzlich offen ist. Endet die Aufbewahrung vor dem Ablauf der für sie bestimmten Zeit, so ist der Entgeltanspruch des Verwahrers nach § 699 Abs. 2 BGB auf einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung beschränkt, wenn sich aus einer abweichenden Vereinbarung der Parteien nichts anderes ergibt. Der Grundsatz, dass der Verwahrer bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nur einen Anspruch auf Teilvergütung erlangen soll, ist somit zur Disposition der Parteien gestellt. Diese können vereinbaren, dass eine vorzeitige Beendigung der Aufbewahrung den Vergütungsanspruch des Verwahrers nicht schmälern soll, und zwar sowohl durch Individualvereinbarung als auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. BeckOGK/Schlinker BGB [Stand: Juli 2019] § 699 Rn. 9).

– 21 –

cc) Im Übrigen ist eine Klausel dann unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteile vom 13. April 2016 – XII ZR 146/14 – NJW 2016, 2489 Rn. 24 und 14. Januar 2015 – XII ZR 176/13 – NJW 2015, 928 Rn. 12 mwN). Das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel ist also mit dem Interesse des Vertragspartners am Wegfall der Klausel und deren Ersetzung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2009 – XII ZR 19/08 – NJW 2009, 3229 Rn. 21). Auch wenn man – wie das Berufungsgericht – im Pferdepensionsvertrag nach seinem rechtlichen Schwerpunkt einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag erblickt, ist die Vereinbarung einer beiderseitigen Kündigungsfrist von acht Wochen zum Monatsende nicht zu beanstanden.

– 22 –

Sie trägt dem berechtigten Bedürfnis des Reitstallbetreibers Rechnung, angesichts des für die Pflege und Fütterung der Pferde erforderlichen Personalund Sachaufwands Planungssicherheit in Bezug auf die (Wieder-)Belegung seiner Einstellplätze zu haben (vgl. bereits Fontaine, Der Dienstvertrag und der entgeltliche Verwahrungsvertrag [1904], S. 80). Der Einsteller wird bei dieser Vertragsgestaltung im Fall einer sofortigen Rückforderung seiner Pferde zwar für einen gewissen Zeitraum bis zur Vertragsbeendigung mit Vergütungsansprüchen für eine Leistung belastet, die er nicht mehr in Anspruch nehmen möchte. Dem steht aber der vom Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigte Gesichtspunkt gegenüber, dass die Vereinbarung einer für beide Vertragsparteien gleichermaßen geltenden Kündigungsfrist und die damit einhergehende Regelung, den Vertrag ohne Einhaltung dieser Kündigungsfrist nur aus wichtigem Grund kündigen zu können, bei Anwendung des Verwahrungsrechts auch für den Einsteller des Pferdes von nicht nur unbedeutendem Interesse ist. Denn durch diese Bestimmung wird der Anspruch des Verwahrers, bei Verwahrungsverträgen mit unbestimmter Laufzeit aus beliebigen Gründen – in den Grenzen von Treu und Glauben – jederzeit nach § 696 Satz 1 BGB die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen zu können, zugunsten des Hinterlegers abbedungen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Einsteller des Pferdes bei der Geltendmachung eines nicht fristgebundenen Rücknahmeanspruchs durch den Reitstallbetreiber vor erhebliche Probleme bei der kurzfristigen Suche nach einem neuen Einstellplatz für das Pferd gestellt werden könnte (vgl. Häublein NJW 2009, 2982, 2984; vgl. auch AG Düsseldorf Urteil vom 19. Februar 2004 – 27 C 9755/03 – juris Rn. 13).

– 23 –

Das Verwahrungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält keine gesetzlichen Regelungen zur Kündigung von Verwahrungsverträgen mit unbestimmter Laufzeit. Als mögliches Leitbild für die Länge einer Kündigungsfrist, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Parteien eines Verwahrungsvertrags gewährleistet, bietet sich ein Rückgriff auf die Vorschriften zum Lagervertrag (§§ 467 ff. HGB) als einer handelsrechtlichen Sonderform der bürgerlich-rechtlichen Verwahrung an. Nach § 473 Abs. 1 HGB kann der Einlagerer – unbeschadet seines Rechts, das eingelagerte Gut jederzeit herausverlangen zu können – einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Lagervertrag nur unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen. Spiegelbildlich gilt die gleiche Kündigungsfrist gemäß § 473 Abs. 2 HGB für den Lagerhalter, der nach Einhaltung dieser Kündigungsfrist die Rücknahme des eingelagerten Guts verlangen kann. Die einmonatige Kündigungsfrist stellt allerdings nur eine Mindestkündigungsfrist dar, die sich an den Erfordernissen des modernen Lagergeschäfts orientieren will (vgl. BTDrucks. 13/8445 S. 121). Bei Pferdepensionsverträgen kann im Rahmen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB eine maßvolle Überschreitung der Monatsfrist hingenommen werden, solange die Annahme gerechtfertigt ist, dass die längere Kündigungsfrist auch für den Einsteller zum Zwecke der Suche nach einem neuen Einstellplatz für sein Pferd noch von einem gewissen Nutzen sein kann. Die hier vereinbarte, knapp zweimonatige Kündigungsfrist hält sich noch im Rahmen dessen, was AGB-rechtlich als angemessener Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien angesehen werden kann.

Lesenswert dazu auch BGH vom 12.01.2017 – III ZR 4/16, abrufbar unter: https://mps-pferderecht.de/beweislastumkehr-vollberitt/

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Zweieinhalb jähriger Hengst: „Neu“ oder „gebraucht“

BGH vom 09.10.2019, Az.: VIII ZR 240/18

Feststellungen: (a) Bei Tieren ist im Rahmen der Abgrenzung „neu“/“neu hergestellt“ und „gebraucht“ im Sinne der §§ 474 Abs. 2 Satz 2, 309 Nr. 8 lit. b) ff) BGB nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen (so bereits BGH vom 15.11.2006 – VIII ZR 3/06). Für die Frage, ab wann ein noch nicht genutztes Pferd nicht mehr als „neu“ zu bewerten ist, lassen sich keine allgemein gültigen zeitlichen Grenzen aufstellen. Jedenfalls – so der BGH – ist ein zum Zeitpunkt des Verkaufs weder gerittener noch angerittener und auch im Übrigen keiner sonstigen Verwendung (z.B. Nutzung zur Zucht) zugeführter knapp zweieinhalb Jahre alter Hengst, der seit längerer Zeit von der Mutterstute getrennt ist, infolgedessen über eine nicht unerhebliche Zeit eine eigenständige Entwicklung vollzogen hat und seit längerem geschlechtsreif ist, als „gebraucht“ im Sinne von § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB beziehungsweise als nicht „neu hergestellt“ im Sinne von § 309 Nr. 8 lit. b) ff) BGB anzusehen. (b) Eine Klausel in den Bedingungen einer Auktion eines als Kommissionär für den Eigentümer tätig werdenden Verkäufers eines „gebrauchten“ Pferdes, mit der die gesetzliche Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels des im Rahmen einer Versteigerung nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB verkauften Pferdes auf drei Monate nach Gefahrübergang abgekürzt wird, hierbei indes die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 lit. a) und b) BGB beachtet, hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB stand.

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Konkludenter Haftungsausschluss bei einem aus Gefälligkeit überlassenen Pferd?

OLG HAMM vom 28.06.2019, Az.: 11 U 8218

Feststellungen: (a) Bei der Annahme eines konkludenten Haftungsausschlusses (Stichwort: Gefälligkeit) ist Zurückhaltung geboten, weil nach der gesetzlichen Konzeption die deliktische Tierhalterhaftung der Regelfall ist und für einen Haftungsausschluss besondere Umstände sprechen müssen. Dafür reichen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weder die Annahme eines Gefälligkeitsverhältnisses (Reiten dürfen aus Gefälligkeit) noch das Bestehen eines kameradschaftlichen Verhältnisses aus (vgl. BGH vom 09.06.1992 – VI ZR 49/91). (b) Hatte der Tierhalter ein besonderes und gewichtiges Interesse an der Überlassung des Pferdes an den durch den Reitunfall Geschädigten und insbesondere an den von ihm erbrachten Versorgungsleistungen und unterhält er zumindest auch wegen der weitgehenden Übertragung der Versorgungsleistungen auf Dritte Haftpflichtversicherungsschutz für den Fall, dass sich Helfer oder Reiter bei der Versorgung der Pferde verletzen, scheidet im Einzelfall ein konkludent vereinbarter Haftungsausschluss aus. (c) Im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses ist die Annahme einer Beweislastumkehr nach § 834 Satz 1 BGB geboten, wenn der Verletzte über mehrere Wochen die Versorgung des Pferdes vollkommen selbstständig und ohne Einflussnahme des Tierhalters erledigt hat und es in der konkreten Unfallsituation keinen Unterschied gemacht hat, ob er – so die 11. Zivilkammer – aufgrund eines Vertragsverhältnisses oder aufgrund reiner Gefälligkeit Zugriff auf das Pferd hatte. (d) Resultiert die Eintrittspflicht eines Pferdehalters einzig aus der gesetzlichen Gefährdungshaftung als Tierhalter (§ 833 BGB) und trifft den durch den Reitunfall Verletzten demgegenüber ein leicht fahrlässiges Verhalten (im konkreten Fall hatte der Verletzte sich einer Aufstiegshilfe bedient, ohne das Pferd dabei ausreichend zu sichern), ist die Haftung des Pferdehalters auf 50% zu beschränken.

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