Archiv der Kategorie: Pferd und Haltung

Pensionswirt darf Maulhöhlenuntersuchung eingestallter Turnierpferde beauftragen

LG LÜBECK vom 02.02.2017, Az.: 14 S 231/15

Pensionswirt darf Maulhöhle eingestallter Turnierpferde auf Kosten des Eigentümers untersuchen lassen

Feststellungen: (a) Ein Pensionswirt darf die Maulhöhle von bei ihm dauerhaft zu Ausbildung und Beritt eingestellten Turnierpferden jährlich einmal auf Kosten des Eigentümers tierärztlich untersuchen lassen, auch wenn dieser keine ausdrückliche Weisung dafür erteilt hat. (b) Es überwiegt der dienstvertragliche Charakter eines Einstallungsvertrags mit der Folge, dass Geschäftsbesorgungsrecht gilt, wenn dieser neben der miet- und verwahrungsrechtlichen Unterbringung des Pferdes als dominierende Elemente zusätzlich Fütterung, Pflege, Beritt und Ausbildung beinhaltet. Bei einer solchen Fallkonstellation findet, soweit der Einsteller dem Pensionswirt Weisungen erteilt hat, § 665 BGB Anwendung. Verhält sich der beauftragte Pensionswirt bei der Auftragsausführung infolge unberechtigter Weisungsabweichung vertragswidrig und begeht eine Pflichtverletzung, macht er sich gegenüber dem Auftraggeber bei einem Verschulden nach §§ 280 Abs. 1, 249 ff. BGB schadensersatzpflichtig. Ob eine Weisungsabweichung, also eine Abkehr des Beauftragten von den Instruktionen und Vorgaben des Auftraggebers zur Auftragsdurchführung vorliegt, ist – so das Gericht – durch Weisungsauslegung unter Beachtung des ausdrücklichen oder stillschweigenden Inhalts der Weisung zu ermitteln. Für die Frage, ob eine Abweichung vorliegt, kommt der Übung und Verkehrssitte des geschäftlichen Lebens maßgebliche Bedeutung zu. Geringfügige Abweichungen, die nicht ins Gewicht fallen, sind nach Treu und Glauben nicht zu berücksichtigen. Das ist etwa dann der Fall, wenn durch eine unberechtigte Weisungsabweichung Interessen des Auftragsgebers nicht verletzt werden oder wenn der Auftragszweck trotz der Abweichung in vollem Umfang erreicht wird. (c) Bei Turnierpferden ist nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen eine tierärztliche Untersuchung und Kontrolle der Maulhöhle einmal jährlich dringend geboten. Dies ist gerade bei Turnierpferden nicht nur aus biologischen Gründen, die mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängen, notwendig, sondern entspricht auch dem Standard, der Übung und der Verkehrssitte eines Reitstalles, in dem Turnierpferde eingestellt sind. Werden bei einer solchen tierärztlichen Untersuchung scharfe Kanten oder Haken vorgefunden, so sind diese aus tiermedizinischen Gründen zwingend zu beraspeln, dies schon wegen der erheblichen Verletzungsgefahr, die andernfalls für die Tiere im Maulbereich besteht.

MPS Pferderecht - Untersuchung der Maulhöhle bei Turnierpferden

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Landwirt kann verschuldensunabhängig für kontaminierte Silage haften

OLG HAMM vom 02.11.2016, Az.: 21 U 14/16

Zur verschuldensunabhängigen Haftung für die Fütterung kontaminierter Silage (Produkthaftung Landwirt)

Feststellungen: Ein Landwirt, der von ihm hergestellte, kontaminierte Silage (Gärfutter) an ein dadurch erkranktes Pferd füttert, kann dem Eigentümer des Pferdes gegenüber verschuldensunabhängig haften. Im konkreten Fall versorgte der beklagte Landwirt den bei ihm eingestallten Pinto-Wallach und fütterte diesen u.a. auch mit selbst hergestellter Silage. Das Pferd erkrankte daraufhin zusammen mit anderen Pferden, wobei Untersuchungen ergaben, dass bei den Tieren eine Botulismus-Erkrankung ausgelöst worden war, für die nur die Silage als Verursacher in Betracht kam. Nach Ansicht des Gerichts haftet der Landwirt auch ohne eigenes Verschulden für die durch die Botulismus-Erkrankung des Pferdes entstandenen Tierarztkosten. Seine Haftung folge hierbei aus dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG), das ihm eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für den Fehler eines von ihm hergestellten Produktes auferlege. Die hergestellte Silage sei ein Produkt im Sinne des Gesetzes, das durch die Kontamination mit den Botulismus-Erregern einen bestimmungswidrigen Fehler aufgewiesen habe. Der beklagte Landwirt sei zudem der Hersteller dieses Produkts, weil er das in seinem landwirtschaftlichen Betrieb verarbeitete Gras produziert, gemäht und gesammelt habe. Nach dem ProdHaftG hafte auch ein Grundstoffproduzent. Nach dem Wegfall des Haftungsprivilegs für Naturprodukte im Jahre 2000 seien auch die von Landwirten erzeugten Grundstoffe für Nahrungsmittel in die Produkthaftung einbezogen. Darüber hinaus habe der Beklagte das von ihm selbst produzierte und geerntete Gras zwecks Herstellung der Silage weiterverarbeitet. Auch das mache ihn zum Hersteller. Zu Gunsten des Landwirts – so das Gericht – greife keiner der im ProdHaftG geregelten Ausnahmetatbestände. Er habe die von ihm produzierte Silage geschäftlich in den Verkehr gebracht, indem er sie vereinbarungsgemäß an das im Pensionsbetrieb eingestallte Pferd verfüttert habe. Die Gefahr einer Kontamination der Silage, die zur Entstehung von Botulintoxin führen könne, sei zum damaligen Zeitpunkt allgemein bekannt und dem beklagten Landwirt auch bewusst gewesen. Die Kontamination stelle einen Fabrikationsfehler dar, von dem sich der Hersteller nicht entlasten könne. Unerheblich sei auch, ob er die Kontamination mit vertretbarem Aufwand habe feststellen können, weil der Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz auch für sog. „Ausreißer“ hafte.

MPS Pferderecht - Gefährdungshaftung . Produkthaftung . Landwirt . Silage

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Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch wegen Hundekot

LG BERLIN vom 07.12.2016, Az.: 35 O 251/16

Hofbesitzer muss Hundekot nicht dulden – ihm kann Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch bei verbotenermaßen freilaufenden Hunden zustehen

Feststellungen: Lässt ein Hundehalter seine Hunde auf fremdem Grundstück (z.B. einem Hof) wiederholt frei herumlaufen, obwohl dies durch gut sichtbare Verbotsschilder untersagt ist, so steht dem Grundstücksbesitzer nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Unterlassungsanspruch gegen den Hundebesitzer zu. Dieser kann in einem solchen Fall also die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangen. Sofern es aufgrund des Freilaufenlassens der Hunde zu Verunreinigen mit Hundekot kommt, so besteht nach § 823 Abs. 1 BGB zudem auch ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Beseitigung des Hundekots. Im konkreten Fall wurden Reinigungskosten in Höhe von EUR 22,15 als angemessen angesehen.

Vgl. zu diesem Themenbereich beispielhaft auch den Bußgeldkatalog „Umweltschutz“ („Gemeinsame Bekanntmachung der Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie und für Umwelt und Gesundheit vom 11. November 2011“, abrufbar auf der Seite https://www.stmuv.bayern.de/service/recht/ unter https://www.stmuv.bayern.de/service/recht/doc/bussgeld_umwelt_1211.pdf. So können in Bayern bei „Verunreinigungen durch kleine Mengen von Fäkalien (z. B. Hundekot an Orten, an denen besondere Beeinträchtigungen auftreten, insbesondere auf Gehwegen und Kinderspielplätzen)“ Geldbußen von 20-150 € fällig werden.

MPS Pferderecht - Hofbesitzer hat Abwehrrechte gegen Hundekot

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Rind vs. Pferd – Die niedersächsischen Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL)

VG HANNOVER vom 31.03.2017, Az.: 4 B 2350/16

Zum „Gewichtungsfaktor“ i.S.d. nieders. Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) – Nachbarschutz gegen Baugenehmigung

Feststellungen: In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall betrieb der Beigeladene eine Pferdezucht, für die er die Umnutzung eines ehemaligen Kuhstalls sowie einer Scheune als Pferdeställe durch Baugenehmigung für gesamt neun Aufzuchttiere und sieben Stuten samt Fohlen beantragte. Gegen die gemäß § 212 a BauGB per Gesetz sofort vollziehbare Baugenehmigung hat ein Nachbar dann erfolgreich um vorläufigen Rechtsschutz (Nachbarschutz) nachgesucht. Denn nach Ansicht des Gerichts bestünden Zweifel daran, ob für Pferde und Rinder wegen der Geruchsbelastung derselbe Gewichtungsfaktor anzulegen sei. Die Frage, wie die Geruchsqualität der Tierart Pferd zu bewerten sei, bedürfe jedenfalls der weiteren wissenschaftlichen Überprüfung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens. Entsprechend sei dem Interesse des Nachbarn an der Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung des Pferdezüchters gegenüber dessen an deren Ausnutzung der Baugenehmigung ein Vorrang einzuräumen.

MPS Pferderecht - Baugenehmigung - Geruchsimmissions-RiLi

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Beweislastumkehr bei Vollberitt eines Pferdes

BGH vom 12.01.2017, Az.: III ZR 4/16

Zu den Voraussetzungen einer Beweislastumkehr – Pflichtverletzungen bei Vollberitt eines Pferdes

Feststellungen: (a) Bei einem in Vollberitt gegebenen Pferd treffen den Stallbetreiber/Bereiter vielfältige Schutz- und Sorgfaltspflichten. So etwa auch beim Freilaufenlassen des Pferdes – hierbei muss zur Vermeidung einer Gefährdung des Pferdes zum einen die Reithalle in ihrer Ausgestaltung grundsätzlich für den Freilauf von Pferden geeignet sein, zum anderen darf beim Freilaufen kein „Kaltstart“ erfolgen. Das Pferd muss deshalb vor dem Freilaufenlassen durch eine kompetente Person angemessen, z.B. durch vorheriges Reiten, Longieren oder Führen, vorbereitet werden. Die Betreuung des Freilaufens eines Pferdes erfordert also gewisse Ausbilderkompetenzen. (b) Umfasst die Hingabe eines Pferdes in Vollberitt neben der Unterstellung, Fütterung und Pflege auch den Beritt, die Dressurausbildung und die Gewähr einer artgerechten Bewegung des Pferdes auch die Ausbildung der Reiterin, so ist darin ein typengemischter Vertrag mit Schwerpunkt in der Leistung von Diensten (§ 611 BGB) zu sehen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH bildet ein gemischter Vertrag stets ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung grundsätzlich nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass etwa auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Dienstvertragsanteil Dienstvertragsrecht und auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt. Eine solche rechtliche Einordnung schließt jedoch nicht aus, auch Bestimmungen des Vertragsrechts heranzuziehen, bei dem der Schwerpunkt des Vertrags nicht liegt, soweit allein hierdurch die Eigenart des Vertrags richtig gewürdigt werden kann. (c) Soweit es bei einem Einstallungsvertrag einzig um die Überlassung einer Pferdebox zur Einstellung des Tieres geht, handelt es sich um einen (Raum-)Mietvertrag (§§ 535, 578 Abs. 2 BGB). Soweit hingegen der Einstallungs- bzw. Pferdepensionsvertrag neben der Unterstellung des Pferdes auch seine Fütterung und Pflege, d.h. auch miet-, kauf- und dienstvertragsrechtliche Elemente, umfasst, so ist eine rechtliche Einordnung als Dienstvertrag zu billigen. (d) Bei der rechtlichen Einordnung eines Einstallungsvertrags ist ein Rückgriff auf das Verwahrungsvertragsrecht grds. nicht alleine deshalb geboten, um den Pferdeeigentümer (so z.B. mittels Beweislastumkehr) vor unzumutbaren Beweisschwierigkeiten zu schützen. Zwar trägt bei einem Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung der Anspruchsteller die Beweislast für das Vorliegen einer solchen Obliegenheitspflichtverletzung. Ist die Schadensursache jedoch aus dem Gefahren- und Verantwortungsbereich des Anspruchsgegners hervorgegangen und rechtfertigt die Sachlage den Schluss, dass dieser die ihm obliegende Sorgfalt verletzt hat, so muss er sich vom Vorwurf der Vertragsverletzung entlasten und hierzu darlegen und ggf. nachweisen, dass ihn im Einzelfall doch kein Pflichtverstoß trifft (sog. Beweislastumkehr). (e) Eine solche Beweislastumkehr kommt nach alledem dann in Betracht, wenn ein zu betreuendes Pferd (in Vollberitt) bei einem Freilauf in der Reithalle in ungewöhnlicher Weise erhebliche Verletzungen erleidet und die mit dem Freilauf zusammenhängende Betreuung des Pferdes nicht geschultem Fachpersonal, sondern allein einer Praktikantin anvertraut wurde, die am Unfalltag erst seit zwei Monaten im Reitbetrieb tätig war.

MPS Pferderecht - Beweislastumkehr - Vollberitt - Haftung nach Gefahrenbereichen

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