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Landwirt kann verschuldensunabhängig für kontaminierte Silage haften

OLG HAMM vom 02.11.2016, Az.: 21 U 14/16

Zur verschuldensunabhängigen Haftung für die Fütterung kontaminierter Silage (Produkthaftung Landwirt)

Feststellungen: Ein Landwirt, der von ihm hergestellte, kontaminierte Silage (Gärfutter) an ein dadurch erkranktes Pferd füttert, kann dem Eigentümer des Pferdes gegenüber verschuldensunabhängig haften. Im konkreten Fall versorgte der beklagte Landwirt den bei ihm eingestallten Pinto-Wallach und fütterte diesen u.a. auch mit selbst hergestellter Silage. Das Pferd erkrankte daraufhin zusammen mit anderen Pferden, wobei Untersuchungen ergaben, dass bei den Tieren eine Botulismus-Erkrankung ausgelöst worden war, für die nur die Silage als Verursacher in Betracht kam. Nach Ansicht des Gerichts haftet der Landwirt auch ohne eigenes Verschulden für die durch die Botulismus-Erkrankung des Pferdes entstandenen Tierarztkosten. Seine Haftung folge hierbei aus dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG), das ihm eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für den Fehler eines von ihm hergestellten Produktes auferlege. Die hergestellte Silage sei ein Produkt im Sinne des Gesetzes, das durch die Kontamination mit den Botulismus-Erregern einen bestimmungswidrigen Fehler aufgewiesen habe. Der beklagte Landwirt sei zudem der Hersteller dieses Produkts, weil er das in seinem landwirtschaftlichen Betrieb verarbeitete Gras produziert, gemäht und gesammelt habe. Nach dem ProdHaftG hafte auch ein Grundstoffproduzent. Nach dem Wegfall des Haftungsprivilegs für Naturprodukte im Jahre 2000 seien auch die von Landwirten erzeugten Grundstoffe für Nahrungsmittel in die Produkthaftung einbezogen. Darüber hinaus habe der Beklagte das von ihm selbst produzierte und geerntete Gras zwecks Herstellung der Silage weiterverarbeitet. Auch das mache ihn zum Hersteller. Zu Gunsten des Landwirts – so das Gericht – greife keiner der im ProdHaftG geregelten Ausnahmetatbestände. Er habe die von ihm produzierte Silage geschäftlich in den Verkehr gebracht, indem er sie vereinbarungsgemäß an das im Pensionsbetrieb eingestallte Pferd verfüttert habe. Die Gefahr einer Kontamination der Silage, die zur Entstehung von Botulintoxin führen könne, sei zum damaligen Zeitpunkt allgemein bekannt und dem beklagten Landwirt auch bewusst gewesen. Die Kontamination stelle einen Fabrikationsfehler dar, von dem sich der Hersteller nicht entlasten könne. Unerheblich sei auch, ob er die Kontamination mit vertretbarem Aufwand habe feststellen können, weil der Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz auch für sog. „Ausreißer“ hafte.

MPS Pferderecht - Gefährdungshaftung . Produkthaftung . Landwirt . Silage

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Verkehrssicherungspflicht des Landwirts

BGH vom 24.01.2013, Az.: II ZR 98/12

Zur Frage des Bestehens einer (besonderen) Verkehrssicherungspflicht eines Landwirts („versteckte Hacke im Rapsfeld“)

Feststellungen: Einem Landwirt, der einen Unternehmer damit beauftragt, Lagerraps auf seinem 6,44 ha großen, frei zugänglichen Feld zu dreschen, ist es auch unter Berücksichtigung der werkvertraglichen Fürsorgepflicht in der Regel nicht zumutbar, vor Ausführung der Arbeiten das Feld darauf hin zu untersuchen, ob Fremdkörper oder Werkzeuge (im konkreten Fall eine Kreuzhacke) aus dem Boden herausragen, die zu einer Schädigung des Mähdreschers führen können. Insoweit besteht keine besondere Verkehrssicherungspflicht des Landwirts.

MPS Pferderecht - Verkehrssicherungspflicht Landwirt

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Zudem empfehlen wir Ihnen für weitere Informationen und Wissen zum Thema Verkehrssicherungspflichten und Haftung auch den nachfolgenden Fachbeitrag von MPS Pferderecht …

Haftung bei Nageltritt in der Reitbahn – Unglück vs. Unrecht

Schon schlimm genug, dass Sie plötzlich eine Lahmheit Ihres Pferdes feststellen müssen. Aber dann auch noch die Gewissheit über die Ursache: NAGELTRITT!!!

Selbstverständlich sollte hier zunächst die Gesundheit Ihres Vierbeiners und damit eine sofortige tierärztliche Behandlung im Vordergrund stehen. Nur allzu häufig treffen wir in der Praxis Fälle an, in denen ein Nageltritt, sei es, weil die Lahmheit vermeintlich nur leicht, oder weil die Einstichstelle aufgrund der Quellfähigkeit und Elastizität des weichen Horns von Strahl und Strahlfurchen nicht mehr sichtbar war, schlicht verschleppt wird. Ein Umstand, den es dringend zu vermeiden gilt.

Denn: auch ein noch so unscheinbarer Nageltritt sollte stets als Notfall behandelt werden!

Auch wenn der noch aus den „guten alten Zeiten der Arbeitspferde“ stammende Begriff „Nageltritt“ zumeist mit dem Eintreten eines (schlimmstenfalls rostigen) Nagels verbunden wird, kann es sich letztlich um jeden spitzen oder scharfen Gegenstand handeln, den sich ein Pferd in die Bodenfläche seines Hufs eintritt. Als Beispiele seien etwa Glas- oder Holzsplitter und starre Drähte genannt.

Fakt ist: in den Huf bzw. das Gewebe eindringende Fremdkörper können unterschiedliche Strukturen, wie den Hornstrahl und Hufknorpel, das Strahlpolster, die (tiefe) Beugesehne, die Schleimbeutel, das Hufgelenk, die Huflederhaut oder gar den Knochen des Hufbeins eines Pferdes schädigen. Zudem besteht das Risiko, dass zusammen mit dem Fremdkörper Bakterien in die Wunde eindringen, die bei ausbleibender oder verspäteter Behandlung Ursache folgenschwerer Infektionen sein können.

Da die erforderliche Behandlung des Pferdes nach einem Nageltritt mit Kosten verbunden ist, stellt sich abseits der Sorge um die Gesundheit für den Pferdebesitzer natürlich auch die Frage, wer denn nun für den Nagel verantwortlich ist und ob er an den Tierarztkosten „hängen bleibt“?!

Unglück vs. Unrecht – hinzunehmendes (Lebens-) Risiko oder Haftung des Hallenbetreibers?

Wie die Frage der Verantwortlichkeit nach einem Nageltritt rechtlich zu beantworten ist und welche (Beweis-) Probleme damit oftmals verbunden sind, soll nun im Überblick dargestellt werden.
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