Schlagwort-Archive: Mitverschulden

Konkludenter Haftungsausschluss bei einem aus Gefälligkeit überlassenen Pferd?

OLG HAMM vom 28.06.2019, Az.: 11 U 8218

Feststellungen: (a) Bei der Annahme eines konkludenten Haftungsausschlusses (Stichwort: Gefälligkeit) ist Zurückhaltung geboten, weil nach der gesetzlichen Konzeption die deliktische Tierhalterhaftung der Regelfall ist und für einen Haftungsausschluss besondere Umstände sprechen müssen. Dafür reichen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weder die Annahme eines Gefälligkeitsverhältnisses (Reiten dürfen aus Gefälligkeit) noch das Bestehen eines kameradschaftlichen Verhältnisses aus (vgl. BGH vom 09.06.1992 – VI ZR 49/91). (b) Hatte der Tierhalter ein besonderes und gewichtiges Interesse an der Überlassung des Pferdes an den durch den Reitunfall Geschädigten und insbesondere an den von ihm erbrachten Versorgungsleistungen und unterhält er zumindest auch wegen der weitgehenden Übertragung der Versorgungsleistungen auf Dritte Haftpflichtversicherungsschutz für den Fall, dass sich Helfer oder Reiter bei der Versorgung der Pferde verletzen, scheidet im Einzelfall ein konkludent vereinbarter Haftungsausschluss aus. (c) Im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses ist die Annahme einer Beweislastumkehr nach § 834 Satz 1 BGB geboten, wenn der Verletzte über mehrere Wochen die Versorgung des Pferdes vollkommen selbstständig und ohne Einflussnahme des Tierhalters erledigt hat und es in der konkreten Unfallsituation keinen Unterschied gemacht hat, ob er – so die 11. Zivilkammer – aufgrund eines Vertragsverhältnisses oder aufgrund reiner Gefälligkeit Zugriff auf das Pferd hatte. (d) Resultiert die Eintrittspflicht eines Pferdehalters einzig aus der gesetzlichen Gefährdungshaftung als Tierhalter (§ 833 BGB) und trifft den durch den Reitunfall Verletzten demgegenüber ein leicht fahrlässiges Verhalten (im konkreten Fall hatte der Verletzte sich einer Aufstiegshilfe bedient, ohne das Pferd dabei ausreichend zu sichern), ist die Haftung des Pferdehalters auf 50% zu beschränken.

MPS Pferderecht - Zur Frage, wann Pferde "neu" oder "gebraucht" sind

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Zur Anrechnung der mitwirkenden Tiergefahr beim Sturz eines Pferdes

OLG KÖLN vom 07.02.2018, Az. 5 U 128/16

Feststellungen: (a) Tierhalter kann auch sein, wer kein Recht zum Besitz des Tieres hat, wer also das Tier trotz unredlichen Besitzerwerbs in seinem Interesse hält. (b) Der Geschädigte muss sich die Tiergefahr, die vom eigenen Tier ausgeht und den Schaden mitverursacht, entsprechend § 254 BGB anrechnen lassen. Scheut ein Pferd aus Schreck über einen Jogger und überrennt es auf der Flucht ein weiteres Pferd, das die geschädigte Person mit sich reißt, verwirklicht sich darin die typische Tiergefahr. Versperrt ein Pferd durch Vollziehung einer Drehbewegung einem scheuenden Pferd teilweise den Rück- und Fluchtweg in Richtung Hof und stürzt es nach einem Anstoß durch das zurückgaloppierende Pferd auf seinen Halter, hat es – so der 5. Zivilsenat – durch ein typisch tierisches, der Lage nicht angepasstes Verhalten die Gefahr eines Unfalls erhöht und diesen mitverursacht. In einem solchen Fall ist der zurechenbare Verursachungsbeitrag mit 25% zu bewerten sein. (c) Ein Reitpferd wird nicht dadurch zum Nutztier i.S.d. § 833 Satz 2 BGB, dass der Halter das Tier den eigenen Kindern als Reitpferd zur Verfügung stellt und die Kinder sodann gegen geringes Entgelt Dritten Reitstunden erteilen wollen.

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Ausritt bzw. Handeln auf eigene Gefahr (Reiter vs. Hundehalter)

OLG Frankfurt am Main vom 07.02.2018, AZ.: 11 U 153/17

Zu konfligierenden Ansprüchen aus Tierhalterhaftung, wenn Pferd durch vorbeilaufenden Hund erschreckt wird (Handeln auf eigene Gefahr)

Feststellungen: (a) Wer in Kenntnis eines freilaufenden Hundes an einem gemeinsamen Ausritt teilnimmt, kann den Hundehalter nicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn sich das Pferd beim Vorbeilaufen des Hundes erschreckt (Gesichtspunkt: Handeln auf eigene Gefahr). (b) Es stehen dem Reiter Ansprüche gegen den Hundehalter aus Tierhalterhaftung nach § 833 BGB nicht zu, wenn sich dieser bewusst und freiwillig den Risiken aussetzt, die durch einen mitlaufenden Hund beim Ausritt resultieren. Solange der Hund sich nicht gefahrträchtig verhält, treten etwaige Verursachungsbeiträge des Hundehalters, die zum Scheuen des Pferdes und in der Folge zu Schäden am Reiter geführt haben, gänzlich hinter die selbst vom Reiter geschaffenen Gefahrenmomente zurück. Dem Reiter wird die Tiergefahr des von ihm gerittenen Pferdes im Rahmen des Mitverschuldens voll angerechnet.

Lesen Sie doch auch einmal weitere Beiträge, u.a. den folgenden zum Thema Handeln auf eigene Gefahr bzw. Zusammentreffen von Hund und Pferd.

MPS Pferderecht - Handeln auf eigene Gefahr - zu konfligierenden Ansprüchen aus Tierhalterhaftung, wenn Pferd durch vorbeilaufenden Hund erschreckt wird

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Zum Mitverschulden eines Tierarztes nach Verletzung durch Pferdetritt in der Box

OLG HAMM vom 19.12.2016, Az.: 6 U 104/15

Tierarzt kann Mitverschulden nach Verletzung durch Tritt in der Pferdebox anzulasten sein

Feststellungen: Verletzt eine Stute einen Tierarzt, der ihr Fohlen in einer ca. 3,18 x 3,15 m großen Pferdebox behandeln will, so kann dem Tierarzt (im konkreten Fall wurde dies mit 25% u.a. deshalb bemessen, weil die Stute in der Box trotz ihres aufgeregten Zustands angebunden wurde) ein Mitverschulden unter dem Gesichtspunkt anzurechnen sein, dass er sich der Stute in einer für ihn erkennbar gefährlichen Situation unsachgemäß genähert hat. Parameter zur Bestimmung des Mitverschuldensanteils waren u.a. die für beide Pferde erheblich zu gering dimensionierte Pferdebox, die Erkennbarkeit der Gefahr, an jeder Stelle vom Huf der erregten Stute getroffen werden zu können sowie das Anbinden der Stute in der Box.

MPS Pferderecht - Tierarzt - Behandlung in Pferdebox - Mitverschulden

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Grundsatzentscheidung zum Mitverschulden und Handeln auf eigene Gefahr

BGH vom 14.03.1961, Az.: VI ZR 189/59

Grundsatzentscheidung zum Mitverschulden und Handeln auf eigene Gefahr

Feststellungen: (a) Die Rechtsfigur vomHandeln auf eigene Gefahr bei der Gefährdungshaftung dient dazu, die Haftung in all jenen Fällen ausschließen zu können, in denen sie nach dem Normzweck als unangemessen erscheint, weil der Schaden nicht der Gefahr des Tieres, sondern dem Handeln des Geschädigten selbst zuzurechnen ist. (b) Die Grundlage des Haftungsausschlusses wegen Handeln auf eigene Gefahr ist der Grundsatz von Treu und Glauben und das sich hieraus ergebende Verbot widersprüchlichen Handelns (venire contra factum proprium). (c) Von einem Handeln auf eigene Gefahr kann nur dann gesprochen werden, wenn sich jemand in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete Gefahrenlage begründen, ohne dass dafür ein triftiger, weil beruflicher, vertraglicher oder sittlicher Grund vorliegt. (d) Haben sich Minderjährige bewusst einer Gefahr ausgesetzt, so ist – wie sonst im Rahmen des § 254 BGB – § 828 BGB entsprechend anwendbar. Bei der Entscheidung, ob es angemessen ist, den Schadensersatz voll zu versagen, ist auch die Eigenart jugendlichen Verhaltens zu berücksichtigen.

MPS Pferderecht - Mitverschulden und Handeln auf eigene Gefahr

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